Elektromobilität in der Krise

„Autopapst“ Dudenhöffer: „Antriebsdebatte zerstört Hochlauf der E-Mobilität“

  • Patrick Freiwah
    VonPatrick Freiwah
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Sollten sich hiesige Autokonzerne auf Elektromobilität konzentrieren oder offen für Verbrennungsmotoren bleiben? „Autopapst“ Ferdinand Dudenhöffer hat eine klare Meinung.

München – Technologie-Offenheit spielt in der Autoindustrie eine entscheidende Rolle, insbesondere im Bereich der Antriebsarten. Während die Elektromobilität als vielversprechende Lösung für eine klimafreundliche Zukunft gilt, stellt sich die Frage, ob Autohersteller sich ausschließlich auf diesen Weg fokussieren sollten. BMW und Toyota gelten als Paradebeispiele, beide Konzerne investieren nach wie vor massiv in die Weiterentwicklung effizienter Verbrennermotoren.

Technologie-Offenheit für Deutschlands Autoindustrie gewinnbringend?

Derweil sind Konkurrenten wie Volkswagen oder auch Mercedes-Benz von ihrer “Electric only”-Strategie abgerückt, angesichts der jüngeren Entwicklungen. 

Liegen jene Experten richtig, die auch Antriebsformen wie moderne Verbrennungsmotoren, synthetische Kraftstoffe oder Wasserstoff vorantreiben wollen, oder ist dies für die hiesige Autoindustrie eine folgenschwere Fehlentscheidung? IPPEN.MEDIA hat Deutschlands „Autopapst” Ferdinand Dudenhöffer um Stellungnahme gebeten.

Professor Ferdinand Dudenhöffer ist Deutschlands wohl bekanntester Autoexperte - hier eine Aufnahme von September 2023.

Verbrenner ohne Zukunft? „Im Pkw-Bereich geht es voll in Richtung BEV“

Herr Dudenhöffer, die deutsche Autoindustrie hat zuletzt derbe Kratzer erhalten. Wie stehen Sie vor diesem Hintergrund der Technologie-Offenheit bei den Antrieben gegenüber?
Ferdinand Dudenhöffer: Im Prinzip sind wir bereits technologieoffen. Wir sehen jedoch, dass die jetzt geführten Diskussionen bei den Kunden zur Verunsicherung führen. Für Autobauer wie BMW ist es wichtig, dass der Weg zum batterieelektrischen Auto offen ist - und nicht dadurch versperrt wird, dass man jetzt den Verbrenner wieder gesund betet, mit sogenannten Synfuels (synthetische Kraftstoffe, d. Red.). Wir wissen weder, wie sie produziert werden, noch wie teuer sie sind. 
Was halten Sie bei den Antriebstechnologien als „Königsweg”, wenn es beispielsweise um die Zukunftsfähigkeit von Herstellern wie Volkswagen oder Stellantis geht? 
Dudenhöffer: Diese Debatten um das Verbrenner-Aus 2035 und ob man die Regulierung ändern soll oder nicht, sind mehr oder weniger ein Streit um des Kaisers Bart. Im Pkw-Bereich geht es voll und ganz in Richtung BEV. Es wäre schlecht, wenn wir Zeit verlieren und zu lange bei Benzinern und Dieseln sitzen bleiben. BMW investiert zumindest auch in den Wasserstoffantrieb, da spricht nichts dagegen.

Dudenhöffer: Debatte um Technologie-Offenheit schadet Hochlauf der E-Mobilität

Halten Sie es also für einen Fehler, dass BMW weiterhin auch auf Verbrenner setzt?
Dudenhöffer: Ich würde davon abraten, diese Diskussion zu stark öffentlich zu führen. Es war sowieso abzusehen, dass die EU im Jahr 2026 der Frage - ob Verbrennerverbot ja oder nein - auf den Grund geht. Dass man in der heutigen Situation, wo E-Autos in ganz Europa zurückfallen, breit dieses Thema diskutiert, bringt die Technologie-Offenheit nicht weiter, sondern zerstört eher den Hochlauf der Elektromobilität. Und das wird auch BMW schädigen. Denn der Konzern investiert Milliarden in E-Mobilität, wie die Neue Klasse.
Gretchenfrage der deutschen Autoindustrie: Sollten sich BMW und Co. nur noch auf E-Mobilität fokussieren?

Energieversorgung von E-Fahrzeugen in Gefahr? „Euer Gequatsche brauchen wir nicht“

Wie bewerten Sie die Elektrifizierung im Nutzfahrzeugsektor? Steuert Europa auf ein großes Problem der Energieversorgung zu? Kritische Stimmen fürchten, ein derartiger Kraftakt ist nicht zu bewältigen.
Dudenhöffer: Bei derartigen Bekundungen handelt es sich um reine Polemik. Das kommt womöglich von Verbänden, bei dem die Leute alle mit Diesel-Lkw durch die Gegend fahren und auch dabei bleiben wollen. Die Umwelt interessiert sie dabei überhaupt nicht.
Dabei wurde auch Kritik an der mangelhaften Infrastruktur geäußert…
Dudenhöffer: Das ist ein anderes Thema. Die haben eine pauschale Kritik gemacht, dass alles schlecht ist. Die Infrastruktur ist schlecht, die Atomkraftwerke fehlen, also lasst uns beim Diesel bleiben. Mit dem fahren wir in die Zukunft und euer Gequatsche brauchen wir nicht. So hört sich das für mich an.

Kritik äußerte der Direktor des Bochumer CAR-Instituts zuvor auch am Ende der Kaufprämie für E-Autos - und sprach in diesem Zusammenhang vom „Wolkenkuckucksheim“ der Ampelkoalition.

Das Interview führte Patrick Freiwah

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