Noch mit Schwächen

Neue Assistenzsysteme ab 7. Juli Pflicht: ADAC-Test zeigt, wo ihre Grenzen sind

  • Sebastian Oppenheimer
    VonSebastian Oppenheimer
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In Neuwagen sind ab 7. Juli 2024 zahlreiche Assistenzsysteme vorgeschrieben. Doch wie zuverlässig sind sie? Der ADAC hat drei davon getestet.

Sicherheitsgurte, Airbags, ESP: Viele technische Entwicklungen haben die Sicherheit für Autofahrer in den zurückliegenden Jahrzehnten extrem erhöht. Dennoch sollen Autos in der EU noch sicherer werden: Ab 7. Juli 2024 werden in Neuwagen neben der Blackbox zahlreiche Assistenzsysteme zur Pflicht. Doch was bringen diese wirklich – und wo sind ihre Grenzen? Der ADAC hat einige der neu vorgeschriebenen Helfer genauer unter die Lupe genommen.

Wo stoßen die ab Juli 2024 in Neuwagen vorgeschriebenen Assistenzsysteme an ihre Grenzen? Der ADAC hat es ausprobiert. (Symbolbild)

Notbremsassistent: Zuverlässiges Bremsmanöver – aber nur, wenn der Fahrer gar nicht reagiert

Testkandidat Nummer eins war der Notbremsassistent. Er soll bei einer drohenden Kollision Fahrzeuge zuverlässig abbremsen – und muss auch Fahrradfahrer und Passanten erkennen. Als Testwagen diente ein VW Golf 8. Dabei meisterte das Fahrzeug einfache Umgebungssituationen zuverlässig. Einzelne Personen, die auf die Fahrbahn liefen, wurden stets erkannt – auch, wenn Kinderwagen oder Tiere im Spiel waren. Allerdings leitete der Golf nur dann rechtzeitig eine Notbremsung ein, wenn der Fahrer nicht per Lenkeingriff oder Bremsmanöver selbst versuchte, die Situation zu entschärfen. Mit den doppelten Eingaben konnte das System nicht umgehen – und reagierte zu spät. Der Automobilclub wünscht sich deshalb robuster ausgelegte Assistenten, die auch besser auf uneindeutige Szenarien trainiert werden. Der Fahrer dürfe die Notbremsfunktion nicht verlieren, weil in einer Gefahrensituation durch ihn angemessen reagiert werde. Auch bei einem speziellen Test von Notbremsassistenten im vergangenen Jahr hatten die Systeme teilweise alles andere als überzeugend abgeschnitten.

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Notfall-Spurhalteassistent: Schwächen in Baustellen-Situationen

Auch der nun in Neuwagen vorgeschriebene Notfall-Spurhalteassistent wurde unter die Lupe genommen. Dieser kann auf verschiedene Arten vor dem unfreiwilligen Verlassen der Fahrspur warnen – und auch in die Lenkung eingreifen, um das Auto wieder auf Kurs zu bringen. Für diesen Assistenten diente ein Renault Mégane E-Tech als Testwagen. Dabei zeigten sich Schwächen in Baustellensituationen: Die vielen verschiedenen Linien verwirrten das System, das sich stets an den regulären, weißen Markierungen orientierte. Der ADAC-Tester musste eingreifen. Dieses Fehlverhalten wird vom Automobilclub kritisiert. Baustellen seien alltägliche Situationen, die ein Assistenzsystem beherrschen müsse. Damit die Menschen solche Assistenten akzeptieren, dürften sie keine Angst vor einem falschen Lenkeingriff haben müssen.

Von der Bildfläche verschwunden: Zehn große Automarken, die es nicht mehr gibt

Ein Simca 1100 GLS Baujahr 1972 auf einer Oldtimermesse
Simca – Die Geschichte von Simca (Société Industrielle de Mécanique et Carrosserie Automobile) begann 1934 als Lizenzfertiger von Fiat-Fahrzeugen in Frankreich. Nach dem zweiten Weltkrieg wurden auch eigene Modelle produziert. Im Jahr 1978 wurde der Autobauer von Peugeot übernommen und die Marke Simca aufgegeben. Die noch existierenden Modellreihen wurden bis 1986 unter dem Markennamen Talbot verkauft. © Sebastian Geisler/Imago
Ein Oldsmobile Vista Cruiser
Oldsmobile – Hierzulande weitgehend unbekannt, gehörte Oldsmobile in den USA vor allem in den 1960er- und 1970er-Jahren zu den erfolgreichsten Marken. Ein bekanntes Modell war beispielsweise der Vista Cruiser (Foto): Ein markant gestalteter Kombi, von dem zwischen 1964 bis 1977 mehr als 360.000 Exemplare gebaut wurden. Anfang der 2000er-Jahre gingen die Verkäufe stark zurück, sodass die Mutter General Motors im Jahr 2004 die Produktion von Fahrzeugen der Marke komplett einstellte. © Pond5 Images/Imago
Ein NSU Prinz auf einem Oldtimer-Treffen
NSU Motorenwerke – Die Geschichte des Unternehmens begann in den 1870er-Jahren als Hersteller von Strickmaschinen. Später produzierte das Unternehmen Fahr- und Motorräder. Erst Ende 1958 kam mit dem Prinz das erste Automodell des Herstellers auf den Markt – es wurde in mehreren Generationen bis 1973 produziert. Bereits 1969 fusionierten NSU und Auto Union zur Audi NSU Auto Union AG, die 1985 wiederum in Audi umfirmierte – mit diesem Schritt verschwand auch der Name NSU. © CEPix/Imago
Ein Plymouth Superbird in einem Museum
Plymouth – Einst gehörte Plymouth zu den erfolgreichsten Automobilmarken der USA und war in den 1940er-Jahren sogar der zweitgrößte US-Hersteller – noch vor Ford. Anfang der 1960er-Jahre verlor die Marke jedoch rapide Marktanteile, bevor man ab 1965 mit Muscle-Car-Modellen wie dem Barracuda oder Road Runner kurzfristig wieder Boden gut machen konnte. Eines der bis heute legendärsten Modelle war der Plymouth Superbird (Foto): eine stark modifizierte Version des Road Runner. Das Modell mit dem gigantischen Spoiler fand jedoch Anfang der 1970er-Jahre kaum Kunden, weshalb weniger als 2.000 Exemplare gebaut wurden. Nach und nach verlor die Marke immer mehr ihre Identität. 2001 entschied die Mutter DaimlerChrysler schließlich, die Marke Plymouth einzustellen. © Pond5 Images/Imago
Eine Borgward Isabella auf einer Messe
Borgward – Zu den größten Verkaufserfolgen des Bremer Autobauers Borgward zählte die von 1954 bis 1962 gebaute Isabella (Foto). Doch bereits ab Mitte der 1950er-Jahren ging es mit dem Unternehmen wirtschaftlich bergab. Anfang der 1960er-Jahre führten die Probleme schließlich zum Untergang. Mitte der 2010er-Jahre wurden die Markenrechte nach China verkauft. Mit SUV-Modellen wurde schließlich ein Comeback-Versuch gestartet, der aber nach kurzer Zeit im Sande verlief. © Pond5 Images/Imago
Ein Daewoo Matiz auf einer Automesse
Daewoo – Mitte der 1990er-Jahre versuchte sich in Europa die koreanische Marke Daewoo zu etablieren – unter anderem mit dem Kleinstwagen Matiz (Foto). Allerdings war dem Hersteller kein Erfolg beschieden: Nachdem das Unternehm in finanzielle Schwierigkeiten geraten war, wurde die Pkw-Sparte von einem Konsortium um General Motors übernommen. Ab 2005 wurden die Daewoo-Modelle (auch der Matiz) dann unter dem Namen Chevrolet verkauft.  © Papsch/Imago
Der 1.000.000 Trabant im Museum
Trabant – Obwohl der Trabant bereits in den 1960er-Jahren als veraltet galt, war er ein echter Verkaufsschlager – allerdings gab es in der ehemaligen DDR auch kaum Alternativen zu dem von Sachsenring produzierten Zweitakter. Geduld war nicht nur aufgrund der geringen Motorleistung, sondern auch wegen der durchschnittlichen Wartezeiten auf ein Fahrzeug von mehreren Jahren gefragt. Dennoch: Mehr als drei Millionen „Trabis“ liefen zwischen 1958 und 1991 vom Band. Das Foto zeigt das 1.000.000-ste Exemplar, das im November 1973 gebaut wurde. Mit dem Ende der DDR endete auch bald die Produktion des Trabis. © Eberhard Thonfeld/Imago
Ein Pontiac Firebird Trans Am, Baujahr 1984
Pontiac – Die US-Marke Pontiac war vor allem in den 1960er-Jahren sehr erfolgreich. Hierzulande kennen viele den Hersteller vor allem aus Serien und Filmen. Der schwarze Pontiac Firebird Trans Am (zweite Generation) mit dem riesigen Adler auf der Haube faszinierte die Zuschauer in „Smokey and the Bandit“ (1977). Die dritte Generation des Firebird (Foto) wurde in den 1980er-Jahren als Basis des Serien-Wunderautos K.I.T.T bekannt. Der große Erfolg früherer Jahre stellte sich dennoch nicht mehr ein: 2010 legte der General-Motors-Konzern die Marke Pontiac auf Eis. © Pond5 Images/Imago
Ein Saab 900 Cabrio Baujahr 1991
Saab – Das erste Pkw-Modell des Herstellers ging 1949 als Saab 92 in Serie. Wirklich große Stückzahlen produzierte der schwedische Autobauer zwar nie, dennoch gelten einige Baureihen wie der 900 (Foto zeigt die Cabrio-Version) als legendär. 1998 ging Saab eine Kooperation mit General Motors ein. Fortan wurden viele Gleichteile aus dem Konzernverbund eingesetzt, dennoch stellte sich auf lange Sicht kein wirtschaftlicher Erfolg ein. 2011 meldete Saab Insolvenz an.  © Sebastian Geisler/Imago
Ein Rover 75
Rover – Die Geschichte des englischen Automobilherstellers Rover geht bis ins Jahr 1896 zurück. Über viele Jahrzehnte konnten sich die Briten im Automobilgeschäft behaupten, bis das Unternehmen 1967 Teil der British Leyland Motor Cooperation wurde. Durch eklatante Fertigungs- und Qualitätsmängel ruinierte die Marke ihren Ruf – bis es Anfang der 1980er-Jahre durch eine Kooperation mit Honda wieder etwas bergauf ging. 1994 übernahm schließlich BMW die britische Marke – und versenkte dadurch Milliarden. 2000 zog der bayerische Autobauer die Reißleine und gliederte Rover wieder aus. 2005 folgte die Insolvenz. © Heritage Images/Imago

Parkbremsassistent: Probleme mit nicht optimal positionierten Objekten

Dritter Testkandidat war der Parkbremsassistent: Dieser Helfer soll verhindern, dass beim Rückwärtsfahren Gegenstände, Passanten, Fahrradfahrer oder vorbeifahrende Autos übersehen werden. Meist nutzt das Fahrzeug hierzu die Ultraschall-Sensoren der Einparkhilfe. Ein Pappwürfel, den die Tester auf das Testfahrzeug zurollten, wurde vom Golf 8 zuverlässig erkannt – aber nur solange das Hindernis mit Fläche zum Fahrzeug stand. Drehten die Tester den Würfel um 45 Grad, wurde er übersehen, weil die Geometrie des Würfels in diesem Fall die Ultraschallsignale nicht reflektierte. Der ADAC fordert deshalb von den Herstellern, dass sich ihre Parkassistenten auch auf Objekte trainieren, die nicht optimal positioniert seien.

Bei den getesteten Systemen gibt es also noch Nachholbedarf für die Hersteller. Vor einiger Zeit hatte ein anderer Test auch große Schwächen beim Geschwindigkeitsassistent aufgedeckt – auch dieser ist ab 7. Juli Pflicht in allen Neuwagen.

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