„Im Regierungsvertrag klar geregelt“
Wieso das CDU-Land Thüringen Merz‘ Finanzpaket im Bundesrat abweisen könnte
VonMoritz Maierschließen
Ein CDU-Land dürfte im Bundesrat nicht für Merz Finanzpaket votieren, obwohl es eine Zweidrittelmehrheit braucht. Grund dafür ist Sahra Wagenknecht.
Berlin – Kurz nach der historischen Abstimmung im Bundestag über eines der weitreichendsten Finanzpakete der Bundesrepublik steht schon die nächste Etappe an. Denn: Obwohl die Bundestagsabgeordneten mit der nötigen Zweidrittelmehrheit für Sondervermögen und Reform der Schuldenbremse stimmten, ist über das Gesetz noch nicht final entschieden. Der Bundesrat, also die Länderkammer, muss ebenfalls mit Zweidrittelmehrheit zustimmen. Das CDU-geführte Thüringen scheint dafür nicht infrage zu kommen – obwohl das Gesetz für Friedrich Merz‘ Bald-Kanzlerschaft enorm wichtig ist. Der Störenfried heißt Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW).
Thüringen könnte Merz und CDU die kalte Schulter zeigen – trotz Parteifreund als Regierungschef
Der Bundesrat besteht aus Mitgliedern der Regierungen in den Bundesländern: je größer die Bevölkerung des Landes, desto mehr Sitze im Bundesrat. Die Oppositionsparteien der Länder sind nicht vertreten. Wegen der vielfältigen Länderregierungen sitzen aber dennoch viele Parteien im Bundesrat. CDU, CSU, SPD, Grüne und FDP als übliche Verdächtige, dazu auch die Linke (Regierungsbeteiligung in Bremen und Mecklenburg-Vorpommern), die Freien Wähler (Bayern) und das BSW (Brandenburg und Thüringen). Eben jenes BSW wird nun zum Problem für die Union.
Denn die Landesregierung muss im Bundesrat laut Grundgesetz einheitlich abstimmen. Heißt: Wenn eine der an der Landesregierung beteiligte Partei einem Gesetz nicht zustimmen will, werden alle Stimmen des Landes als ungültig und somit als Ablehnung gewertet. Um dem zuvorzukommen, enthalten sich uneinige Länder meist.
Sondervermögen und Schuldenbremse im Bundesrat: BSW-Landeschefin gegen mehr Verteidigungsausgaben
In Thüringen steht dieses Szenario nun im Raum. Denn das an der Regierung von CDU-Ministerpräsident Mario Voigt beteiligte BSW ist über das Finanzpaket zumindest in Teilen alles andere als glücklich, wie Landeschefin Katja Wolf unserer Redaktion sagt. „Das BSW ist selbstverständlich für die Lockerung der Schuldenbremse, weil wir da ohne Zweifel den Bedarf sehen. Gleiches gilt für das Infrastrukturpaket“, erklärt die stellvertretende Thüringer Ministerpräsidentin.
Da im Gesetz aber nicht nur die Infrastruktur, sondern auch Investitionen in die Sicherheit und Verteidigung vorgesehen sind, kündigt Wolf an: „Der Erhöhung des Rüstungsetats um mehr als 500 Milliarden können wir dagegen nicht zustimmen. Das heißt aber nicht, dass wir nicht ein klares Bekenntnis zur Bundeswehr abgeben“, so die Politikerin. Sie argumentiert, der „Kriegslogik“ müsse etwas entgegengesetzt werden.
Wird das BSW also angesichts der Verteidigungsausgaben seine Veto-Macht nutzen? Dass der Juniorpartner im Bundesrat zähneknirschend zustimmt, wenn es die größere Koalitionspartei unbedingt will, ist keine Seltenheit. Hubert Aiwangers Freien Wählern dürfte unter Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) am Freitag genau dieses Schicksal blühen.
Thüringens BSW-Chefin Wolf lässt auf Nachfrage Raum für Interpretationen: „Das Abstimmungsverhalten im Bundesrat ist im Regierungsvertrag klar geregelt. Natürlich besprechen wir uns im Kabinett. Und wenn einer der Koalitionspartner sagt, das geht nicht, dann gibt es im Bundesrat eine Enthaltung.“ Ob sie ihre Nicht-Zustimmung auch gegenüber Ministerpräsident Voigt unveränderlich hinterlegt hat, blieb vorerst unklar.
Merz‘ Schuldenpaket: Zweidrittelmehrheit im Bundesrat auch ohne Thüringen möglich
Dass ausgerechnet ein CDU-geführtes Bundesland dem von Union und SPD errungenen Finanzplan nicht zustimmen könnte, dürfte Friedrich Merz durchaus ärgern und wirft kein gutes Licht auf die künftige Bundesregierung. Ministerpräsident Voigt selbst vermutet, dass Thüringen sich enthalten wird, wie er am Dienstag mitteilte. Allerdings hofft die Union, dass Thüringens Stimmen für eine Zweidrittelmehrheit verzichtbar sind.
Mit neun von CDU, SPD oder Grünen regierten Bundesländern und der erwarteten Zustimmung des CSU-geführten Bayerns wären die notwendigen Stimmen auch ohne das sich querstellende BSW möglich – sofern sich bis zur entscheidenden Bundesratssitzung am kommenden Freitag nicht noch etwas ändert.
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