Waffenstillstand im Gazastreifen

Geplatzte Waffenruhe im Israel-Krieg: Hamas-Führung ist gespalten

  • VonTadhg Nagel
    schließen

Ein erneuter Waffenstillstand zwischen Israel und der Hamas kam bisher nicht zustande. Innerhalb der Hamas gibt es große Meinungsverschiedenheiten.

Kairo - Bei den in Kairo stattfindenden Gesprächen über eine sechswöchige Waffenruhe im Gazastreifen sind die Fronten verhärtet. Israel will bis zum Sieg weiterkämpfen, die radikal-islamistische Hamas ein Ende des Kriegs in Israel zu ihren Bedingungen. Jetzt haben die Hamas die Verhandlungen pausiert – offenbar auch wegen eines internen Konflikts.

Obwohl US-Präsident Joe Biden vergangene Woche ein Waffenstillstandsabkommen innerhalb weniger Tage versprochen hatte, konnten sich die Konfliktparteien bisher nicht einigen. Bereits in wenigen Tagen, am 10. März, beginnt der islamische Fastenmonat Ramadan; bis dahin hatte man sich einen Deal erhofft. Zwar ist nicht genau bekannt, was in dem, laut Biden „vernünftigen“, Angebot Israels an die Hamas steht. Berichten zufolge soll es aber um eine 40-tägige Waffenruhe gehen. In dieser Zeit sollten dann israelische Geiseln gegen palästinensische Häftlinge getauscht werden. Zudem sollte die dringend benötigte Ausweitung der Hilfslieferungen in den Gazastreifen ermöglicht werden.

Ismail Haniyeh und Yahya Sinwar (vl.).

Stockende Verhandlungen und Schuldzuweisungen – Keine Einigung zwischen Israel und Hamas

Daraus wird vorerst jedoch nichts; die Delegation der Hamas hat Kairo am Donnerstag (7. Februar) verlassen. Aus Ägypten, das zusammen mit Katar und den USA vermittelt, hieß es, die Hamas habe sich für eine erste Phase mit den wichtigsten Bedingungen einverstanden erklärt. Zugleich fordere sie aber einen dauerhafteren Waffenstillstand, was Israel wiederum ablehne. Hamas-Sprecher Dschihad Taha kritisierte, dass Israel sich nicht auf eine Waffenruhe festlegen lassen wolle und sich weigere, „Garantien für die Rückkehr der Vertriebenen und den Rückzug aus den Gebieten, in die es eingedrungen ist, zu geben“. Das schreibt das Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND).

Allerdings hat die Hamas ebenfalls zum Stocken der Verhandlungen beigetragen. Yahya Sinwar, der Anführer der Hamas im Gazastreifen, hatte sich bis vor kurzem weitgehend aus den Gesprächen herausgehalten. Laut ägyptischen Beamten äußerte er jedoch zuletzt, die Hamas habe derzeit die Oberhand in den Verhandlungen. Als Gründe habe er dabei einerseits politische Spaltungen innerhalb Israels angeführt und andererseits den zunehmenden Druck der USA auf Israel, das Leid der Menschen im Gazastreifen zu lindern. Zuletzt war Sinwar dann dazu übergegangen, von Israel Gespräche über eine dauerhafte Einstellung der Kämpfe zu fordern - was letztlich zum vorübergehenden Abbruch der Gespräche in Kairo führte.

Hamas-Führung uneins: Angebot Israels annehmen oder auf Ende des Konflikts bestehen?

Bei ihrer Abreise am Donnerstag teilte die Hamas mit, die Delegation verlasse Kairo, „um sich mit der Führung der Bewegung zu beraten“. Man werde die Verhandlungen aber fortsetzen, um die wichtigsten Ziele der Bewegung zu erreichen: ein Ende der Kämpfe, die Sicherstellung von mehr humanitärer Hilfe und die Erlaubnis für die Vertriebenen aus dem Gazastreifen, in ihre Häuser zurückzukehren. Die Gruppe könne am Sonntag (10. Februar) zu weiteren Gesprächen nach Kairo zurückkommen, hieß es weiter.

Offenbar besteht in der Führungsriege der Hamas Uneinigkeit darüber, wie weiter vorgegangen werden soll. Sinwars Forderungen haben ihn in Konflikt mit Ismail Haniyeh gebracht, wie das Wall Street Journal berichtet. Haniyeh ist der Leiter des in Katar ansässigen Politbüros der Gruppe. Laut Beamten, die mit den Gesprächen vertraut sind, sei er bereit gewesen, eine sechswöchige Kampfpause zu akzeptieren, um den 2,3 Millionen Einwohnern des Gazastreifens eine gewisse Erleichterung zu verschaffen. Die Zeit habe Haniyeh dann nutzen wollen, um Möglichkeiten für einen dauerhaften Waffenstillstand und einen vollständigen Abzug von Israels Militär auszuloten.

Offenbarer Alleingang der Hamas im Gazastreifen - Was geschah vor dem 7. Oktober?

Die Behauptungen über einen Streit zwischen den beiden Hamas-Führern gehen auch auf einen Bericht zurück, der Anfang dieser Woche von Sky News Arabia veröffentlicht wurde. In diesem heißt es, Sinwar sei von der Hamas-Führung im Ausland heftig kritisiert worden, weil er den Angriff am 7. Oktober ohne vorherige Absprache initiiert habe. Nur Sinwars engster Kreis sei informiert gewesen: sein Bruder Muhammad Sinwar, Muhammad Deif, der Militärchef der Hamas, und Marwan Issa, der stellvertretende Militärkommandeur der Hamas.

Bereits im Januar veröffentlichte die arabischsprachige Tageszeitung A-Sharq el-Awsat einen ähnlichen Bericht, der sich auf palästinensische Quellen aus dem Umfeld der al-Qassam-Brigaden stützt. Auch dort heißt es, die Entscheidung für den Angriff von nur wenigen Hamas-Führern getroffen worden. Zudem sei die Entscheidung für den Angriff und dessen Zeitpunkt erst am 6. Oktober, einen Tag vor dem 7. Oktober, getroffen worden. Einzelheiten seien erst wenige Stunden vor dem Anschlag an einen größeren Kreis von Hamas-Führern weitergegeben worden. (tpn)

Rubriklistenbild: © Ashraf Amra