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Verhandlungen über Ukraine-Krieg: Merz steht wegen Putin unter Druck
VonFelix Busjaeger
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In Istanbul könnte es zu Verhandlungen über ein Ende des Ukraine-Kriegs kommen. Putin hält sich bedeckt. Für Merz steht einiges auf dem Spiel.
Berlin/Moskau – Die Welt blickt gebannt gen Istanbul: In der Türkei könnten in dieser Woche mögliche Verhandlungen den Ukraine-Krieg einem Ende näher bringen. Doch bislang scheint die aktuelle Entwicklung weiterhin fragil, da kurz vor dem geplanten Treffen Format und Zusammensetzung offen sind. Kremlsprecher Dmitri Peskow betonte zwar am Dienstag, dass eine russische Delegation am Donnerstag nach Istanbul zu dem von Russlands Präsident Wladimir Putin vorgeschlagenen Treffen reisen werde. Er ließ aber offen, welche Vertreter der Politik in Russland zu Delegation gehören werden und ob der Kremlchef selbst anreisen wird.
Erst zu Wochenbeginn hatten Deutschlands Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) und europäische Partner mit einem Ultimatum Russland unter Zugzwang gesetzt. Regierungssprecher Stefan Kornelius betonte am Montag die Dringlichkeit der Situation und erklärte, dass die Waffenruhe noch am selben Tag erreicht werden müsse. „Die Uhr läuft, wir haben noch zwölf Stunden bis zum Ablauf dieses Tages.“ Doch Russland ließ die Frist unbeirrt verstreichen und greift weiter im Ukraine-Krieg an. Für Merz könnte dies nun zum Problem werden.
Verhandlungen über Ukraine-Krieg in Istanbul: Putins Teilnahme weiter ungewiss
Mit Blick auf die Ukraine-Verhandlungen hält sich Putin seit Tagen bedeckt. Bei einem Treffen mit russischen Wirtschaftsvertretern ging er nicht auf die Frage zu einem möglichen Ende des Ukraine-Kriegs ein. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj wird in jedem Fall in die Türkei reisen. Derzeit ist aber nur ein Treffen mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan in Ankara geplant. Seine Forderung nach einer Teilnahme Putins an den geplanten Verhandlungen über ein Ende des russischen Angriffskriegs hat Selenskyj zuletzt mehrfach bekräftigt.
Panzer, Drohnen, Luftabwehr: Waffen für die Ukraine
Putin entscheide alles in Russland, also müsse er auch über die Frage des Kriegs entscheiden, sagte Selenskyj in seiner abendlichen Videobotschaft. „Es ist sein Krieg. Darum müssen auch die Verhandlungen mit ihm laufen.“ In einem vom Spiegel am Dienstagabend veröffentlichten Interview sagte Selenskyj über die Verhandlungsbereitschaft Russlands: „Mir scheint, er (Putin) hat Angst.“ Zugleich machte der ukrainische Präsident die Tragweite eines möglichen Treffens deutlich: „Wenn ich mich mit Putin treffe, dann muss das mit einem politischen Sieg enden – ein Waffenstillstand oder ein Gefangenenaustausch alle gegen alle. Und wenn er nicht anreist, dann heißt das, er will keinen politischen Sieg – für keine der Gesellschaften übrigens.“
„Mehr nicht dahinter“: Sanktionen gegen Russland wegen Ukraine-Krieg nur verbaler Druck?
Die Ausgangslage vor den möglichen Verhandlungen über den Ukraine-Krieg in der Türkei bleibt demnach denkbar unklar. Für Kanzler Merz könnte die gegenwärtige Lage nun zur Bewährungsprobe werden. Gemeinsam mit der sogenannten Koalition der Willigen preschte Deutschland in den vergangenen Tagen mit deutlichen Ansagen an Russland vor, doch wenn jetzt die aktuelle Situation keinem Ende des Ukraine-Kriegs näher rückt, könnte Merz in der Folge unter Zugzwang stehen, wenn er nicht die Glaubwürdigkeit Deutschland riskieren will. Dass Putins Verhalten jetzt die Ukraine-Unterstützer spalten könnte, sieht auch Politikwissenschaftler Thomas Jäger.
Die Welt wartet auf Verhandlungen über den Ukraine-Krieg. Kanzler Merz preschte mit einem Ultimatum vor. Nun könnte er unter Zugzwang stehen. (Archivbild)
Der Wissenschaftler stellte gegenüber ntv weiter klar, dass die aktuelle Einheit der europäischen Partner nur für die Länder selbst wichtig sei – „und nicht für Russland“. Das Vorgehen von Merz, Macron, Tusk und Starmer sei zwar Druck gegenüber Russland, allerdings sei dieser nur von „verbaler“ Natur. „Mehr ist da momentan nicht dahinter“. Russland droht derweil, eine Nato-Militärübung zu „neutralisieren“.
Verhandlungen in der Türkei über Ende des Ukraine-Kriegs: Zweifel an Russland
Wie viel gegenwärtig von den möglichen Verhandlungen in der Türkei abhängt, verdeutlichte am Dienstag der Stabschef des ukrainischen Präsidenten. Trump habe deutlich gemacht, dass er die Anwesenheit sowohl von Selenskyj als auch von Putin bei Gesprächen in der Türkei „erwarte“, sagte Andriy Yermak laut New York Times. „Ich glaube, wenn Wladimir Putin sich weigert, in die Türkei zu kommen, wäre dies das endgültige Signal, dass Russland diesen Krieg nicht beenden will.“
Sollte in dieser Woche kein Durchbruch bei möglichen Verhandlungen über ein Ende des Ukraine-Kriegs erreicht werden, könnten die kommenden Wochen für die europäischen Partner der Ukraine neue Herausforderungen bringen. Zwar gibt es laut Welt gegenwärtig Zweifel am Einsatzwillen der Länder, doch könnten geplatzte Gespräche weitere und weitreichendere Waffenlieferungen notwendig werden. Kanzler Merz hatte in der Vergangenheit immer wieder betont, dass auch eine mögliche Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern nicht ausgeschlossen ist.
Lage im Ukraine-Krieg: Pistorius zweifelt Russlands Willen für Verhandlungen an
Dass die gegenwärtige Lage im Ukraine-Krieg kaum in Richtung einer Waffenruhe oder eines Friedens läuft, verdeutlichte am Dienstag Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD). „Er will gar nicht verhandeln, er will weiter bombardieren und kämpfen und Geländegewinne machen“, sagte der SPD-Politiker im ZDF über Putin. Zugleich äußerte er auch Zweifel an möglichen Sanktionen der Europäer. Auf die Frage, ob ebendiese ein Bluff gewesen seien, sagte der Politiker: „Davon gehe ich nicht aus.“
Schon in den ersten Tagen der Kanzlerschaft von Merz hat sich gezeigt, dass er angesichts der Weltlage einen großen Teil seiner Arbeit der Außenpolitik widmen wird. Er hat sich vorgenommen, Deutschland wieder eine echte Führungsrolle in Europa zu geben. Schon nach zwei Tagen im Amt hat er mit US-Präsident Donald Trump telefoniert und sich erstaunlich gut mit ihm verstanden. Er war auch eine treibende Kraft bei der ersten größeren diplomatischen Initiative der Europäer zur Beendigung des Ukraine-Kriegs. Sollte nun das Ergebnis der Verhandlungen unbefriedigend sein, wird die Politik mutmaßlich auf Merz blicken und mitverfolgen, ob der verbale Druck gegenüber Putin auch in echte Maßnahmen ausgeweitet werden kann. (fbu/dpa)