Um Ihnen ein besseres Nutzererlebnis zu bieten, verwenden wir Cookies.
Durch Nutzung unserer Dienste stimmen Sie unserer Verwendung von Cookies zu.
Weitere Informationen
Ukrainische Erfolge verschlechtern russische Moral an der Front „nachweislich“
VonBettina Menzel
schließen
Die ukrainischen Angriffe auf Gebiete weit hinter der Front schwächen Russland militärisch. Sie haben aber auch einen negativen Effekt auf die Moral der Truppen Moskaus.
Kiew – Die ukrainischen Truppen wissen, wofür sie kämpfen: Es geht um die Verteidigung ihres Heimatlandes. Russland hatte seine Soldaten indes zu Beginn des Ukraine-Kriegs nicht einmal über den bevorstehenden Kriegseinsatz informiert. Genau wie die mangelnde Ausrüstung und das schlechte Training sorgte das für eine geringe Moral in der Truppe. Zuletzt mehrten sich auch Berichte über den rücksichtslosen Umgang russischer Generäle mit den eigenen Männern.
Nun kommt offenbar ein weiterer Faktor hinzu: Wegen der vielen kleinen Niederlagen im Krieg gilt die Moral der russischen Truppen als schwer angeschlagen.
Erfolgreiche Angriffe der Ukraine auf Gebiete hinter der Front beeinträchtigen Moral russischer Truppen
Die Ukraine setzt in der Gegenoffensive auch auf Angriffe auf Gefechtsstände, Versorgungswege oder militärische Einrichtungen in den von Russland besetzten Gebieten weit hinter der Front. „Die ukrainischen Angriffe auf rückwärtige Gebiete Russlands beeinträchtigen nachweislich die Moral der russischen Streitkräfte in der Ukraine, was die Stabilität der russischen Verteidigung in mehreren kritischen Frontabschnitten gefährden könnte“, analysierten die Fachleute des Instituts für Kriegsstudien (ISW) in ihrem Bericht vom 20. August. An der Front, insbesondere in der Südukraine, hätten die Truppen Moskaus mit einer schwachen Moral zu kämpfen, was laut ISW konkrete Auswirkungen auf die Verteidigung der Frontabschnitte habe.
Denn moralische Probleme in der Truppe könnten sich schnell verschärfen und sich wie ein Lauffeuer unter den russischen Fronteinheiten ausbreiten. Wenn eine unter Druck stehende Einheit zusammenbreche, verursache dies Panik und beeinträchtige auch die Kampfkraft anderer russischer Streitkräfte erheblich, so das ISW. „Ein zusammengebrochener russischer Frontabschnitt würde die Integrität anderer Frontabschnitte bedrohen, und ein solcher Bruch in der russischen Frontlinie würde eine Schwachstelle darstellen, die ukrainische Kräfte ausnutzen könnten“, hieß es in der Analyse weiter.
Angriffe auf russisch besetztes Hinterland schwächen Moral: Argument in Taurus-Debatte?
Die Einschätzung des ISW könnte mit Blick auf die aktuelle Taurus-Debatte in Deutschland relevant werden. Mit einer Reichweite von über 500 Kilometern könnten diese präzisen Waffen auch russisch besetzte Gebiete weit hinter der Front gezielt erreichen. Mit derart reichweitenstarken Waffen sind ukrainische Soldaten zudem besser geschützt, da sie die Geschosse weit weg von umkämpften Gebieten abfeuern können. Neben anderen Faktoren spielt die Moral eine wichtige Rolle bei der Festlegung des Gefechtswertes einer Einheit. Eine niedrige Moral schwächt Russlands Truppen demnach auch militärisch. Bislang überwindet die Ukraine große Distanzen oftmals mit Drohnen, verfügt aber auch über britische Storm-Shadow-Marschflugkörper und französische Scalp/EG, die mindestens 250 Kilometer weit fliegen.
„Präzision kann Masse besiegen, wenn genügend Zeit zur Verfügung steht“, schrieb der ehemalige US-General Ben Hodges jüngst auf der Plattform X (früher Twitter). „Wenn die russische Artillerie, Logistik und Hauptquartiere weiter geschwächt werden, spielt es keine Rolle, wie viele Truppen die Russen haben“, so der Militär weiter, der sich unter anderem für eine schnelle Lieferung der US-Präzisionswaffen mit größerer Reichweite „Atacms“ ausspricht. Die Zögerlichkeit der USA und Deutschland bei den Waffenlieferungen kritisierte Hodges. Sollte die Gegenoffensive der Ukraine scheitern, „muss man die Regierungen der USA und Deutschlands dafür verantwortlich machen“, so der Militär zum Tagesspiegel. (Bettina Menzel)
Bilder des Ukraine-Kriegs: Großes Grauen und kleine Momente des Glücks