Republikaner mit zweiter Amtszeit

Trump-Rückkehr setzt Taiwan unter Druck: Eskaliert der Konflikt mit China?

  • Sven Hauberg
    VonSven Hauberg
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Wird Trump Taiwan verteidigen, sollte China angreifen? Unklar. Der Inselstaat bringt sich für die zweite Amtszeit des Republikaners in Stellung.

Der Zeitpunkt war wohl nicht zufällig gewählt. Anfang Januar erklärte Taiwans Verteidigungsminister Wellington Koo, sein Land sei bereit, mehr Geld für die Landesverteidigung auszugeben. Koo sagte das einerseits mit Blick auf China, wie eigentlich immer, wenn es um derartige Fragen geht. Die chinesische Regierung will sich Taiwan schließlich einverleiben und hat ihre Ambitionen im vergangenen Jahr mit mehreren großangelegten Militärmanövern so deutlich gemacht wie lange nicht mehr. Vor allem aber zielten Koos Äußerungen auf Donald Trump ab. Denn die Rückkehr des Republikaners ins Weiße Haus sorgt für Nervosität in Taipeh.

Der neue US-Präsident, der am 20. Januar zum zweiten Mal vereidigt wurde, hat sich in den vergangenen Monaten mehrfach darüber beklagt, dass die Taiwaner nicht genug Geld in ihr Militär stecken würden. Zehn Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts sollten die Taiwaner für Verteidigung ausgeben, fordert Trump, der Inselstaat solle „für den Schutz bezahlen“, den die USA dem Land böten. Dass Taiwan das bereits macht und für die Waffen, die die USA dem Inselstaat seit Jahrzehnten zur Verteidigung liefern, Hunderte Millionen US-Dollar im Jahr ausgibt, davon scheint Trump nichts wissen zu wollen. Obwohl er in seiner ersten Amtszeit selbst fleißig Rüstungsgüter an den Inselstaat verkaufen ließ. Tatsächlich werden aus Taiwan seit Jahren Klagen laut, die bestellten Waffen kämen nicht schnell genug.

China und Taiwan: Darum geht es in dem Konflikt

Taiwans F-16-Kampfjet (links) überwacht einen der beiden chinesischen H-6-Bomber, die den Bashi-Kanal südlich von Taiwan und die Miyako-Straße in der Nähe der japanischen Insel Okinawa überflogen.
Seit Jahrzehnten schon schwelt der Taiwan-Konflikt. Noch bleibt es bei Provokationen der Volksrepublik China; eines Tages aber könnte Peking Ernst machen und in Taiwan einmarschieren. Denn die chinesische Regierung hält die demokratisch regierte Insel für eine „abtrünnige Provinz“ und droht mit einer gewaltsamen „Wiedervereinigung“. Die Hintergründe des Konflikts reichen zurück bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts. © Taiwan Ministry of Defence/AFP
Chinas letzter Kaiser Puyi
Im Jahr 1911 zerbricht das viele Jahrtausende alte chinesische Kaiserreich. Der letzte Kaiser Puyi (Bild) wird abgesetzt, die Xinhai-Revolution verändert China für immer. Doch der Weg in die Moderne ist steinig. Die Jahre nach der Republikgründung waren von Wirren und internen Konflikten geprägt.  © Imago
Porträt von Sun Yatsen auf dem Tiananmen-Platz in Peking
Im Jahr 1912 gründet Sun Yat-sen (Bild) die Republik China. Es folgen Jahre des Konflikts. 1921 gründeten Aktivisten in Shanghai die Kommunistische Partei, die zum erbitterten Gegner der Nationalisten (Guomindang) Suns wird. Unter seinem Nachfolger Chiang Kai-shek kommt es zum Bürgerkrieg mit den Kommunisten. Erst der Einmarsch Japans in China ab 1937 setzt den Kämpfen ein vorübergehendes Ende. © Imago
Mao Zedong ruft die Volksrepublik China aus
Nach Ende des Zweiten Weltkriegs und der Kapitulation Japans flammt der Bürgerkrieg wieder auf. Aus diesem gehen 1949 die Kommunisten als Sieger hervor. Mao Zedong ruft am 1. Oktober in Peking die Volksrepublik China aus (Bild).  © Imago Images
Chiang Kai-shek
Verlierer des Bürgerkriegs sind die Nationalisten um General Chiang Kai-shek (Bild). Sie fliehen 1949 auf die Insel Taiwan. Diese war von 1895 bis 1945 japanische Kolonie und nach der Niederlage der Japaner an China zurückgegeben worden. Auf Taiwan lebt seitdem die 1912 gegründete Republik China weiter. Viele Jahre lang träumt Chiang davon, das kommunistisch regierte Festland zurückzuerobern – während er zu Hause in Taiwan mit eiserner Hand als Diktator regiert. © Imago
Richard Nixon und Zhou Enlai 1972
Nach 1949 gibt es zwei Chinas: die 1949 gegründete Volksrepublik China und die Republik China auf Taiwan, die 1912 gegründet wurde. Über Jahre gilt die taiwanische Regierung als legitime Vertreterin Chinas. Doch in den 70er-Jahren wenden sich immer mehr Staaten von Taiwan ab und erkennen die kommunistische Volksrepublik offiziell an. 1972 verliert Taiwan auch seinen Sitz in den Vereinten Nationen, und Peking übernimmt. Auch die USA brechen mit Taiwan und erkennen 1979 – sieben Jahre nach Richard Nixons legendärem Peking-Besuch (Bild) – die Regierung in Peking an. Gleichzeitig verpflichten sie sich, Taiwan mit Waffenlieferungen zu unterstützen. © Imago/UIG
Chiang Ching-Kuo in Taipeh
Im Jahr 1975 stirbt Taiwans Dikator Chiang Kai-shek. Neuer Präsident wird drei Jahre später dessen Sohn Chiang Ching-kuo (Bild). Dieser öffnet Taiwan zur Welt und beginnt mit demokratischen Reformen. © imago stock&people
Chip made in Taiwan
Ab den 80er-Jahren erlebt Taiwan ein Wirtschaftswunder: „Made in Taiwan“ wird weltweit zum Inbegriff für günstige Waren aus Fernost. Im Laufe der Jahre wandelt sich das Land vom Produzenten billiger Produkte wie Plastikspielzeug zur Hightech-Nation. Heute hat in Taiwan einer der wichtigsten Halbleiter-Hersteller der Welt - das Unternehmen TSMC ist Weltmarktführer. © Torsten Becker/Imago
Tsai Ing-wen
Taiwan gilt heute als eines der gesellschaftlich liberalsten und demokratischsten Länder der Welt. In Demokratie-Ranglisten landet die Insel mit ihren knapp 24 Millionen Einwohnern immer wieder auf den vordersten Plätzen. Als bislang einziges Land in Asien führte Taiwan 2019 sogar die Ehe für alle ein. Regiert wurde das Land von 2016 bis 2024 von Präsidentin Tsai Ing-wen (Bild) von der Demokratischen Fortschrittspartei. Ihr folgte im Mai 2024 ihr Parteifreund Lai Ching-te. © Sam Yeh/AFP
Xi Jinping
Obwohl Taiwan nie Teil der Volksrepublik China war, will Staats- und Parteichef Xi Jinping (Bild) die Insel gewaltsam eingliedern. Seit Jahrzehnten droht die kommunistische Führung mit der Anwendung von Gewalt. Die meisten Staaten der Welt – auch Deutschland und die USA – sehen Taiwan zwar als einen Teil von China an – betonen aber, dass eine „Wiedervereinigung“ nur friedlich vonstattengehen dürfe. Danach sieht es derzeit allerdings nicht aus. Die kommunistiche Diktatur Chinas ist für die meisten Taiwaner nicht attraktiv. © Dale de la Rey/AFP
Militärübung in Kaohsiung
Ob und wann China Ernst macht und in Taiwan einmarschiert, ist völlig offen. Es gibt Analysten, die mit einer Invasion bereits in den nächsten Jahren rechnen – etwa 2027, wenn sich die Gründung der Volksbefreiungsarmee zum 100. Mal jährt. Auch das Jahr 2049 – dann wird die Volksrepublik China 100 Jahre alt – wird genannt. Entscheidend dürfte sein, wie sicher sich China ist, einen Krieg auch zu gewinnen. Zahlenmäßig ist Pekings Armee der Volksrepublik den taiwanischen Streitkräften überlegen. Die Taiwaner sind dennoch gut vorbereitet. Jedes Jahr finden große Militärübungen statt; die Bevölkerung trainiert den Ernstfall, und die USA liefern Hightech-Waffen.  © Sam Yeh/AFP
Xi Jinping auf einem chinesischen Kriegsschiff
Analysten halten es für ebenso möglich, dass China zunächst nicht zu einer Invasion Taiwans blasen wird, sondern mit gezielten Nadelstichen versuchen könnte, den Kampfgeist der Taiwaner zu schwächen. So könnte Xi Jinping (Bild) eine Seeblockade anordnen, um die Insel Taiwan vom Rest der Welt abzuschneiden. Auch ein massiver Cyberangriff wird für möglich gehalten.  © Li Gang/Xinhua/Imago
Protest in Taiwan
Auch wenn die Volksrepublik weiterhin auf eine friedliche „Wiedervereinigung“ mit Taiwan setzt: Danach sieht es derzeit nicht aus. Denn die meisten Taiwaner fühlen sich längst nicht mehr als Chinesen, sondern eben als Taiwaner. Für sie ist es eine Horrorvorstellung, Teil der kommunistischen Volksrepublik zu werden und ihre demokratischen Traditionen und Freiheiten opfern zu müssen. Vor allem das chinesische Vorgehen gegen die Demokratiebewegung in Hongkong hat ihnen gezeigt, was passiert, wenn die Kommunistische Partei den Menschen ihre Freiheiten nimmt. © Ritchie B. Tongo/EPA/dpa

„Taiwan wird seinen Wehretat weiter erhöhen müssen“

Angesichts von Trumps Erpressungsversuchen dürfte kaum weiterhelfen, was der taiwanische Außenminister Lin Chia-lung unlängst in einem Interview mit der japanischen Wirtschaftszeitung Nikkei Asia stolz verkündete: nämlich dass sein Land mittlerweile 2,5 Prozent für Verteidigung ausgebe. Das sei mehr als in den meisten NATO-Staaten und stünde im Einklang mit Trumps Forderungen, behauptete Lin. Nicht nur Trump findet das allerdings zu wenig. „Taiwan wird seinen Wehretat weiter erhöhen müssen“, sagt auch Sheu Jyh-Shyang, Militärexperte am Institute for National Defense and Security Research in Taipeh, „möglicherweise auch über Sondervermögen“.

Sheu hat dabei nicht nur die Forderungen des designierten US-Präsidenten im Blick, sondern auch das Gebaren Pekings. „China wird immer aggressiver“, sagte Sheu dem Münchner Merkur und verweist etwa auf einen Vorfall von Anfang Januar, bei dem ein wichtiges Unterseekabel vor der Küste des Inselstaats beschädigt wurde, offenbar von einem chinesischen Schiff.

Die große Frage ist: Wird Trump Taiwan verteidigen?

Die große Frage ist: Würde Trump, sollte China irgendwann in den nächsten vier Jahren zu drastischeren Maßnahmen greifen, Militär in die Region schicken? Anders als Joe Biden, der in den letzten Jahren mehrfach gesagt hatte, er werde im Notfall auch militärisch eingreifen, hat sich Trump zu einem solchen Bekenntnis bislang nicht durchgerungen. Ein Warnzeichen muss das jedoch nicht unbedingt sein. Denn Trump liegt damit auf der langjährigen US-Linie, nicht nur China, sondern auch Taiwan im Unklaren über die eigenen Absichten zu lassen. Die Idee hinter dieser „strategischen Ambiguität“: Die Regierung in Taipeh soll davon abgehalten werden, leichtfertig eine formelle Unabhängigkeit zu erklären und so die Lage zu eskalieren.

Donald Trump und Chinas Staatschef Xi Jinping im Jahr 2017.

In Taiwan haben dennoch viele ihre Zweifel an der Verlässlichkeit der USA. In einer Umfrage, die kurz nach der Wahl Trumps durchgeführt wurde, sagten 57 Prozent der Taiwaner, sie glaubten nicht an ein Eingreifen der Amerikaner; nur 30 Prozent halten eine US-Intervention für wahrscheinlich. So viel Misstrauen habe es noch nie gegeben, so die Meinungsforscher der Taiwan Public Opinion Foundation: „Trumps Sieg im Jahr 2024 hat in der taiwanischen Öffentlichkeit einen großen psychologischen Schock in Bezug auf ihr Vertrauen in US-Interventionen ausgelöst.“

Experte glaubt: Trump wird Taiwan nicht fallenlassen

Militärexperte Sheu Jyh-Shyang hingegen vertraut darauf, dass die USA sein Land nicht fallenlassen werden. Einerseits, weil Washington auch unter Trump kaum auf eine China-freundliche Politik umschwenken werde. So droht Trump der Volksrepublik mit massiven Strafzöllen auf Exporte in die USA, und sein designierter Außenminister Marco Rubio warnte unlängst, China sei der „mächtigste und gefährlichste“ Widersacher, mit dem die USA jemals konfrontiert gewesen seien. Zudem, so Sheu, sei Taiwan für die USA unverzichtbar, etwa, weil das Land den Großteil der auch von US-Unternehmen verbauten Hightech-Halbleiter produziere. Auch sei der Schutz Taiwans aufgrund der geografischen Lage des Inselstaats – zwischen den engen US-Verbündeten Japan und den Philippinen – im ureigensten Interesse der USA.

Trump selbst sagte vor einigen Wochen in einem Interview mit der Washington Post, China werde Taiwan nicht angreifen, solange er Präsident ist. Und schob dann hinterher: „Eines Tages aber werden sie es tun.“

Dieser Artikel wurde nach der Amtseinführung von Donald Trump aktualisiert

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