Trump sieht Justiz-Doppelmoral
„Hat der Umfrage geholfen“: Trump schiebt Erfolg auf rechtliche Prozesse gegen ihn
- VonLisa Mahnkeschließen
Trump in Umfragen knapp vor Biden. Der Ex-Präsident sieht den Grund für seinen Erfolg auch in den juristischen Prozessen. Er beteuert seine Unschuld.
Conway – Der Ex-Präsident Donald Trump bezeichnete die Gerichtsverfahren gegen ihn schon öfter als Strategie der Demokraten und „politischen Auftragsmord“. Nun machte er mit einer Rede bei einer Versammlung im Rahmen der Vorwahlen der USA in South Carolina eine Kehrtwende und stellte einen positiven Effekt der Anklagen heraus: „Es ist schwer zu sagen, dass es gut ist, angeklagt zu werden, aber es hat der Umfrage auf jeden Fall geholfen.“
Trump ist momentan in vier verschiedenen Strafverfahren mit insgesamt fast 100 Anklagepunkten verwickelt. In allen davon bestand der Ex-Präsident auf seine Unschuld. Staatsanwälte beteuerten ihre Neutralität. Trotzdem war sich Trump auch seiner alten Rhetorik sicher: „Wenn ich jetzt nicht kandidieren würde, oder wenn ich auf dem fünften Platz wäre, oder wenn ich wie Haley wäre – 70 Punkte Rückstand – würde ich nicht angeklagt werden; ich hätte jetzt keine Probleme.“ Laut Newsweek erklärte er: „All diese Verfolgung findet nur statt, weil wir in den Umfragen so weit vorne liegen.“ Der Ex-Präsident argumentierte schlichtweg in beide Richtungen.
Trump vergleicht Prozesse mit Sonderermittlung zu Biden: „Ich darf tun, was ich tue.“
An anderer Stelle in seiner Rede verglich Trump seine Anklagen mit den Untersuchungen von Sonderermittlern zur Aufbewahrung geheimer Dokumente durch US-Präsident Biden, um das Justizsystem als unfair darzustellen. „In meinem Fall unterliege ich dem Presidential Records Act. Ich darf tun, was ich tue. Aber er war nicht gedeckt“, argumentierte der Ex-Präsident. Die Dokumente wurden in Bidens Wohnsitz in Wilmington und in einem abgeschlossenen Schrank in dem Penn-Biden-Zentrum in Washington gefunden.
Der Vergleich hinkt etwas, denn Trump nahm nach seiner Amtsübergabe 15 Boxen mit Dokumenten zu seinem Wohnsitz in Mar-a-Lago. Im August 2022 führte das zu einer Razzia durch das FBI. Auch hier betonte der Ex-Präsident seine Unschuld, auch wenn die Nationalarchive die Dokumente als Regierungseigentum kategorisierten. „Ich habe sie selbst zum Mittag eingeladen“, erklärte Trump in seiner Rede in Conway.
Der Republikaner Robert Hur, der sich um die Sonderermittlungen zu Biden kümmerte, sah eine strafrechtliche Anklage des Demokraten nicht als gerechtfertigt an. Hur bemerkte in seinem Bericht laut Newsweek jedoch, das Gedächtnis des Präsidenten sei „erheblich eingeschränkt“. So habe er sich zum Beispiel nicht an das Todesdatum seines Sohnes Beau oder das Datum des Amtsabtritts als Vizepräsident erinnern können. Es ist eine Aussage, die Trump in den US-Wahlen in die Karten spielen könnte, denn unter der Wählerschaft ist das Alter des aktuellen Präsidenten eine Sorge. Die Familie Biden verurteilte die Instrumentalisierung des Todes ihres Sohns.
Biden laut Trump ein „Geisteskranker“ – Trump dankbar für Gerichtsprozesse
„Der krumme Joe kam ungeschoren davon – ich weiß nicht, ob man es ungeschoren nennen würde; sie sagten, er sei ein Geisteskranker“, erklärte Trump und nutzte so den Bericht von Hur für seine Wahlkampfstrategie. „Wenn ich die Wahl hätte, würde ich vielleicht das andere wählen; ich würde einen kleinen Prozess durchlaufen, aber das ist besser als das, was passiert ist“, argumentierte Trump. Er forderte kognitive Tests für jede Person, die sich für eine Präsidentschaftskandidatur aufstellen lässt.
In aktuellen Umfragen liegt Donald Trump etwa ein bis zwei Prozentpunkte vor Joe Biden. Sollte Donald Trump verurteilt werden, könnte sich das Ergebnis laut Umfragen noch drehen. Umso spannender ist es, dass Trump in South Carolina sogar von einem positiven Effekt der Gerichtsprozesse ausging. (lismah)
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