Krimineller Lifestyle

Immer mehr Frauen entscheiden sich laut Studie für Leben in kriminellen Clans

  • Peter Sieben
    VonPeter Sieben
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Eine Studie zeigt, dass sich zunehmend Frauen für eine Karriere in kriminellen Clans entscheiden. Umso wichtiger sei ein Umdenken bei Sicherheitsbehörden, sagt eine Expertin.

Berlin – Unter dem Hashtag #mobwife finden sich Tausende Bilder bei Instagram und Co. Der Trend dahinter: Frauen posieren mit Glitzerschmuck, Pelzmantel und Riesen-Sonnenbrille, als wären sie gerade einem Mafiafilm entsprungen. In den sozialen Medien wird ein krimineller Lifestyle zelebriert, vor allem auf TikTok gibt es zig Videos, die vermeintliche Gangster mit dicken Luxusautos und teurem Schmuck zeigen. Kriminelle Netzwerke und Clans machen sich das aktiv zunutze, um vor allem junge Menschen zu ködern. Und immer öfter entscheiden sich Frauen freiwillig, in mafiösen Strukturen mitzumischen.

Kriminelle Clans: „Bisher wurden Frauen nur als Opfer gesehen“

Das ist eines der Ergebnisse einer Studie der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) zu Frauen in der organisierten Kriminalität. „Bisher wurden sie nur als Opfer gesehen, als Partnerin oder Mutter von Männern in kriminellen Gruppen“, sagt Mara Garavini Seisselberg, Beraterin für Strafjustiz bei der OSZE, im Gespräch mit IPPEN.MEDIA. Erstmals haben sich die Forscherinnen und Forscher die Rolle von Frauen als Akteurinnen in der Organisierten Kriminalität angeschaut und festgestellt: „Frauen haben in allen kriminellen Märkten und in der gesamten kriminellen Hierarchie Rollen inne.“  

Mara Garavini Seisselberg, Beraterin für Strafjustiz bei der OSZE.

Es seien eben keineswegs nur Männer vom Typus Türsteher, die bei Clans oder anderen kriminellen Organisationen wie der Mafia das Sagen hätten. Frauen seien durchaus aktiv beteiligt und würden auch selbst Gewalt anwenden – „viel mehr, als man glaubt“, sagt die Expertin. Einerseits würden viele Frauen aus eher prekären sozioökonomischen Umständen in kriminelle Strukturen geraten oder weil sie bereits von Geburt an in bestimmte Familienstrukturen involviert sind. Andererseits gebe es zunehmend unbeteiligte Frauen aus allen soziokulturellen Schichten, die ein Leben in der Organisierten Kriminalität attraktiv fänden. „Was wir wahrnehmen: Frauen entscheiden sich zunehmend freiwillig und sehr bewusst, in der Organisierten Kriminalität aktiv zu werden.“ 

Krimineller Lifestyle wird in den sozialen Medien zelebriert

Das hänge auch mit der Verherrlichung des kriminellen Lifestyles in den sozialen Medien zusammen. „Das wird als glamourös dargestellt, es gibt falsche Versprechungen von Geld und Status“, sagt Garavini Seisselberg. „Was nicht gezeigt wird, ist die absolute Unfreiheit, die Gewalt, Tod und Gefängnis. Es gilt das Gesetz der Omertà und der unbedingten Loyalität. Wenn sich Frauen daran nicht halten, drohen ihnen und ihren Familien Vergeltungsmaßnahmen.“

Clankriminalität und und Mafiastrukturen: Der Ausstieg ist schwer

Der Ausstieg sei für Menschen, die einmal in die Fänge von Clans und Mafiastrukturen geraten sind, schwer. „Frauen erhalten jedoch weniger Unterstützung beim Ausstieg. Denn sie bleiben unentdeckt innerhalb der Organisierten Kriminalität und sind gegenüber Behörden unsichtbar, weil sie nicht als wichtige kriminelle Akteurinnen wahrgenommen werden.“

Umso wichtiger sei es, die Frauen sichtbar zu machen. „Erst dann kann man auch präventiv arbeiten und Kontakte zu Frauen aufnehmen, die aussteigen wollen. Denn niemand kann das falsche Bild vom glamourösen Lifestyle innerhalb der Organisierten Kriminalität besser entkräften als betroffene Frauen selbst.“  

Rubriklistenbild: © Pond 5 & Becker Bredel/imago/Montage:IDZRAGENDA

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