Zweifel auch in der Union

Knallhart-Kontrolle an Grenzen: Merz weht wegen Sonderplan mächtig Gegenwind entgegen

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Friedrich Merz will der illegalen Migration durch schärfere Kontrollen Grenzen setzen. Doch dieser Plan gefällt einem Diplomaten in Berlin ganz und gar nicht.

Berlin – An den deutschen Grenzen soll ein anderer Wind wehen, sobald er im Kanzleramt sitzt. So hatte es Friedrich Merz im Endspurt des Wahlkampfes versprochen. Dauerhafte Kontrollen und konsequente Zurückweisungen illegal Einreisender schrieb sich der CDU-Chef auf die Agenda. Nun, knapp drei Monate später, steht die Tür zur Machtzentrale in Berlin für ihn offener denn je. Folglich wird sich der 69-Jährige an seinen Worten vom Jahresbeginn messen lassen müssen.

Und die bekräftigte Thorsten Frei noch einmal. „Jeder, der illegal nach Deutschland einzureisen versucht, muss vom 6. Mai an damit rechnen, dass an der deutschen Grenze Schluss ist. Niemand kann im Land seines Wunsches Asyl beantragen“, verwies der designierte Kanzleramtschef im Interview mit den Zeitungen der Funke Mediengruppe auf das geplante Startdatum der Koalition aus Union und SPD.

Merz und die Grenzkontrollen: Laut Frei erfährt Kurswechsel bei Nachbarn „sehr viel Zustimmung“

Nach europäischem Recht müsse dies dort geschehen, wo die Person erstmals die Europäische Union (EU) betritt: „Das ist so gut wie nie Deutschland.“ Sondern eben in der Regel in Ländern mit EU-Außengrenzen. Frei verspricht, Personenkontrollen an den Grenzen auszuweiten und zu intensivieren: „Es sollen sehr schnell die Voraussetzungen geschaffen werden, um illegale Migration effektiv zu begrenzen.“

Wer kommt hier noch rein? Friedrich Merz will während seiner Zeit als Bundeskanzler die Grenzkontrollen intensivieren.

Damit fühlt sich auch Manuel Ostermann angesprochen. Der stellvertretende Bundesvorsitzender der DPolG Bundespolizeigewerkschaft und Parteifreund von Frei sprüht vor Tatendrang, wie er im Focus verdeutlicht: „Wir können Zurückweisungen und Zurückschiebungen ab Tag eins durchführen. Die Kollegen warten nur darauf.

Beiden Christdemokraten ist aber auch klar, dass Deutschland keinen Alleingang unternehmen kann. Frei erwähnt daher, dass Abstimmungen mit den Nachbarn nötig seien: „Diese Gespräche finden bereits statt, wir erfahren dabei für unseren Kurswechsel sehr viel Zustimmung.“ Als maßgebliche Ansprechpartner nennt der bisherige Parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Frankreich, Österreich und Polen.

Kritik an Merz Grenzkontrollen: Polen sieht „Problem für Funktionieren des EU-Binnenmarktes“

Zumindest beim östlichen Nachbarn kommen die schwarz-roten Pläne aber nicht uneingeschränkt positiv an – wegen der negativen Begleiterscheinungen. „Die jetzigen Kontrollen an der deutsch-polnischen Grenze sind schon ein Problem für den täglichen Grenzverkehr und das Funktionieren des EU-Binnenmarktes“, kritisiert Jan Tombinski, Geschäftsträger der polnischen Botschaft in Berlin, im Nachrichtenmagazin Politico schon die Maßnahmen der Ampel-Koalition.

Hält die deutschen Grenzkontrollen für ein Problem für den EU-Binnenmarkt: Jan Tombinski ist seit August 2024 Geschäftsträger der polnischen Botschaft in Berlin.

Teilweise würde es auf den Straßen von Polen nach Deutschland zu stundenlangen Staus kommen. „Wir wünschen daher nicht, dass es zu einer Verschärfung der Grenzkontrollen kommt“, schickt der Chefdiplomat eine deutliche Botschaft an die Adressen von Merz, Frei und auch Alexander Dobrindt.

Dobrindt muss Grenzkontrollen auf Weg bringen: Grünen-Chefin sieht „fast unlösbare Aufgabe“

Denn der CSU-Landesgruppenchef soll neuer Innenminister werden. Ihm obliegt es also dann, darüber zu bestimmen, was genau Einreisende an den Grenzübergängen erwartet. Auch der frühere Verkehrsminister erwähnt in der Süddeutschen Zeitung (SZ), dass auch die europäischen Partner mit ins Boot genommen werden sollen und er bereits entsprechende Gespräche führe.

Minister unter Merz: Komplette Liste des Kabinetts – von Klingbeil bis zu „neuen Gesichtern“

17 Ministerinnen und Minister, dazu ein Bundeskanzler namens Friedrich Merz: Sie bilden das Kabinett der Koalition aus CDU, CSU und SPD und damit die 25. Bundesregierung Deutschlands.
17 Ministerinnen und Minister, dazu ein Bundeskanzler namens Friedrich Merz: Sie bilden das Kabinett der Koalition aus CDU, CSU und SPD und damit die 25. Bundesregierung Deutschlands. © dpa
Fritze Merz Kabinett CDU CSU Minister
Der neue Kanzler (offiziell ab dem 6. Mai): Friedrich Merz hat sein Kabinett zusammengestellt. Der 69-Jährige hat vertraute und neue Gesichter auserkoren. In dieser Fotostrecke finden Sie alle von der CDU bestimmten Minister, auch die von der CSU und SPD sind hier zu finden.  © IMAGO/Uwe Koch
Thorsten Frei Kanzleramtsminister Merz Kabinett
Bundesminister für besondere Aufgaben und Chef des Bundeskanzleramtes: Thorsten Frei (51) ist einer der engsten Vertrauten von Friedrich Merz und in der CDU angesehen.  © IMAGO/dts Nachrichtenagentur
Johann Wadephul Außenminister Merz Kabinett
Bundesminister für Auswärtiges: Johann Wadephul (CDU) heißt der neue Außenminister.  © IMAGO/ESDES.Pictures, Bernd Elmenthaler
Katherina Reiche Wirtschaftsministerin Merz Kabinett
Bundesministerin für Wirtschaft und Energie aus der CDU: Katherina Reiche ist 51 Jahre alt und wird die Nachfolge von Robert Habeck antreten. © IMAGO
Karin Prien Bildungsministerin FAmilie merz Kabinett
Bundesministerin für Bildung, Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Karin Prien von der CDU wird Bildungs- und Familienministerin, sie ist 59 Jahre alt. © IMAGO/Jens Schicke
Nina Warken Gesundheitsministerin Kabinett Merz
Bundesministerin für Gesundheit: CDU-Ministerin Nina Warken (45) soll die Nachfolge von Karl Lauterbach antreten.  © IMAGO/dts Nachrichtenagentur
Karsten Wildberger Digitalminister Merz Kabinett
Bundesminister für Digitales und Staatsmodernisierung: Karsten Wildberger ist die wohl größte Überraschung, der ehemalige MediaMarkt-Chef ist 56 Jahre alt.  © AnikkaxBauer
Wolfram Weimer Minister für Kultur
Kulturstaatsminister: Wolfram Weimer, der 60-Jährige pflegt gute Kontakte in einige Verlage.  © IMAGO/Thomas Bartilla
Schnieder Vekehrsminister CDU Kabinett Merz
Bundesminister für Verkehr: Patrick Schnieder von der CDU soll Verkehrsminister werden. © IMAGO
Dobrindt Innenminister CSU Kabinett Merz Liste
Bundesminister des Innern und für Heimat: Alexander Dobrindt. Der 54-jährige CSU-Mann ist schon zum zweiten Mal Minister. Unter Angela Merkel war er von 2013 bis 2017 Verkehrsminister © IMAGO/ESDES.Pictures, Bernd Elmenthaler
Alois Rainer LAndwirtschaft Merz Kabinett
Landwirtschaftsminister soll der CSU-Politiker Alois Rainer werden. Der 60-Jährige ist durchaus ein überraschender Name, den Söder hier aus den CSU-Kreisen ausgewählt hat.  © IMAGO/Christian Spicker
Bär Ministerin Söder Merz KAbinett
Ministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt: Dorothee Bär (47) übernimmt das neu zusammengestellte Ministeramt. Die CSU-Politikerin galt von vorneherein als Favoritin aus Bayern.  © IMAGO/Heiko Becker
Klingbeil Kabinett Vizekanzler Finanzminister
Lars Klingbeil wird Vizekanzler und Finanzminister. Der 47-Jährige spricht über die SPD-Minister mit den Worten: „Generationswechsel“ und „neue Gesichter und erfahrene Persönlichkeiten“. Nachfolgend sind alle SPD-Ministerinnen und SPD-Minister aufgelistet.  © IMAGO/FRANK TURETZEK
Boris Pistorius Verteidigunsminister SPD Merz Klingbgeil
Verteidigungsminister bleibt Boris Pistorius, 65 Jahre alt. Er ist eines der prominentesten SPD-Mitglieder des Kabinetts. © IMAGO/Noah Wedel
Der bisherige Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) gilt im Merz-Kabinett als gesetzt, wenn es mit schwarz-rot klappt. Er könnte allerdings das Ministerium wechseln und sogar Vizekanzler werden.
Pistorius ist der einzige Minister der einstigen Ampel-Koalition unter Olaf Scholz, der auch unter dessen Nachfolger Friedrich Merz einen Platz im Kabinett gefunden hat. © IMAGO/dts Nachrichtenagentur
Bas Ministerin Arbeit Kabinett
Bärbel Bas, die 57-Jährige wird Bundesministerin für Arbeit und Soziales. Von 2021 bis 2025 war die SPD-Politikerin Präsidentin des Deutschen Bundestags.  © IMAGO
Hubig, Justiz 56 SPD MErz Kabinett
Dr. Stefanie Hubig ist 56 Jahre alt. Sie wird Bundesministerin der Justiz und für Verbraucherschutz. DIe SPD-Politikerin ist schon in Rheinland-Pfalz Ministerin für Bildung gewesen.  © IMAGO/Jürgen Heinrich
Reem Alabali-Radovan Bundesministerin für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
Die jüngste Person aus der SPD-Riege. Reem Alabali-Radovan ist 35 Jahre alt und kümmert sich um „Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung“. © IMAGO/Jürgen Heinrich
Hubertz wohnen, Bauministerin SPD KAbinett Merz Klingbeiil
Auch nicht viel älter, auch von der SPD: Verena Hubertz, 37 Jahre, Bundesministerin für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen.  © IMAGO
Carsten Schneider SPD Umweltminister Merz Klingbeil Kabinett
Carsten Schneider von der SPD (49), nicht zu verwechseln mit Patrick Schnieder, wird Bundesminister für Umwelt, Klimaschutz, Naturschutz und nukleare Sicherheit. © IMAGO/dts Nachrichtenagentur
Saskia Esken, ehemalige Parteivorsitzende der SPD
Saskia Esken, ehemalige Parteivorsitzende der SPD, galt lange Zeit als aussichtsreiche Kandidatin für einen Kabinettsposten in der Regierung von Friedrich Merz. © Christophe Gateau/dpa
Armin Laschet (CDU) wollte 2021 selbst Kanzler werden und scheiterte. Nach der Bundestagswahl 2025 werden ihm Außenseiter-Chancen auf ein Amt unter Merz ausgerechnet.
Armin Laschet (CDU) wollte 2021 selbst Kanzler werden und scheiterte. Nach der Bundestagswahl 2025 galt er zumindest als Außenseiter-Kandidat für einen Posten im Kabinett von Friedrich Merz. Daraus wurde letztlich nichts. © IMAGO/dts Nachrichtenagentur
Kultursenator Joe Chialo
Kultursenator Joe Chialo war für die Berliner CDU bei den Koalitionsverhandlungen dabei (Archivbild). Fachleute spekulierten daraufhin Chialo könnte von Friedrich Merz als Kultusminister in sein Kabinett berufen werden. Doch der Posten ging letztlich an den Merz-Vertrauten Wolfram Weimer. © Jörg Carstensen/dpa
Jens Spahn als neuer und alter Minister? Dahinter steht ein Fragezeichen, auch wenn Spahn gewiss Ambitionen hat. Der frühere Gesundheitsminister stand wegen der Maskenaffäre in der Kritik. Andererseits verfügt er über große Regierungserfahrung, die Merz selbst bekanntermaßen fehlt.
Auch Jens Spahn hatte sich Hoffnungen auf einen Kabinettsposten unter Kanzler Friedrich Merz gemacht. Der ehemalige Gesundheitsminister ging in Sachen Kabinett zwar leer aus, kann sich aber dennoch über eine Beförderung im neuen Bundestag freuen: Spahn wird die CDU-Abgeordneten im Bundestag künftig als Fraktionsvorsitzender anführen. © IMAGO/Jens Schicke

„Es werden keine Grenzen geschlossen, aber sie werden stärker kontrolliert“, verspricht Dobrindt und dürfte damit von Tombinski keinen Applaus absahnen. Ob Union und SPD damit das ausgegebene Ziel, die illegale Migration merklich zurückzufahren, wirklich erreichen, bezweifeln allerdings unter anderem die Grünen. Sie monieren, dass Zurückweisungen an den Grenzen nicht mit geltendem Recht vereinbar seien.

Daher warnt Britta Haßelmann, Vorsitzende der Bundestagsfraktion der Öko-Partei, im selben Artikel, auf Dobrindt warte eine „eine fast unlösbare Aufgabe“. Sie verweist darauf, dass er in seinem ersten Ministeramt am Vorhaben, eine Pkw-Maut einzuführen, „maximal gescheitert“ sei.

Nun könnte sich der 54-Jährige an einem weiteren Prestigeprojekt die Finger verbrennen. „Ich bin gespannt, wie lange es diesmal dauert, bis das von Gerichten kassiert wird“, gibt Haßelmann der Koalition mit auf den Weg.

Übernehmen wichtige Posten in der Regierung von Kanzler Friedrich Merz: Thorsten Frei (l.) wird Kanzleramtschef, Alexander Dobrindt soll das Innenministerium führen.

Migration in Deutschland: Politiker der Union zweifeln an echter „Zeitenwende“ an den Grenzen

Auch innerhalb der Union sollen der SZ zufolge durchaus Zweifel bestehen, inwiefern sich die von Merz geschürten Erwartungen wirklich erfüllen lassen. Denn Tausende Kilometer Grenze lassen sich eben nicht lückenlos kontrollieren, ist den Schwesterparteien klar. Nur aussprechen will das niemand so deutlich. Ein nicht näher benannter Abgeordneter sagte immerhin: „Ob wir in der Innenpolitik wirklich eine Zeitenwende erleben, ist doch längst nicht ausgemacht.“

Wie zumindest das Go der Richter erreicht werden kann, zeigt Daniel Thym auf. Der Professor für Öffentliches Recht, Europa- und Völkerrecht an der Universität Konstanz skizziert dieses Modell: „Denkbar wäre etwa, dass Familien und Minderjährige aus humanitären Gründen weiter ins Land kommen, während junge Männer zwischen 18 und 40 Jahren zurückgewiesen werden.“ Dies dürfte die Chance erhöhen, dass Gerichte „mitspielen“. (mg)

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