„Kann sein, dass ich es übersehen habe“
Nach Zoff vor Bundestagswahl: Merz verteilt kleinen Seitenhieb gegen Merkel – Sprecherin löst auf
VonNadja Orthschließen
Unionsfraktionschef Friedrich Merz äußerte sich während einer Pressekonferenz über Angela Merkel. Trotz Wahlsieg scheint Funkstille zu herrschen.
Berlin - Nach dem Wahlsieg der CDU/CSU bei den Bundestagswahlen hat der Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz viele Glückwünsche auf seinem Handy erhalten – doch Altkanzlerin Angela Merkel war wohl zunächst nicht unter den Absendern. Die frühere Regierungschefin und Parteivorsitzende habe sich seines Wissens nach noch nicht bei ihm gemeldet, sagte Merz während einer Pressekonferenz am Montag.
Friedrich Merz nach Unions-Wahlsieg: „Hab‘ bis jetzt von Angela Merkel keine Glückwünsche gesehen“
„Also, ich hab‘ bis jetzt von Angela Merkel keine Glückwünsche gesehen“, sagte der CDU-Chef nach den CDU-Gremiensitzungen am frühen Nachmittag. Er fügte jedoch hinzu: „Es kann sein, dass ich sie übersehen habe, weil ich ein paar hundert SMS im Verlauf der letzten Nacht bekommen habe“.
Nach Merz‘ Behauptungen betonte eine Sprecherin auf eine Anfrage der BILD am Montag, dass die Altkanzlerin durchaus gratuliert hätte. Merkel habe sich demnach noch am Wahlabend per SMS bei dem Fraktionschef gemeldet, ihm gratuliert und „eine glückliche Hand zur Bildung seiner Regierung gewünscht“.
Das Verhältnis zwischen Merkel und Merz scheint seit geraumer Zeit deutlich angeknackst zu sein. Erst zuletzt hatte sich die Ex-Parteichefin öffentlich gegen Merz‘ Vorgehen bei einer Asyl-Abstimmung positioniert. Sie nannte es „falsch“, dass die Union einen Antrag für eine verschärften Migrationspolitik nur mit der Mehrheit von AfD-Stimmen durchgesetzt hatte. Anschließend ließ Merkel den Fraktionschef bei einem öffentlichen Auftritt erneut auflaufen.
Das angespannte Verhältnis zwischen Angela Merkel und Friedrich Merz begann bereits 2002
Dass die Beiden CDU-Politiker trotz derselben Partei unterschiedliche Meinungen vertreten, kristallisierte sich in den vergangenen Jahren immer wieder heraus. Merz verpasste der CDU grundsätzlich ein neues Grundsatzprogramm mit einer deutlich konservativeren Handschrift als in der Merkel-Zeit. In den vergangenen Jahren polarisierte er immer wieder mit umstrittenen Sprüchen, die von Kritikern als abwertend gegenüber Frauen, Homosexuellen und Flüchtlingen empfunden wurden.
Die Spannungen zwischen dem neuen Kanzlerkandidaten der CDU und der Altkanzlerin begannen jedoch bereits Jahre zuvor, nach der Wahl 2002. Merkel hatte Merz damals als Unionsfraktionschef verdrängt, seitdem galt ihre Beziehung als getrübt. Einblicke in ein freundliches Verhältnis gab es jedoch im vergangenen Jahr während einer CDU-Feier zu Merkels 70. Geburtstag. (nz/dpa)
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