Um Ihnen ein besseres Nutzererlebnis zu bieten, verwenden wir Cookies.
Durch Nutzung unserer Dienste stimmen Sie unserer Verwendung von Cookies zu.
Weitere Informationen
Merz gewinnt Bundestagswahl – doch Politologe warnt: „Bis Ostern keine Koalition“
VonStephanie Eva Fritzsche
schließen
Die Union ist der Wahlsieger, der nächste Bundeskanzler heißt wahrscheinlich Friedrich Merz. Und obwohl ein Zweierbündnis nun möglich ist, drohen ihm zähe Koalitionsverhandlungen.
Berlin – „Wir haben diese Bundestagswahl gewonnen“, sagte Friedrich Merz am Wahlabend nach der ersten Hochrechnung und kündigte eine schnelle Regierungsbildung an. Aber das wird gar nicht so einfach. FDP und BSW haben den Einzug in den Bundestag nach dem ersten amtlichen Endergebnis von Montag morgen zwar verpasst, aber auch Koalitionsverhandlungen mit der SPD drohen zäh zu werden.
„Ich halte es nicht für realistisch, dass wir bis Ostern eine Koalition haben“, sagt der Politologe Hendrik Träger von der Universität Leipzig dem Münchner Merkur. Selbst die vermeintlich einfache Konstellation könne sich als schwierig erweisen.
Nach der Bundestagswahl: Merz sucht die Koalition – wankt die SPD als Partner?
Träger sieht großen innerparteilichen Diskussionsbedarf bei den Sozialdemokraten. „Die SPD hat ihr historisch schlechtestes Ergebnis und wird personell nicht so weitermachen können wie bisher. Da reicht es nicht, dass Olaf Scholz im Kabinett Friedrich Merz keine Rolle spielen wird – auch die Parteiführung aus Klingbeil, Esken und Miersch muss überlegen, warum sie es nicht geschafft hat, Olaf Scholz davon zu überzeugen mit dem beliebteren Boris Pistorius als Kanzlerkandidat in den Wahlkampf zu gehen.“
Außerdem rechnet er mit einer langwierigen Mitgliederbefragung der SPD vor möglichen Koalitionsverhandlungen. „Die SPD wird nicht gegen den Willen der Parteibasis entscheiden können, als Juniorpartner in eine Große Koalition zu gehen – zum vierten Mal in 20 Jahren – weil sie fast immer als Verlierer daraus hervorgegangen ist.“
Schwierige Koalitionsbildung – Experte: „Merz kann nicht nur aus der Position der Stärke argumentieren“
Das sieht auch Politologe Jun von der Universität Trier so. „Die SPD hat das schlechteste Ergebnis aller Zeiten und muss sich überlegen, inwiefern eine Regierungstätigkeit für sie weiter förderlich ist. Von der SPD würde das inhaltlich eine sehr große Kompromissbereitschaft verlangen. Das würde auch für die Union bedeuten, dass sie Brücken bauen muss. Merz kann nicht nur aus der Position der Stärke argumentieren, wenn er die SPD an Bord holen will.“
FDP im Bundestag wäre weiteres Problem: Ampel hat „ganzen Tisch zum Fenster hinausgeworfen“
Die Liberalen haben den Einzug knapp verpasst - am Abend der Bundestagswahl gab es gar deutlich vernehmbare Häme für die FDP bei den Wahlpartys von SPD und Grünen. Selbst wenn die FDP den Einzug geschafft hätte wären Koalitionsgespräche für eine rechnerisch mögliche Deutschlandkoalition aus Union, SPD und FDP schwierig geworden, „nachdem in der Ampel nicht nur das Tischtuch zerschnitten, sondern gleich der ganze Tisch zum Fenster hinausgeworfen wurde“, analysiert Träger
Bundestagswahl 2025: Von „Tünkram“ bis zum „Tor zur Hölle“ – denkwürdige Zitate aus dem Wahlkampf
Aber auch in der nun wahrscheinlichsten Option einer großen Koalition, die diesen Namen nicht mehr verdient, rechnet Träger mit einem wochen- oder gar monatelangen Ringen der Parteien. Denn könnten sich Union und SPD nicht einigen, wären auch die Grünen als dritter Partner für eine Kenia-Koalition wieder im Boot. „Ich glaube, dass alle Parteien, die als Koalitionspartner infrage kommen, das Verantwortungsbewusstsein haben, schnell eine Regierung bilden zu wollen, aber es gibt zahlreiche Unwägbarkeiten, die dem entgegenstehen könnten.“ Er weist darauf hin, dass es nach der letzten Bundestagswahl 2021 fast drei Monate, 2017 sogar fünf Monate bis zur Regierungsbildung gedauert habe. „Wir müssen uns darauf einstellen, dass es auch jetzt ein langwieriger Prozess wird.“