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Merz erkauft sich seine Kanzlerwahl teuer: Union muss Unvereinbarkeitsbeschluss aufweichen
VonMoritz Maier
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Hannes Niemeyer
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Friedrich Merz ist zum Bundeskanzler gewählt worden. Damit das am Dienstag noch gelang, brauchte es die Hilfe der Linken – der Unvereinbarkeitsbeschluss wackelt.
Berlin – Im zweiten Anlauf hat es geklappt. Friedrich Merz ist zum neuen Bundeskanzler Deutschlands gewählt worden. Dem vorausgegangen war ein chaotischer Vormittag. Im ersten Wahlgang fehlten Merz noch einige Stimmen, aufgrund von Abweichlern bei Union und/oder SPD. Dass es nun doch klappte, lag an einer Änderung der Geschäftsordnung. Ein Sieg für Merz, der offenbar teuer erkauft ist.
Merz im zweiten Anlauf zum Kanzler gewählt – brisanter Deal mit den Linken
Grüne und Linke machten schnell klar, dass dies keine Zustimmung zur Politik von Merz sei. Vielmehr wolle man lediglich schnell Klarheit haben. Bei der Kanzlerwahl kündigte etwa Grünen-Geschäftsführerin Irene Mihalic bereits an, dass man Merz „nicht zum Bundeskanzler wählen“ werde. Und tatsächlich reichte es im zweiten Durchgang für Merz, was eben wohl nicht an den Stimmen von Grünen und Linken lag.
Merz-Kanzlerwahl dank Deal mit der Linken – und entgegen des Unvereinbarkeitsbeschlusses?
Brisant ist der Deal zur Änderung der Geschäftsordnung dennoch. Denn im Jahr 2018 hatte die CDU geschlossen einen Unvereinbarkeitsbeschluss mit der Linkspartei abgesegnet. Darin heißt es wörtlich: „Die CDU Deutschlands hat hierzu eine klare Beschlusslage: keine Zusammenarbeit mit der Linkspartei.“ Dies gelte für „Koalitionen und ähnliche Formen der Zusammenarbeit“. Um die Wahl zu beschleunigen, berief man sich allerdings offenbar auf eine Art Grauzone. So sei die Änderung der Geschäftsordnung wie in diesem Fall eben keine Koalitionsarbeit und daher auch kein Bruch des Unvereinbarkeitsbeschlusses.
Das sieht mancher Experte durchaus anders. Michael Bröcker, Chefredakteur des Mediums Table.Media schrieb etwa auf X, der „Unvereinbarkeitsbeschluss zur Linken ist de facto ausgesetzt“. Ob es nun unter die Definition einer Koalition oder ähnlicher Form der Zusammenarbeit fällt, dürfte Auslegungssache bleiben. Die Brisanz ist allerdings nicht abzustreiten. Zum einen, da Merz bereits mit der gemeinsamen Abstimmung mit der AfD zum Migrationsgesetz vor einigen Monaten Vorwürfe erhielt, er würde sich eben nicht an die eigene Parteilinie der CDU halten.
Info aus Linken-Parteikreisen: Merz-Union weicht Unvereinbarkeitsbeschluss zu Linken auf
Zum anderen, weil sich Berichte mehren, dass Merz tatsächlich eine Art Pakt mit der Linken getroffen habe. Wie FR.de von IPPEN.MEDIA aus Parteikreisen der Linken erfuhr, redete auf einmal niemand mehr über den Unvereinbarkeitsbeschluss bei der Union. Und das alles nur, weil Merz am Dienstag noch gewählt werden wollte. Man gehe davon aus, dass die Union das keine vier Jahre lang so durchziehen wird können. Die Union werde anerkennen müssen, dass es ohne eine Linke bei den Mehrheitsverhältnissen nicht geht. Auch Journalist Tilo Jung schrieb auf X von einem entsprechenden Deal zwischen Linken und Union.
Historische Momente bei der Kanzlerwahl von Friedrich Merz
Merz‘ Entscheidung, auch diese Grenze aufzuweichen, um ein weiteres Debakel zu verhindern, birgt definitiv Potenzial für neuen Ärger, auch parteiintern. In der Union ist man daher vorab bereits um Glättung der Wogen bemüht. Man hätte für die nötige Zweidrittelmehrheit eben mit den Linken sprechen müssen, betonte Alexander Dobrindt, designierter Innenminister der CSU. „Ob einem die politische Farbe jetzt passt oder nicht“, fügte er hinzu. Daher sei es richtig gewesen, das Gespräch mit ihnen zu suchen.
Unvereinbarkeitsbeschluss mit Linken auf der Kippe? Dobrindt verteidigt Entscheidung
In gewisser Weise bestätigte er allerdings, dass man den Beschluss wohl auch in Zukunft bei Bedarf aufweichen wird. Mit Blick auf den Unvereinbarkeitsbeschluss der CDU mit der Linken sagte Dobrindt bei ntv, dieser sei „vor langer Zeit“ gefasst worden. In der jetzigen Situation sei es richtig gewesen, „einen Anruf bei den Linken“ zu tätigen. „Da, wo Zweidrittelmehrheiten gebraucht werden, wird man das auch in Zukunft tun.“