Neue Bundesregierung
„Mehr Frauen als Männer im Kabinett“ – Prominente Unions-Politikerinnen zu Frauenquote
VonMoritz Maierschließen
Andreas Schmidschließen
Von der Koalition aus Union und SPD fordern manche ein paritätisches Kabinett. Die Männer Merz, Linnemann sowie Söder lehnen ab. Und die Frauen?
Berlin – Union und SPD befinden sich nach der Bundestagswahl in intensiven Gesprächen über eine neue Regierung. Erst die inhaltlichen Fragen, dann die Personalentscheidungen, lautet das übliche Motto. Im Hintergrund wird aber selbstverständlich schon eifrig ausgeklügelt, wer die begehrten Ministerposten bekommt. Gerade bei der CDU und CSU sind Frauen in der ersten Reihe derzeit selten zu sehen, Männer dominieren Bühnen und Verhandlungsrunden. Unsere Redaktion hat deshalb bei prominenten Unions-Politikerinnen nachgefragt: Sollte das neue Kabinett paritätisch besetzt werden und sollte die Union selbst gleich viele Frauen wie Männer ins Rennen schicken?
Frauen bei CDU und CSU gegen fixe Parität in nächster Bundesregierung
Die stellvertretende CDU-Generalsekretärin Christina Stumpp ist von einer paritätischen Besetzung zwischen Männern und Frauen als Selbstzweck wenig überzeugt: „Ich halte es für wichtig, dass die Besetzung in einem künftigen Bundeskabinett auf Grundlage von Kompetenz, Erfahrung und Qualifikation erfolgt. Die Sicherstellung einer paritätischen Besetzung allein nach Geschlechtern berücksichtigt meiner Meinung nach nicht ausreichend, dass die beste Eignung und Leistung im politischen und gesellschaftlichen Interesse im Vordergrund stehen“, sagt Stumpp dieser Redaktion und verweist darauf, dass allein das Geschlecht nicht das entscheidende Kriterium sein dürfe. „Grundsätzlich, auch außerhalb der Politik, müssen Frauen und Männer aber die gleichen Chancen haben, sich nach ihren Fähigkeiten und Talenten zu beweisen – im Idealfall ohne, dass eine Quote oder geschlechterspezifische Vorgaben notwendig sind.“
Auch Dorothee Bär, stellvertretende Fraktionsvorsitzende der CDU/CSU im Bundestag, spricht nicht von einer vorher festgelegten Quote. „Es braucht starke Frauen in der Politik. Ich bin mir sicher, dass sich dies auch im nächsten Kabinett abbilden wird“, sagt Bär dieser Redaktion. Bär ist eine hoch gehandelte Anwärterin auf einen Ministerposten in der neuen Bundesregierung. Auch CDU-Schatzmeisterin Julia Klöckner rechnen Beobachter Chancen auf eine wichtige Rolle zu. Ähnlich wie Bär hält sich Klöckner während der laufenden Verhandlungen bedeckt, verweist darauf, dass der Fokus derzeit auf den Sondierungsgesprächen liege. „Erst wenn wir auf der inhaltlichen Ebene klare Fortschritte erzielt haben, wird es der richtige Zeitpunkt sein, um intern über konkrete Personalbesetzung zu sprechen.“ Ähnlich argumentiert auch die stellvertretende CDU-Vorsitzende Silvia Breher im Interview mit dieser Redaktion: „Die Diskussion über Aufteilung und Besetzung der Ministerien werden wir zu gegebener Zeit führen. Und für mich gehören selbstverständlich Frauen und Männer gleichermaßen dazu.“
Serap Güler, Bundestagsabgeordnete und eine prominente Stimme in der Union, spricht ebenfalls nicht von einer Quote. Deutschland habe von starken Frauen in der Regierung immer profitiert – gerade aus der CDU. „Friedrich Merz hat selbst betont, wie wichtig Leistung und Verantwortung sind, und dass starke Frauen in der Union immer ihren Platz haben.“ Leistung brauche Sichtbarkeit. Die Union habe genug qualifizierte Frauen, die Verantwortung übernehmen können und wollen. „Also geht es nicht um Quoten, sondern darum, gute, verantwortungsbewusste Politik sicherzustellen. In diesen Zeiten wichtiger denn je.“
Neue Bundesregierung: fachliche Eignung schlägt Geschlecht
Frauen in hohen Ämtern gerne – aber nur, wenn sie auch fachlich die bestgeeigneten dafür sind, lautet wohl das Kredo der Union. Zwar gibt es bisher nur Gerüchte über mögliche Kabinettsbesetzungen, sonderlich viele Frauen stehen bei der CDU und CSU dafür aber nicht auf der Liste. Fehlt es also an der viel gepriesenen Kompetenz? Hessens CDU-Fraktionsvorsitzende Ines Claus widerspricht: „Die CDU Deutschland hat viele hochkompetente und starke Frauen. Und für die Besetzung eines Kabinetts sollte das Geschlecht nicht gänzlich außen vorgelassen werden, das wichtigste sollte aber die Qualität und die persönliche und fachliche Eignung der Kandidaten sein.“
Geschlechterquoten seien für sie nur der zweitbeste Weg. „Deswegen schließe ich mich Friedrich Merz an, dass es danach auch mehr Frauen als Männer im Kabinett geben könnte“, so Claus, die betont, dass sie selbst ein Beispiel für die Vereinbarkeit von Familie mit drei Kindern und einem herausfordernden Beruf sei. Dass in der nächsten Bundesregierung tatsächlich mehr Frauen als Männer sitzen, darf bei der aktuellen Personalsituation von Union und SPD aber wohl bezweifelt werden.
Bei CDU, CSU und SPD spielen Frauen für Ministerposten eine Nebenrolle
Eine offensive Forderung nach Geschlechterparität kommt von wichtigen Frauen in der Union also nicht. Klarer dagegen wird Saskia Ludwig, neu gewählte Bundestagsabgeordnete aus Brandenburg. „Das neue Kabinett muss unsere Gesellschaft widerspiegeln. Dazu gehört, dass wir selbstverständlich fachlich qualifizierte Frauen mit entsprechender Expertise entsenden. Ebenso müssen Ostdeutsche am Kabinettstisch vertreten sein – Menschen, die die Sprache der Ostdeutschen sprechen und ihre Anliegen verstehen“, so Ludwig, die zuletzt für Aufsehen sorgte, weil sie sich vor der Bundestagswahl gegen eine Brandmauer zur AfD ausgesprochen hatte. Jetzt unterstützt sie die Verhandlungen mit der SPD.
Ein gleiches Verhältnis von Frauen und Männern bei unionsgeführten Ministerposten gilt als sehr unwahrscheinlich. In der Fraktion liegt der Frauenanteil bei CDU/CSU lediglich bei 23 Prozent. Wie sich der potenzielle sozialdemokratische Koalitionspartner aufstellt, ist noch unklar. Im künftigen Bundestag liegt der Frauenanteil der SPD mit 41 Prozent höher – ein paritätisches Kabinett wird damit aber wohl nicht realistischer.
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