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CDU-Vize Breher zu Koalitionsverhandlungen:„Familienministerium bei uns in besten Händen“
VonAnne-Christine Merholz
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SPD und die Union treffen sich zu ersten Gesprächen nach der Bundestagswahl. Im Interview erklärt CDU-Vize Silvia Breher, worauf es jetzt ankommt.
Fünf Tage nach der Bundestagswahl nehmen Union und SPD heute (Freitag, 28. Februar) Sondierungen für eine schwarz-rote Bundesregierung auf. Bei dem Treffen dürfte es darum gehen, erste grobe Linien und einen Zeitplan für die Koalitionsverhandlungen abzustecken. Der Druck ist auf die SPD und CDU hoch, denn politisch ist wegen der Wahlergebnisse nur Schwarz-Rot als Zweierkoalition möglich. Allerdings hatte die SPD bereits betont, dass es keinen Automatismus für eine gemeinsame Regierung geben werde. Besonders hatte man sich über die kleine Anfrage der Union zu den NGOs geärgert und das auch deutlich gemacht. Silvia Breher, familienpolitische Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion und stellvertretende Bundesvorsitzende der CDU, gibt im Interview mit der Frankfurter Rundschau einen Ausblick auf die Verhandlungen.
Frau Breher, haben Ihren Wahlkreis mit mehr 45 Prozent der Erststimmen gewonnen und liegen damit deutlich über dem Gesamtergebnis Ihrer Partei. Woran liegt das?
Silvia Breher: Das liegt tatsächlich an meinem Wahlkreis, in dem wir als Union sehr breit aufgestellt sind. Wir haben eine sehr aktive Parteiarbeit vor Ort und stellen viele Bürgermeister und die beiden Landräte im Oldenburger Münsterland. Aber auch bei mir ist die AfD die Partei, die stark zu nimmt. Das ist etwas, was mir wirklich, wirklich Sorgen macht, weil wir deren Wählerinnen und Wähler gar nicht erreichen. Sie müssen wir wieder abholen. Das ist der eigentliche Auftrag.
Das Ziel war 30 Prozent plus X. Das ist nicht geschafft worden. Warum hat die Union nicht mehr vom Ampel-Aus profitiert?
Noch am Wahltag haben 54 Prozent der Wählerinnen und Wähler laut Umfragen gesagt, dass vor allem die Union dafür mitverantwortlich sei, dass in den letzten Jahren so viele Migranten nach Deutschland gekommen sind. Das war das Top-Thema im Wahlkampf und beschäftigt auch die AfD-Wählerinnen und Wähler. Und wenn mehr als die Hälfte der Wähler unsere Mitverantwortung darin sehen, dann sind wir für sie nicht die Lösung, sondern Teil des Problems. Insofern haben wir als Union in dieser Gemengelage ein gutes Ergebnis erzielt und nach nur drei Jahren in der Opposition die Wahl deutlich gewonnen.
Der AfD-Wahlsieg in Ostdeutschland: „Menschen haben zunehmend das Vertrauen in die Politik verloren“
Ein Blick auf die AfD-Ergebnisse im Osten, das ist nochmal deutlich anders als im Westen. Wie kann die CDU die AfD als stärkste Kraft wieder ablösen?
Die Menschen haben zunehmend das Vertrauen in die Politik verloren. Das gewinnen wir nur zurück, wenn wir die Probleme lösen, über die zuhause am Küchentisch gesprochen werden.
Das sind?
Das ist natürlich das Thema der irregulären Migration, das ist aber vor allem die wirtschaftliche Lage in unserem Land und auch der seit drei Jahren andauernde Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine. Und das heißt auch, die Angst vor Krieg, die Menschen in unterschiedlichem Maß empfinden, ernst zu nehmen.
Die wahrscheinlichste Koalition ist ein schwarz-rotes Bündnis. Allerdings sagt die SPD, dass es keinen Automatismus gibt. Wie beurteilen Sie das?
Die SPD hat ein unglaublich schlechtes Ergebnis eingefahren und steht politisch vor einer Zäsur. Sie müssen sich jetzt erst einmal sortieren. Insofern ist völlig klar, dass sie so kurz vor der Hamburg-Wahl auf die Bremse treten. Aber wenn wir sehen, wie ehemalige Hochburgen der SPD inzwischen von der AfD gewonnen werden, dann müsste es im eigenen Interesse der SPD sein, dass wir unser Land wieder in den Griff bekommen. Und das kann nur mit einer guten Regierungspolitik gelingen, Opposition ist dafür keine Option.
„Keinen großen inhaltlichen Dissens“ bei SPD und Union beim Migrationskurs
Inwieweit muss da auch die Union von ihrem ursprünglichen Migrationskurs abweichen, wo muss die Union der SPD entgegenkommen?
Gerade beim Thema Zustrombegrenzung sehe ich keinen großen inhaltlichen Dissens und auch die Beschlüsse der Ministerpräsidentenkonferenzen sind eindeutig – wir brauchen einen neuen Kurs in der Migrationspolitik.
Wen holt Friedrich Merz in sein Kabinett? Diese Minister stehen bereit
Entscheidend ist erstmal, dass wir ein gemeinsames Verständnis davon entwickeln, was die Probleme in diesem Land sind. Wenn wir beim Thema Migration, aber auch beim Thema Industrie und Arbeitsplätze und beim Thema Wirtschaftsstandort und Energiepolitik auf einen Nenner kommen, dann werden wir auch gute Lösungen hingekommen.
Ein weiterer Blick nach vorne: Wird ein neues, schwarz-rotes Kabinett zur Hälfte aus Frauen und Männern bestehen?
Alles hat seine Reihenfolge. Die ersten Gespräche laufen gerade erst an. Die Diskussion über Aufteilung und Besetzung der Ministerien werden wir zu gegebener Zeit führen. Und für mich gehören selbstverständlich Frauen und Männer gleichermaßen dazu.
Ein Unionsgeführtes Familien-Ministerium: „Ich würde mir das wünschen“
Nachwahl-Befragungen haben gezeigt, dass weniger Frauen die Union gewählt haben als sonst. Friedrich Merz wird nachgesagt, dass er familienpolitisch oder bei Frauenthemen wenig Expertise hat …
Sein Privatleben aber auch seine Arbeit zeigen ein völlig anderes Bild. Aus den vergangenen drei Jahren als familienpolitische Sprecherin der CDU/CSU-Fraktion, kann ich sagen, dass er hinter allen familienpolitischen Themen stand, die wir auf die politische Agenda gebracht haben - vom Sexkaufverbot über das Gewalthilfegesetz bis zum gestaffelten Mutterschutz nach Fehlgeburten. Und beim Thema Wirtschaft und Produktivität geht es auch darum, wie die Rahmenbedingungen für Familien verbessert werden können. Hier steht die Vereinbarkeit von Familie und Beruf im Vordergrund, also um Mütter und Väter. Damit sind wir bei Kinderbetreuung, bei Absetzbarkeit von Kinderbetreuungskosten und bei einer Politik, die Eltern eine Vereinbarkeit und Frauen eine Karriere ermöglichen. All das teilt Friedrich Merz, da ziehen wir inhaltlich am selben Strang.
Wäre es sinnvoll, dass die Union das Familienministerium übernimmt?
Wir sind eine Familienpartei und haben so wichtige familienpolitische Meilensteine wie den Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz oder das Elterngeld auf den Weg gebracht. Ich würde mir das wünschen, denn mit unserer Erfahrung und unserem Engagement wäre das Familienministerium bei uns in besten Händen.
Und dann mit Ihnen dann als Familienministerin?
Es geht jetzt nicht um Namen, sondern um das große Ganze. Und darum, dass wir mit einer stabilen und verlässlichen Bundesregierung gute Politik für unser Land machen.