Brigade bis 2027 gefechtsbereit
Scholz besucht Litauen: Kanzler sichert dem Baltikum den Schutz vor Russland zu
VonRebecca Fulleschließen
Olaf Scholz besucht die drei baltischen Staaten und betont dabei den Zusammenhalt zum Schutz vor Russland. Aber der Kanzler hat noch weitere Pläne.
Litauen – Kanzlerbesuch im Baltikum: Olaf Scholz ist am Montag (6. Mai) nach Litauen gereist, um dort zu bekräftigen, dass Deutschland Estland, Lettland und Litauen mit schützen wird. „Deutschland steht unverrückbar an der Seite der baltischen Staaten“, sagte Scholz nach einem Gespräch mit dem litauischen Präsidenten Gitanas Nauseda auf dem Truppenübungsplatz Pabrade. Das berichten die Nachrichtenagenturen AFP und dpa.
Scholz zu Besuch in Litauen: Schutz vor der Bedrohung durch Russland
Die gemeinsame Nato-Mitgliedschaft sorge dafür, „dass wir einander Schutz gewähren und dass sich alle Staaten darauf verlassen können, dass wir jeden Zentimeter ihres Territoriums verteidigen werden“, sagte Scholz. „Das ist ein ernsthaftes Engagement. Wir sind einander verpflichtet.“
Litauen liegt an der Ostflanke der Nato. Die ehemalige Sowjetrepublik, die 2004 dem westlichen Militärbündnis beigetreten ist, grenzt an Russland und an Moskaus Verbündeten Belarus.
Deutschland steht unverrückbar an der Seite der baltischen Staaten.
Sicherheitspolitisch stehen die baltischen Staaten durch ihre Nähe zu Russland derzeit besonders im Fokus, wie dpa berichtet. Seit dem russischen Angriff auf die Ukraine ist Scholz bereits mehrfach im Baltikum gewesen, um der Region öffentlich Solidarität zu versichern. Russland könnte, so die Befürchtung der Regierungen in Litauen, Estland und Lettland, nach dem Angriffskrieg gegen die Ukraine auch die Nato testen und in wenigen Jahren dafür die militärischen Voraussetzungen schaffen.
Scholz verwies auf die in Litauen stationierte Nato-Kampfgruppe Enhanced Forward Presence (EFP). Deutschland leitet die multinationale Truppe zur Sicherung der Ostflanke des Bündnisses. Zudem plant Deutschland die dauerhafte Stationierung von rund 4800 Soldatinnen und Soldaten sowie rund 200 zivilen Kräften in Litauen.
„Das ist etwas, was mit großem Tempo vorangeht und wofür wir uns auch einsetzen, was aber sicherlich das bedeutendste Zeichen dafür ist, dass uns das wichtig ist und es nun gelingen wird“, sagte Scholz. Anfang April war ein Vorkommando der Bundeswehr nach Litauen gereist, um den Aufbau der Kampfbrigade vorzubereiten. Bis 2027 soll der Verband einsatzfähig sein.
Kanzler reist noch nach Lettland und Estland
Nauseda lobte die Fortschritte bei der Stationierung der Brigade. „Aber unser strategisches Sicherheitsumfeld erfordert ein noch schnelleres Tempo“, sagte er mit Blick auf den Krieg in der Ukraine. Der schnellstmögliche dauerhafte Einsatz der Brigade habe für Litauen „absolute Priorität“.
Scholz wollte sich in Litauen außerdem bei einem Truppenbesuch der dort stationierten 10. Panzerdivision der Bundeswehr ein Bild von der Nato-Übung „Quadriga 24“ machen.
Nato-Übung „Quadriga 24“
Das Bündnis reagiert mit einer ganzen Übungsserie namens „Steadfast Defender“ auf die neue sicherheitspolitische Lage. Die Serie ist nach Angaben der Bundesregierung das größte Nato-Manöver seit dem Ende des Kalten Krieges vor rund 35 Jahren. Das berichtet dpa.
Insgesamt werden dafür rund 90.000 Soldaten mobilisiert, die die Alarmierung nach dem Bündnisfall, das Verlegen großer Truppenteile und die Abwehr eines Angreifers im Gefecht üben. Deutschland beteiligt sich mit 12.000 Bundeswehrsoldaten und mehreren eigenen Übungen unter dem Namen „Quadriga“ über fünf Monate an dem Großmanöver – unter anderem auch zusammen mit litauischen und französischen Kräften.
Kanzler Olaf Scholz und der litauische Präsident Gitanas Nauseda ließen sich am Montag (6. Mai) auf einem Schützenpanzer auf einen Hügel oberhalb des größten Truppenübungsplatzes Litauens bringen. Dort erlebten sie eine Gefechtsübung mit scharfer Munition und ließen sich verschiedene Gefechtssituationen erläutern.
Am Nachmittag fliegt der Kanzler nach Riga weiter, wo er zunächst die lettische Ministerpräsidentin Evika Silina zu einem Zweiergespräch trifft. Im Anschluss ist ein Treffen mit Silina, der estnischen Ministerpräsidentin Kaja Kallas und Litauens Regierungschefin Ingrida Simonyte geplant.
Der Zusammenhalt mit dem Baltikum und der Schutz vor Russland seien große Themen. Durch das aggressive Auftreten Russlands hat die Bundesregierung laut Meldung in Litauen begonnen, „einen gefechtsbereiten und eigenständig handlungsfähigen Kampfverband in das Land zu verlegen.“ Bis 2027 soll die deutsche Brigade in Litauen gefechtsbereit sein.
Suwalki-Lücke der Nato als möglicher Ort für Kämpfe zwischen Russland und der Nato
Der Truppenübungsplatz Rudninkai – unweit der Grenze zu Belarus – soll nach Angaben der Litauer neuer Dienstort für die meisten der deutschen Soldaten werden. Die übrigen sollen in Rukla im Zentrum von Litauen stationiert werden. Ein Vorkommando aus Experten für Logistik, IT oder Infrastruktur ist seit April im Land.
Litauen grenzt an das mit Russland verbündete Belarus sowie an Russlands Ostsee-Enklave Kaliningrad. Zwischen beiden Ländern verläuft von Litauen ein schmaler Landkorridor westlich nach Polen – die sogenannte Suwalki-Lücke der Nato, um die es im Falle eines Angriffs zu Kämpfen kommen könnte, wie dpa schreibt.
Die Sorge: Russland könnte mit einem Vorstoß dort die Baltenstaaten von den übrigen Nato-Ländern abschneiden und so den Verteidigungswillen des Westens testen. Deutschlands Truppenstationierung ist für die Litauer eine gewünschte Rückversicherung der Nato-Beistandsverpflichtung.
Nauseda dankte Scholz für den Beitrag zur Stärkung der litauischen Verteidigung. „Wir wissen diese Entscheidung sehr zu schätzen und sind als Gastland bereit, die bestmöglichen Bedingungen für die deutschen Soldatinnen und Soldaten und ihrer Familien auf unserem Boden zu schaffen“, versicherte er.
Mit Interesse wird verfolgt, ob und wie die Litauer mit der Schaffung der zugesagten Infrastruktur vorankommen. Dabei geht es um Militärgelände und Kasernen, wie auch Wohnungen und Häuser. Leben sollen die Soldaten und ihre Familien in Vilnius und Kaunas, wo jeweils eine Schule und ein Kindergarten aufgebaut werden soll, heißt es weiter bei dpa.
Welche Infrastruktur genau von der litauischen Seite bezahlt wird, ist laut Verteidigungsministerium aber noch nicht endgültig geklärt. Auch wie viele Familienangehörige nach Litauen mitgehen könnten, ist gegenwärtig noch unklar.
Investitionen von sechs bis neun Milliarden Euro für die Brigade
Gleiches gilt für die Finanzierung aus dem Bundeshaushalt. Für den Aufbau einer gefechtsbereiten Brigade sei mit Rüstungsinvestitionen von sechs bis neun Milliarden Euro zu rechnen, heißt es im Verteidigungsministerium. Insgesamt soll sie elf Milliarden Euro kosten. Ein Großteil davon werde für Großwaffensysteme benötigt.
Außerdem sei ab 2027 mit jährlichen Betriebskosten von rund 800 Millionen Euro zu rechnen. Aktuell laufen Haushaltsverhandlungen der Ministerien mit Finanzminister Christian Lindner, bei denen die Etats für das kommende Jahr und die mittelfristige Planung festgezurrt werden.
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