„Es wird sowieso passieren“

Misstrauensantrag gegen Netanjahu – Israels Oppositionsführer fordert Neuwahlen

  • VonKilian Beck
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Proteste vor seinem Haus und im Parlament. Der innenpolitische Druck auf Israels Premier Netanjahu steigt. Oppositionsführer Lapid fordert Neuwahlen.

Tel Aviv – Israels rechtskonservativer Ministerpräsident Benjamin Netanjahu gerät innenpolitisch unter Druck. Nach Protesten vor Netanjahus Privathaus am Sonntag (21. Januar) forderte der liberale Oppositionsführer Jair Lapid am Montag (22. Januar) Neuwahlen. „Es wird sowieso passieren“, drohte Lapid. „Es kann noch einen Monat dauern oder zwei. Aber am Ende es wird kommen“, sagte Lapid weiter. Es gebe genug Mitglieder in Netanjahus Koalition, „die es nicht mehr aushalten können“. Die Sozialdemokratin Merav Michaeli beantragte ein Misstrauensvotum. Seit Beginn des Kriegs in Israel regiert Netanjahu gegen die Mehrheit der Israelis.

Angehörige der Geiseln demonstrierten am Wochenende vor Ministerpräsident Netanjahus Haus.

„Schäm dich“, riefen die Demonstranten vor Netanjahus Haus, berichtete das Portal Times Of Israel. „Wir fordern, dass die Regierung die Fehler des 7. Oktobers heilt“, sagte Jon Polin, der Vater des 23-jährigen Hersh Goldberg-Polin, der vom Supernova-Festival verschleppt wurde. Bereits kurz nach den Massakern der islamistischen Hamas in Südisrael hielten gut 60 Prozent der Israelis Netanjahu in Umfragen für „ungeeignet“ sein Amt auszuüben. In einer Umfrage des konservativen Boulevardblatts Ma‘ariv sahen 80 Prozent ihn als Mitverantwortlichen an den Massakern, bei denen mehr als 1000 Israelis ermordet wurden.

Umfragen: Netanjahu rauscht ab – Benny Gantz im Aufwind

Laut neuesten Umfragen hätte Netanjahus ultrarechte Koalition bei Neuwahlen massive Einbußen zu befürchten. Der israelische TV-Sender Kanal 13 berichtete am Sonntagabend, laut einer Meinungsumfrage würde die Koalition, die bei der letzten Wahl vor gut einem Jahr auf 64 von 120 Sitzen im Parlament gekommen war, nur noch 46 Mandate erhalten. Netanjahus Likud-Partei würde anstatt 32 Mandaten nur noch 16 bekommen und wäre damit nicht mehr die stärkste Partei. Auf Platz eins käme dagegen mit großem Abstand und 37 Mandaten die Partei von Benny Gantz, gegenwärtig Minister im Kriegskabinett. Auch Lapids Zukunftspartei würde demnach verlieren und käme statt auf 24 nur noch auf 14 Sitze.

Minister fordert Neuwahlen – Netanjahu will bis Kriegsende im Amt bleiben

Am Donnerstag forderte auch Gantz‘ Parteifreund Gadi Eisenkot, ebenfalls Minister im Kriegskabinett, Neuwahlen in den „nächsten Monaten“. Das sei nötig, um „Vertrauen zurückzugewinnen“, zitiert in ihn das Portal Times Of Israel. Als Demokratie müsse sich Israel fragen, wie es weitergehen soll, wenn die Führung so „versagt“. Netanjahu lehnte Neuwahlen demnach vor Kriegsende kategorisch ab. Gantz, Eisenkot, Lapid, Michaeli und Hunderttausende Israelis warfen Netanjahu vor dem Krieg bereits den Abbau von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in Israel vor. Die Demonstrationen waren die größten, die das Land je erlebt hatte. Anfang Januar wurde ein Kernstück der Justizreform, mit der Netanjahu das Oberste Gericht aushebeln wollte, von Letzterem einkassiert.

Bilder zeigen, wie der Krieg in Israel das Land verändert

Massive Raketenangriffe aus Gazastreifen auf Israel
Am 7. Oktober 2023 feuern militante Palästinenser aus dem Gazastreifen Raketen auf Israel ab. Die im Gazastreifen herrschende islamistische Hamas, die von Israel, der EU und den USA als Terrororganisation eingestuft wird, hatte den Beginn einer „Militäroperation“ gegen Israel verkündet. © Hatem Moussa/ dpa
Massive Raketenangriffe aus Gazastreifen auf Israel
Nach einem Raketenangriff aus dem Gazastreifen ist Rauch aus einem Wohnhaus zu sehen.  © Ilia Yefimovich/ dpa
Israelischer Soldat mit Hund im Israel Krieg
Ein israelischer Soldat geht mit seinem Hund zwischen Autos in Deckung.  © Ohad Zwigenberg/ dpa
Israelische Polizisten evakuieren Frau und Kind im Israel Krieg
Israelische Polizisten evakuieren eine Frau und ein Kind von einem Ort, der von einer aus dem Gazastreifen abgefeuerten Rakete getroffen wurde. © Tsafrir Abayov/ dpa
Militante Palästinenser fahren im Israel Krieg mit einem Pickup, auf dem womöglich eine entführte deutsch-israelische Frau zu sehen ist.
Militante Palästinenser fahren mit einem Pickup, auf dem möglicherweise eine deutsch-israelische Frau zu sehen ist, in den Gazastreifen zurück. Die islamistische Hamas hatte mitgeteilt, ihre Mitglieder hätten einige Israelis in den Gazastreifen entführt. © Ali Mahmud/ dpa
Massive Raketenangriffe aus Gazastreifen auf Israel
Angehörige der Feuerwehr versuchen, nach einem Raketenangriff aus dem Gazastreifen das Feuer auf Autos zu löschen. © Ilia Yefimovich/ dpa
Menschen suchen in Trümmern nach Überlebenden nach massive Raketenangriffen aus Gazastreifen auf Israel.
Menschen suchen zwischen den Trümmern eines bei einem israelischen Luftangriff zerstörten Hauses nach Überlebenden.  © Omar Ashtawy/ dpa
Verlassene Stätte des Festivals Supernova nach dem Angriff der Hamas
Bei dem Rave-Musikfestivals Supernova im israelischen Kibbuz Re’im sterben rund 270 Besucher:innen. So sieht die verlassene Stätte nach dem Angriff aus.  © JACK GUEZ / AFP
Feiernde Palästinenser nach Angriff der Hamas auf Israel
Palästinenserinnen und Palästinenser feiern in Nablus nach der großen Militäroperation, die die Al-Qassam-Brigaden, der militärische Flügel der Hamas, gegen Israel gestartet haben.  © Ayman Nobani/ dpa
Hamas-Großangriff auf Israel - Gaza-Stadt
Das israelische Militär entgegnete mit dem Beschuss von Zielen der Hamas im Gazastreifen. Nach einem Angriff steigen bei einem Hochhaus in Gaza Rauch und Flammen auf. © Bashar Taleb/ dpa
Mann weint in Gaza bei Israel Krieg
Ein Mann umarmt einen Familienangehörigen im palästinensischen Gebiet und weint.  © Saher Alghorra/ dpa
Israelischer Soldat im Israel Krieg steht neben Frau
Am 8. Oktober beziehen israelische Soldaten Stellung in der Nähe einer Polizeistation, die am Tag zuvor von Hamas-Kämpfern überrannt wurde. Israelische Einsatzkräfte haben dort nach einem Medienbericht bei Gefechten in der an den Gazastreifen grenzenden Stadt Sderot mehrere mutmaßliche Hamas-Angehörige getötet. © Ilan Assayag/ dpa
Nach Hamas Großangriff - Sa'ad
Israelische Streitkräfte patrouillieren in Gebieten entlang der Grenze zwischen Israel und Gaza, während die Kämpfe zwischen israelischen Truppen und islamistischen Hamas-Kämpfern weitergehen. © Ilia Yefimovich/ dpa
Palästinensisches Kind in einer Schule, die im Israel Krieg als Schutz dient
Ein palästinensisches Kind steht auf dem Balkon einer Schule, die von den Vereinten Nationen betrieben wird und während des Konfliktes als Schutzort dient.  © Mohammed Talatene/ dpa

Die sozialdemokratische Arbeitspartei beantragte noch am Montag ein Misstrauensvotum gegen die Regierung, weil es dieser bisher nicht gelungen ist, die mehr als 130 Geiseln im Gazastreifen freizubekommen. Die Parteivorsitzende Michaeli sprach von einer „kriminellen Regierung, die unsere Söhne und Töchter vernachlässigt hat, die seit 108 Tagen von der Hamas gefangengehalten werden“. (dpa/kb)

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