Israel im Krieg

Tod von Hamas-Führer: Israel-Angriff könnten Waffenruhe gefährden

  • Paula Völkner
    VonPaula Völkner
    schließen

Netanjahu hatte mehrfach angekündigt, die Hamas vollständig zerschlagen zu wollen. Ein Hamas-Funktionär wurde nun getötet. War es das mit den Waffenruhe-Verhandlungen?

Teheran – Zwei gezielte Tötungen in einer Nacht. In der Nacht auf Mittwoch (31. Juli) verkündete Israel, den Hisbollah-Kommandeur, Fuad Schukr, bei einem Angriff in Beirut getötet zu haben. Nach Angaben der Hamas soll Israel in derselben Nacht bei einem Luftangriff in Teheran den Auslandschef der Hamas, Ismail Hanija, getötet haben. Der Zeitpunkt der beiden Angriffe deutet darauf hin, dass es sich dabei um Israels angekündigte Antwort auf den Raketenangriff der Hisbollah auf die Golanhöhen handeln könnte.

Der Iran und die Hamas drohen bereits mit Vergeltung für den Tod des Hamas-Führers. In der Stellungnahme des militärischen Flügels der Terrorgruppe hieß es, der Anschlag auf Hanija werde große Auswirkungen auf die gesamte Region haben. Israel werde den Preis für die Tat bezahlen „an jedem Ort, den die Hände unserer Mudschahedin erreichen.“ Die Sorge vor einer weiteren Eskalation der Lage wächst.

Hisbollah-Kommandeur und Auslandschef der Hamas getötet: Auswirkungen auf Waffenruhe-Verhandlungen

Auch die Verhandlungen über eine Waffenruhe im Gaza-Krieg scheinen durch den Tod des Hamas-Funktionärs gefährdet. Israels Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu betonte mehrfach, dass die vollständige Zerschlagung der Hamas eine Voraussetzung für eine dauerhafte Waffenruhe sei.

Der politische Hamas-Chef Ismail Hanija ist nach Angaben der Terrororganisation bei einem israelischen Angriff in Teheran getötet worden (Archivbild)

Seit Monaten wächst der Druck auf Netanjahu für eine Feuerpause im Gazastreifen. Immer wieder liefen Verhandlungen ins Leere. Die Gespräche laufen bereits seit Monaten schleppend.

Israel-Angriff auf Hamas-Funktionär: Katar stellt Verhandlungen über Waffenruhe in Frage

Das Golfemirat Katar stellte nun nach dem Tod Hanijas die Verhandlungen infrage. „Politische Morde und wiederholte Angriffe auf Zivilisten im Gazastreifen während der Gespräche lassen uns fragen, wie kann man erfolgreich vermitteln, wenn eine Partei den Vermittler auf der anderen Seite ermordet?“, schrieb Katars Ministerpräsident Mohammed bin Abdulrahman Al Thani bei X.

Katar ist neben den USA und Ägypten ein wichtiger Vermittler bei Gesprächen über eine Waffenruhe im Gaza-Krieg. Hanija war als Hamas-Führer im Exil ein wichtiger Gesprächspartner bei den Verhandlungen um eine Waffenruhe. Zuletzt hatten Verhandlungen am vergangenen Wochenende in Rom stattgefunden. US-Beamten deuteten laut BBC-Bericht an, dass die Gespräche bald erfolgreich sein könnten. Mit der Tötung des Hamas-Funktionärs scheint unklar, ob und wie diese Gespräche fortgesetzt werden.

Politikwissenschaftler über Hanijas Tod: „Bemühungen um Waffenstillstandsvereinbarung untergraben“

Gegenüber Tagesspiegel sagte der Sicherheitsexperte, Hans-Jakob Schindler: „Grundsätzlich ist es aber im Interesse der Hamas, zu einem – wenn auch nur temporären – Waffenstillstand mit Israel zu kommen, um sich neu in Gaza aufzustellen.“ Nach einer Pause gehe der Sicherheitsexperte daher davon aus, dass die Gespräche wieder aufgenommen werden.

Anders ordnet Hasan Ayoub, Assistenzprofessor für Politikwissenschaften an der An-Najah-Universität in Nablus, die Lage ein. Ayoub gehe davon aus, dass sich die Tötung fatal auf die Gespräche über einen möglichen Waffenstillstand auswirken werden. Laut Al Jazeera-Bericht erwarte er, „dass die monatelangen diplomatischen Bemühungen um eine Waffenstillstandsvereinbarung im Gazastreifen untergraben werden“.

Guido Steinberg von der Stiftung Wissenschaft und Politik sagte gegenüber Tagesspiegel, dass vielmehr der Angriff auf einen hochrangigen Hisbollah-Kommandeur von großer Bedeutung für die Sicherheit der Region sei. Noch hat die Hisbollah Schukrs Tod nicht bestätigt. Die Milliz sei im Gegensatz zur Hamas jedoch „viel mächtiger und besitzt die militärischen Mittel, Israel schwer zu treffen“, erklärte Steinberg. „Bei jeder dieser Aktionen droht in den kommenden Wochen eine Eskalation“, sagte der Islamwissenschaftler.

Iran meldet Tod des Hamas-Führers und droht mit Vergeltung: „Gast in unserem Haus ermordet“

Von dem Tod des Hamas-Funktionärs berichtete die iranischen Nachrichtenagentur Tasnim, die den iranischen Revolutionsgarden (IRGC) nahe steht, in der Nacht auf Mittwoch. Hanija soll in der Nacht „von einem Gegenstand aus der Luft“ tödlich getroffen. Er habe sich in einer „speziellen Residenz“ im Norden der Hauptstadt befunden. Israel äußerte sich bislang nicht zu dem Angriff auf Hanija.

Bilder zeigen, wie der Krieg in Israel das Land verändert

Massive Raketenangriffe aus Gazastreifen auf Israel
Am 7. Oktober 2023 feuern militante Palästinenser aus dem Gazastreifen Raketen auf Israel ab. Die im Gazastreifen herrschende islamistische Hamas, die von Israel, der EU und den USA als Terrororganisation eingestuft wird, hatte den Beginn einer „Militäroperation“ gegen Israel verkündet. © Hatem Moussa/ dpa
Massive Raketenangriffe aus Gazastreifen auf Israel
Nach einem Raketenangriff aus dem Gazastreifen ist Rauch aus einem Wohnhaus zu sehen.  © Ilia Yefimovich/ dpa
Israelischer Soldat mit Hund im Israel Krieg
Ein israelischer Soldat geht mit seinem Hund zwischen Autos in Deckung.  © Ohad Zwigenberg/ dpa
Israelische Polizisten evakuieren Frau und Kind im Israel Krieg
Israelische Polizisten evakuieren eine Frau und ein Kind von einem Ort, der von einer aus dem Gazastreifen abgefeuerten Rakete getroffen wurde. © Tsafrir Abayov/ dpa
Militante Palästinenser fahren im Israel Krieg mit einem Pickup, auf dem womöglich eine entführte deutsch-israelische Frau zu sehen ist.
Militante Palästinenser fahren mit einem Pickup, auf dem möglicherweise eine deutsch-israelische Frau zu sehen ist, in den Gazastreifen zurück. Die islamistische Hamas hatte mitgeteilt, ihre Mitglieder hätten einige Israelis in den Gazastreifen entführt. © Ali Mahmud/ dpa
Massive Raketenangriffe aus Gazastreifen auf Israel
Angehörige der Feuerwehr versuchen, nach einem Raketenangriff aus dem Gazastreifen das Feuer auf Autos zu löschen. © Ilia Yefimovich/ dpa
Menschen suchen in Trümmern nach Überlebenden nach massive Raketenangriffen aus Gazastreifen auf Israel.
Menschen suchen zwischen den Trümmern eines bei einem israelischen Luftangriff zerstörten Hauses nach Überlebenden.  © Omar Ashtawy/ dpa
Verlassene Stätte des Festivals Supernova nach dem Angriff der Hamas
Bei dem Rave-Musikfestivals Supernova im israelischen Kibbuz Re’im sterben rund 270 Besucher:innen. So sieht die verlassene Stätte nach dem Angriff aus.  © JACK GUEZ / AFP
Feiernde Palästinenser nach Angriff der Hamas auf Israel
Palästinenserinnen und Palästinenser feiern in Nablus nach der großen Militäroperation, die die Al-Qassam-Brigaden, der militärische Flügel der Hamas, gegen Israel gestartet haben.  © Ayman Nobani/ dpa
Hamas-Großangriff auf Israel - Gaza-Stadt
Das israelische Militär entgegnete mit dem Beschuss von Zielen der Hamas im Gazastreifen. Nach einem Angriff steigen bei einem Hochhaus in Gaza Rauch und Flammen auf. © Bashar Taleb/ dpa
Mann weint in Gaza bei Israel Krieg
Ein Mann umarmt einen Familienangehörigen im palästinensischen Gebiet und weint.  © Saher Alghorra/ dpa
Israelischer Soldat im Israel Krieg steht neben Frau
Am 8. Oktober beziehen israelische Soldaten Stellung in der Nähe einer Polizeistation, die am Tag zuvor von Hamas-Kämpfern überrannt wurde. Israelische Einsatzkräfte haben dort nach einem Medienbericht bei Gefechten in der an den Gazastreifen grenzenden Stadt Sderot mehrere mutmaßliche Hamas-Angehörige getötet. © Ilan Assayag/ dpa
Nach Hamas Großangriff - Sa'ad
Israelische Streitkräfte patrouillieren in Gebieten entlang der Grenze zwischen Israel und Gaza, während die Kämpfe zwischen israelischen Truppen und islamistischen Hamas-Kämpfern weitergehen. © Ilia Yefimovich/ dpa
Palästinensisches Kind in einer Schule, die im Israel Krieg als Schutz dient
Ein palästinensisches Kind steht auf dem Balkon einer Schule, die von den Vereinten Nationen betrieben wird und während des Konfliktes als Schutzort dient.  © Mohammed Talatene/ dpa

Der oberste Führer des Irans, Ajatollah Ali Chamenei, kündigte infolge des Todes Vergeltung an. „Das kriminelle zionistische Regime (Israel) hat unseren Gast in unserem Haus ermordet“, wurde Chamenei auf seiner Website zitiert. „Es wird eine harte Bestrafung geben.“ Auch Experten rechnen mit einer Antwort des Iran. (pav/dpa)

Rubriklistenbild: © Mohammed Zaatari/AP/dpa