Hat für Parteichef Friedrich Merz einen kleinen Sieg errungen: Thomas Heilmann (CDU) stoppte mit seiner Klage in Karlsruhe das Heizungsgesetz.
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Hat für Parteichef Friedrich Merz einen kleinen Sieg errungen: Thomas Heilmann (CDU) stoppte mit seiner Klage in Karlsruhe das Heizungsgesetz.

„Habe der Ampel einen Gefallen getan“

Heizungsgesetz gestoppt: Was treibt CDU-Kläger Thomas Heilmann an?

  • Jens Kiffmeier
    VonJens Kiffmeier
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Ein Mann, ein Urteil: Mit seiner Klage hat Thomas Heilmann das Heizungsgesetz im Alleingang gestoppt. Doch wer ist der Widersacher von Habeck? Ein Porträt.

Berlin – Chef der Klimaunion, reicher Unternehmer, Ex-Senator: Thomas Heilmann (CDU) hat viele Gesichter. Doch eines ist er nicht: ein Lobbyist für fossile Energien. Trotzdem hat er mit einem Eilverfahren vor dem Verfassungsgericht das umstrittene Heizungsgesetz vorerst zu Fall gebracht – und damit ein politisches Erdbeben in der deutschen Hauptstadt ausgelöst. Dass er mit seiner Klage weitgehend alleine und ohne Unterstützung der Partei handelte, scheute ihn nicht. Skandalen ist der 58-Jährige noch nie aus dem Weg gegangen.

Politiker: Thomas Heilmann (CDU)
Beruf:MdB und Jurist
Familienstand:Lebensgefährtin, vier Kinder
Wohnort:Berlin-Zehlendorf

Heizungsgesetz mit Klage gestoppt: Wer ist Thomas Heilmann?

Von der Richtigkeit seines Handels ist Thomas Heilmann jedenfalls fest überzeugt. Daran ließ er wenige Stunden nach dem Urteil aus Karlsruhe keinen Zweifel. Er habe mit seiner Klage gegen das Heizungsgesetz von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) der Ampel einen „Gefallen getan“, sagte er der Nachrichtenagentur dpa. Denn auch nach der Verabschiedung des Vorhabens im Bundestag sei eine Verfassungsbeschwerde gekommen - und dann wäre das ganze Gesetz aufgehoben worden. „Das wäre für den Klimaschutz die allerschlechteste Lösung gewesen“, argumentiert Heilmann.

Eigentlich hatte der Bundestag am Freitag über das Heizungsgesetz in zweiter und dritter Lesung abstimmen sollen. Damit sollte ein monatelanger Ampel-Streit vor der Sommerpause beendet werden. Doch Heilmann zog mit einem Eilverfahren vor das Bundesverfassungsgericht und ließ die Abstimmung stoppen. Er machte geltend, dass die Abgeordneten nur eine knappe Woche Zeit hatten, um das Gesetz zu prüfen. Das Gericht gab ihm recht.

Aufruhr bei Twitter: Heilmann weist Nähe zur AfD zurück

Heilmann, der seit 2017 Bundestagsabgeordneter und Berliner Landesgruppenchef ist, reichte die Klage gegen das Heizungsgesetz alleine ein. Nur einige Abgeordnete der rechtspopulistischen AfD schlossen sich dem Eilverfahren an – was in den sozialen Netzwerken wie Twitter, Facebook und Instagram für Aufruhr sorgte. Heilmann bestätigte das und erklärte daraufhin, dass er versucht habe, dem zu widersprechen. Doch dies sei in der rechtlichen Praxis des Verfassungsgerichts nicht möglich gewesen, zitierte ihn die Nachrichtenagentur dpa.

Nicht nur deswegen hatte Heilmanns eigene Partei dem Verfahren skeptisch gegenübergestanden. Wie die Rheinische Post berichtete, hatte der CDU-Politiker nicht die Rückendeckung der Fraktion. Dort habe man gefürchtet, dass das Gesetz bei einer Niederlage Heilmanns den höchstrichterlichen Stempel „Abgesegnet“ bekommen hätte und dadurch alle weiteren Versuche, die Grünen in den Wahlkämpfen an den Pranger zu stellen, torpediert werden könnte. Nichtsdestotrotz beeilten sich die führenden Fraktions- und Unionspolitiker am Donnerstag, die gewonnene Klage auszuschlachten und als Klatsche für die Ampel zu verkaufen.

Aufgewachsen in Dortmund: Thomas Heilmann lernte früh das Rebellentum

Auch ohne breite Rückendeckung war der Gang nach Karlsruhe für Heilmann richtig. Das Risiko hat er jedenfalls noch nie gescheut. Geboren und aufgewachsen in Dortmund, trat er bereits 1982 in die CDU ein. Im damals von der SPD geprägten Ruhrpott-Region sei das schon „radikale Opposition“ gewesen, schreibt Heilmann auf seiner Homepage, der Zeit seiner beruflichen Karriere nie so ganz in vorgefertigte Schubladen passen wollte.

Mit Lebensgefährtin und Kindern in Berlin: Heilmann machte als Unternehmer ein Vermögen

Nach seinem Jurastudium in Bonn, München und Harvard zieht es ihn ab 1990 nach Berlin. Dort lebt er bis heute zusammen mit seiner Lebensgefährtin und seinen vier Kindern. Der CDU-Politiker wird erfolgreicher Unternehmer, gründet unter anderem Firmen wie Xing, Antenne Sachsen oder die Energiebroker Ampere AG mit. Schnell sitzt er in diversen Aufsichtsräten und erlangt ein kleines Vermögen – ehe die damalige CDU-Generalsekretärin Angela Merkel auf den Durchstarter aufmerksam wird und ihn als ehrenamtlichen Internetberater in die Parteizentrale holt. Vorwürfe, dass er unternehmerische und politische Interessen vermische, weist er stets zurück.

Ungeachtet dessen macht er parallel im Berliner CDU-Landesverband Karriere. Als dort 2009 „neue Gesichter“ gesucht werden, um der alternden Partei der erfolgreichen und jovialen Wowereit-SPD etwas entgegenstellen zu können, steigt Heilmann in den CDU-Landesvorstand auf. Drei Jahre später, die CDU hat es als Juniorpartner in die Landesregierung geschafft, muss Justizsenator Michael Braun nach elf Tagen sein Amt niederlegen – und Heilmann springt ein.

Anders als viele andere CDU-Politiker hat Heilmann durch seine Unternehmertätigkeit eine Unabhängigkeit und nicht die gewöhnliche Ochsentour durch die Partei hinter sich. Er tritt anders auf, gilt als smart, jovial, spricht eine andere Sprache – und kann so neben Wowereit punkten. Doch 2016 ist Schluss. Bei der Landtagswahl 2016 rutscht die CDU in Berlin in die Opposition. Heilmann verliert Amt und Wahlkreis. Doch 2017 gelingt der Neustart im Bundestag.

Es geht nicht um den Inhalt: Der Chef Klimaunion will nur Zeit

Auf der bundespolitischen Bühne führte Heilmann bislang ein eher unbeachtetes Abgeordnetenleben. Für Aufmerksamkeit sorgt er, weil er als Unionspolitiker teilweise die Legalisierung von Cannabis befürwortet, die gleichgeschlechtliche Ehe fördert und seinen Wahlkampfbus in ein Corona-Testzentrum verwandelt. Ansonsten beschäftigt er sich als Abgeordneter im Ausschuss für Klimaschutz und Energie durchaus mit Umweltthemen. Mittlerweile ist er auch ehrenamtlicher Vorsitzender der Klimaunion, einem unionsnahen Verein, der die CDU und die CSU mit Klimakonzepten unterstützt, um die Pariser Klimaziele zu erreichen und die Erderwärmung auf 1,5-Grad zu begrenzen.

Vor diesem Hintergrund betonte Heilmann, dass es ihm bei seiner Klage nicht um den Inhalt des Heizungsgesetzes gegangen sei. Es gehe lediglich um den Zeitplan. Nach ausreichend Beratungszeit könne das Gesetz ja noch beschlossen werden, argumentiert er. Zeit, hat er den Abgeordneten jedenfalls verschafft. Nach einer Dringlichkeitssitzung verzichtete die Ampel-Koalition auf eine Sondersitzung in der parlamentarischen Sommerpause. Das Heizungsgesetz soll nun in einer regulären Sitzungswoche im September verabschiedet werden. (jkf)