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Georgien verbündet sich mit Putin – doch das Volk leistet Widerstand

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Die Georgier sind wütend auf die prorussische Regierung. Der Ukraine-Krieg führt zu einem Wandel in Georgien. Die Proteste könnten die Wahl beeinflussen.

  • Aktuell richten sich vermehrt Proteste gegen die georgische Regierung. Grund ist der Ukraine-Krieg.
  • Die Regierungspartei Georgischer Traum vermutet Kriegsabsichten Kiews gegenüber Georgien und richtet sich gegen den Westen.
  • Die schwierige Stellung Georgiens entstand aus einer Ambivalenz gegenüber Russland nach dem Kaukasuskrieg 2008.
  • Dieser Artikel liegt erstmals in deutscher Sprache vor – zuerst veröffentlicht hatte ihn am 7. Mai 2024 das Magazin Foreign Policy.

Tiflis – In Tiflis, auf einer Kopfsteinpflasterstraße neben dem georgischen Parlament, warnte eine weibliche Roboterstimme die Demonstranten, sich zu zerstreuen oder mit rechtlichen Schritten zu rechnen. Die Demonstranten hatten sich versammelt, um gegen die Wiedereinführung des umstrittenen Gesetzes über „ausländische Agenten“ durch die Regierungspartei Georgischer Traum zu protestieren.

Das Gesetz, das nach breiten Protesten vor einem Jahr zurückgezogen wurde, sieht vor, dass zivilgesellschaftliche Organisationen und Medien, die mehr als 20 Prozent ihrer Mittel aus dem Ausland, vor allem aus den Vereinigten Staaten und der EU, erhalten, sich als Agenten ausländischer Einflussnahme registrieren lassen müssen. Zehntausende sind auf die Straße gegangen und haben die Rücknahme des Gesetzes gefordert, das Georgien näher an Russland heranführen soll, das ein ähnliches Gesetz zur Unterdrückung abweichender Meinungen eingesetzt hat.

Vor allem aufgrund des sogenannten „russischen Gesetz“ protestierten zuletzt viele Menschen in Georgien.

Bröckelt die Macht vom Georgischen Traum? Proteste könnten Wahl im Oktober beeinflussen

In der Vergangenheit konnte sich die Partei Georgischer Traum durch eine Kombination aus Angstmacherei, Verunglimpfung der gespaltenen Opposition und diplomatischen Tauschgeschäften mit westlichen Verbündeten an der Macht halten. Diese einst erfolgreichen Strategien scheinen jedoch nachgelassen zu haben. Während die Partei ihre dritte Amtszeit antritt, sieht sie sich mit echten Protesten im In- und Ausland konfrontiert, die sie die Wahlen im Oktober kosten könnten.

Die umfassende Invasion in der Ukraine erschütterte das von der georgischen Regierung sorgfältig hergestellte Gleichgewicht zwischen Russland und dem Westen. In den letzten zwei Jahren sind Hunderttausende Georgier auf die Straße gegangen, um sich mit ihrer eigenen Regierung zu solidarisieren und gegen Moskau zu demonstrieren. An jeder Ecke in Tiflis sind die Worte „Fuck Putin“, „Russland ist ein Besatzer“ und „Georgien steht an der Seite der Ukraine“ an die Wände gemalt. In fast jeder Einrichtung, von Banken bis zu Bars, hängen ukrainische Flaggen.

Doch der Krieg in der Ukraine hat es dem georgischen Traum auch ermöglicht, die Angst der Öffentlichkeit für innenpolitische Zwecke auszunutzen – in einem Land, das von der Erinnerung an seine Kriege mit Russland gezeichnet ist und in dem russische Streitkräfte 20 Prozent seines Territoriums besetzen.

Georgiens Premier Iwanischwili beschuldigte Vorgänger für Krieg mit Russland

Im Jahr 2012 gewann der neue Premierminister Bidzina Iwanischwili die Wahlen, indem er seinem Vorgänger die Schuld am Krieg mit Russland im Jahr 2008 zuschrieb und sich selbst als Garant für die Stabilität mit Moskau positionierte. Iwanischwili, ein Milliardär, der sein Vermögen in Russland angehäuft hat, gilt weithin als die treibende Kraft hinter der derzeitigen Regierung.

Er stammt aus dem von Gangstern beherrschten Moskau der 1990er Jahre, einer Stadt, in der Gerissenheit und Zynismus der Weg zum Erfolg waren. „Ich kann nicht glauben, dass es Russlands Strategie ist, Nachbarländer zu erobern und zu besetzen“, sagte er 2013 in einem Fernsehinterview, als er Premierminister eines Landes war, das von Russland zweimal überfallen worden war.

Der Krieg in der Ukraine bot eine neue Chance. Seit Februar 2022 bezeichnete der georgische Traum die Opposition als „Kriegspartei“, beschuldigte den US-Botschafter, Tiflis zu drängen, sich in den Konflikt einzumischen, warf dem Westen vor, in Georgien eine zweite Front mit Russland eröffnen zu wollen, und beschuldigte die ukrainische Regierung, Georgien in den Krieg hineinziehen zu wollen.

Ukraine und Georgien entzweit – Georgien vermutet Kriegsabsichten

Das Verhältnis zwischen Tiflis und Kiew war bereits wegen der Verhaftung des ehemaligen georgischen Präsidenten Micheil Saakaschwili angespannt, der in sein Heimatland Georgien zurückgekehrt war, nachdem er der Regierung des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj angehört hatte. Heute ist die Lage nahezu aussichtslos. Die beiden Seiten haben sich scharfe Worte geliefert. Die Ukraine zog ihren Botschafter aus Georgien ab und verhängte Sanktionen gegen einige Mitglieder des inneren Kreises von Iwanischwili.

Bilder des Ukraine-Kriegs: Großes Grauen und kleine Momente des Glücks

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Der Krieg begann Ende Februar mit Angriffen Russlands auf zahlreiche Städte der Ukraine. Die Truppen aus Moskau nahmen frühzeitig auch Kiew, die Haupstadt des Landes, unter Raketenbeschuss. Eine der russischen Raketen wurde als Teil einer Ausstellung vor dem Nationalmuseum für Militärgeschichte platziert. Kurator Pavlo Netesov wollte nach eigener Aussage mit der Ausstellung der zerstörten Ausrüstung die Bewohnerinnen und Bewohner Kiews an die Straßenkämpfe erinnern, die in anderen Städte der Ukraine tobten, von denen die Hauptstadt aber verschont blieb. © Sergei Supinsky/afp
Wolodymyr Selenskyi in Donezk
Eine dieser Städte war Donezk. Im Mai 2022 besuchte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj die einstige Millionenmetropole und hörte sich dort den Bericht von Frontsoldaten an. In Donezk tobt der Krieg zwischen Russland und der Ukraine bereits seit 2014. Seitdem herrscht dort ein von Moskau installiertes Regime, das sich selbst Volksrepublik Donezk nennt. Nach einigen vorübergehenden Waffenstillstandsabkommen ist die Stadt im Südosten nun wieder Ort erbitterterte Kämpfe. © Uncredited/dpa
Menschen suchen Deckung in Lyssytschansk
Es ist vor allem die Zivilbevölkerung, wie diese beiden Kinder und Seniorinnen in Lyssytschansk, die unter dem Ukraine-Krieg leiden. Die Großstadt liegt mitten im Donbass, die seit Kriegsausbruch am schwersten umkämpfte Region in der Ukraine. Die Bewohnerinnen und Bewohner, die nicht fliehen oder konnten, müssen nun regelmäßig Schutz vor Artilleriebeschuss suchen. © Aris Messinis/afp
Tschassiw Jar, Kleinstadt der Ukraine in der Nähe Lyssytschansk
Unweit von Lyssytschansk liegt die Kleinstadt Tschassiw Jar. Dort räumen Arbeiter die Trümmer eines Hauses von der Straße, das von einer russischen „Hurrikan“-Rakete getroffen wurde. Im Juli 2022 feierte Russland vor allem in der Donbass-Region militärische Erfolge. Zahlreiche Städte und Gemeinden wurden erobert. Die Truppen Wladimir Putins schienen die Ukraine im Sturm zu erobern. © Anatolii Stepanov/afp
brennendes Weizenfeld in der Region Saporischschja
Dieser Mann in Militäruniform ist in einem brennenden Weizenfeld in der Region Saporischschja, während russische Truppen Felder beschießen, um die örtlichen Landwirte an der Getreideernte zu hindern. Die Ukraine auszuhungern und die Ernte zu stehlen, war von Anfang an Teil der russischen Strategie © Uncredited/dpa
Das sechsmonatige Jubiläum im August war ein trauriger Abschnitt im russischen Angriffs-Krieg
Das sechsmonatige Jubiläum des UKraine-Kriegs im August war ein trauriger Abschnitt der russischen Invasion. Doch die ukrainischen Streitkräfte leisteten mit Herz und allen Mitteln weiter Widerstand und feierten ihre Nation, wie hier mit Drohne und ukrainischer Flagge über dem „Monument des Mutterlands“ in Kiew. © Dimitar Dilkoff/afp
Hier wurde im September in der Stadt Kupiansk in der Kharkiv Region eine Brücke bombadiert
Im September begannen die Truppen Wladimir Putins, die Infrastruktur der ukrainischen Städte unter Beschuss zu nehmen. In der Stadt Kupiansk in der Region Kharkiw bombardierte Moskau eine Brücke. An vielen anderen Städten versuchten die russischen Streitkräfte, die Energieversorgung zu stören. © Yasuyoshi Chiba/afp
Statt eines kurzen Angriffskriegs, den der russische Präsident Wladimir Putin geplant hatte, dauert der Krieg immer noch an.
Weil die Erfolge in der Ukraine ausblieben, benötigten die russischen Truppen immer mehr Rekruten für die Front. Präsident Wladimir Putin verkündete deshalb eine Teilmobilisierung im eigenen Land. Tausende junger Männer mussten sich wie dieser Mann in der Stadt Kineschma von ihren Müttern verabschieden und in den Ukraine-Krieg ziehen. © Vladimir Smirnov/imago
Hier sieht man Putin bei einer Ansprache auf einem großen Screen auf dem Roten Platz anlässlich der Annexion von vier Regionen der Ukraine, die von russischen Truppen im September besetzt waren
Im Osten der Ukraine schuf Wladimir Putin Ende September Tatsachen. Vier Regionen des Landes, die zuvor ihre Unabhängigkeit erklärt hatten, wurden annektiert. Anlässlich der Gebietsgewinne richtete sich Putin in einer TV-Ansprache an die Bevölkerung Russlands. Zumindest auf dem Roten Platz in Moskau wurde Putins Rede frenetisch bejubelt. © Alexander Nemenov/afp
Nach der Explosion eines Lastwagens in der Nähe von Kertsch am 8. Oktober 2022 steigt schwarzer Rauch aus einem Feuer auf der Brücke von Kertsch auf
Nach der Explosion eines Lastwagens in der Nähe von Kertsch am 8. Oktober 2022 steigt schwarzer Rauch aus einem Feuer auf der Brücke von Kertsch auf. Sie ist die einzige Landverbindung zwischen Russland und der annektierten Krim-Halbinsel. Russland versprach, die Täter zu finden, ohne die Ukraine sofort zu beschuldigen. © Uncredited/afp
Ukrainische Artilleristen feuern eine 152-mm-Schleppgeschütz-Haubitze (D20) auf eine Stellung an der Frontlinie in der Nähe der Stadt Bakhmut in der ostukrainischen Region Donezk Ende Oktober während des russischen Einmarsches in die Ukraine
Ebenfalls im Oktober gelingt es der Ukraine, an vielen Frontabschnitten vorzurücken. Das gelingt den Streitkräften vor allem dank der Unterstützung aus dem Westen, die immer mehr schweres Gerät in den Konflikt liefert. Hier feuern ukrainische Artilleristen eine 152-mm-Schleppgeschütz-Haubitze (D20) auf eine Stellung an der Frontlinie in der Nähe der Stadt Bakhmut in der ostukrainischen Region Donezk ab. © Dimitar Dilkoff/afp
Ein Einwohner von Cherson hebt seinen Daumen zur Unterstützung der Ukraine auf dem Hauptplatz der Stadt nach der Befreiung von den russischen Besatzern
Mitte November gelingt den ukrainischen Truppen ein großer Erfolg. Sie können die Hafenstadt Cherson im Südosten des Landes zurückerobern. Die Millionenmetropole besitzt neben hohem strategischem auch symbolischen Wert im Kampf gegen Russland. Ein Bewohner feiert die Befreieung mit erhobenem Daumen im Zentrum der Stadt. © Celestino Arce Lavin/dpa
An diesem Tag hielt die Welt den Atem an: Eine Luftaufnahme zeigt den Ort, an dem am 15. November 2022 zwei Männer im ostpolnischen Dorf Przewodow, nahe der Grenze zur kriegszerstörten Ukraine, durch einen Raketeneinschlag getötet wurden
An diesem Tag hielt die Welt den Atem an: Eine Luftaufnahme zeigt den Ort, an dem am 15. November 2022 zwei Männer im ostpolnischen Dorf Przewodow, nahe der Grenze zur kriegszerstörten Ukraine, durch einen Raketeneinschlag getötet wurden. Russland attackierte die Ukraine mit einem massiven Angriff auf die zivile Infrastruktur, wodurch Millionen von Haushalten ohne Strom blieben. Unmittelbar nach dem Vorfall gab es Befürchtungen, dass es sich um eine neue Eskalation des Konflikts handeln könnte, doch am 16. November 2022 gab Polen bekannt, dass das Geschoss wahrscheinlich von der ukrainischen Luftabwehr stammte. Diese Theorie wurde dann auch von Washington bestätigt. © Wojtek Radwanski/Damien Simonart/afp
ein Werk des britischen Straßenkünstlers Banksy auf einer mit Schnee bedeckten Panzerabwehrkonstruktion
Auch Banksy besuchte die Ukraine inmitten des Krieges. Ein am 17. November 2022 aufgenommenes Foto zeigt ein Werk des britischen Straßenkünstlers auf einer mit Schnee bedeckten Panzerabwehrkonstruktion auf dem Unabhängigkeitsplatz in Kiew. Zu diesem Zeitpunkt war bereits klar, dass die Ukraine sich auf einen Winter des Krieges einstellen wird müssen. © Sergei Supinsky/afp
Dmitri Schewtschenko, Mitarbeiter von Rosenergoatom, inspiziert einen Tank mit destilliertem Wasser, um den Betrieb des vierten Blocks des Kernkraftwerks Saporischschja zu gewährleisten
Weitere harte Angriffe auf die ukrainische Infrastruktur. Sogar Kernkraftwerke werden zum Ziel russischer Raketen. Dmitri Schewtschenko, Mitarbeiter von Rosenergoatom, inspiziert einen Tank mit destilliertem Wasser, um den Betrieb des vierten Blocks des Kernkraftwerks Saporischschja zu gewährleisten, der durch Beschuss im Zuge der russischen Militäroperation in der Ukraine in Enerhodar beschädigt wurde. © Alexey Kudenko/imago
Eine Frau spielt Gitarre in einer Kneipe während eines Stromausfalls in Lemberg am 2. Dezember 2022
Kleine Momente des Glücks im Wahnsinn des Krieges: Eine Frau spielt Gitarre in einer Kneipe während eines Stromausfalls in Lemberg am 2. Dezember 2022, als die Stadt nach den jüngsten massiven russischen Luftangriffen auf die ukrainische Energieinfrastruktur von einem geplanten Stromausfall betroffen ist. © Yuriy Dyachyshyn/afp
Hier trifft sie auf den Heiligen Mykola (Heiliger Nikolaus) am 19. Dezember 2022 in Cherson, inmitten der russischen Invasion in der Ukraine
Für einen Augenblick darf dieses Mädchen einfach Kind sein. Hier trifft sie auf den Heiligen Mykola (Heiliger Nikolaus) am 19. Dezember 2022 in Cherson, inmitten der russischen Invasion in der Ukraine © Dimitar Dilkoff/afp
Ukraine-Krieg - Jahrestag Kriegsbeginn- Kiew
Ukrainische Soldaten erinnern am 24. Februar 2023 an der Sophienkathedrale in Kiew an den Beginn des Ukraine-Kriegs ein Jahr zuvor. © Kay Nietfeld/dpa
Ukraine-Krieg - Orthodoxe Ostern in Saporischschja
Die kirchlichen Rituale werden in der Ukraine auch im April 2023 befolgt: Orthodoxe christliche Priester und Gläubige bei der Segnung der traditionellen Osterkörbe am Ostersonntag in der St. Nikolaus-Kirche in Saporischschja. © Andriy Andriyenko/dpa
Ukraine-Krieg - Ukrainische Gegenoffensive im Süden des Landes
Ukrainische Soldaten gestikulieren im September 2023 auf ihrem Bradley Fighting Vehicle (BFV) in der Frontstadt Orichiw. Aus ihrem amerikanischen Schützenpanzer berichten sie von schweren Gefechten. Seit Kriegsbeginn stand Orichiw unter ständigem Beschuss der russischen Armee. © Oliver Weiken/dpa
Ukraine-Krieg - Kupjansk
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj (Mitte) wird am 30. November 2023 während eines Besuchs in einem Gefechtsstand an der Front in Kupjansk über die Kriegssituation informiert. © dpa
Lwiw
Auch im Dezember 2023 feiern die Menschen in der Ukraine Weihnachten. In Lwiw besuchen sie den Gottesdienst an Heiligabend und bereiten sich darauf vor, den ersten Weihnachtsfeiertag am 25. Dezember zu feiern.  © Yuriy Dyachyshyn/AFP
Ukraine-Krieg - Charkiw
Ein großer Haufen Trümmer mit Resten von russischen Raketen liegt in der Stadt Charkiw. In den frühen Morgenstunden des 15. Februar 2024 schlug eine russische Rakete in einem Wohngebiet von Chugugyv ein und tötete eine 67-jährige Frau. © Ximena Borrazas/dpa
Charkiw
Trotz Gesprächen über eine Waffenruhe dauert der Ukraine-Blick auch im Jahr 2025 weiter an. Charkiw steht mehrmals schwer unter russischem Beschuss. Das Kunstwerk „Kreuz des Friedens“ mit einem Kruzifix aus 20.000 Fragmenten russischer Artilleriegeschosse wurde vom amerikanisch-ukrainischen Künstler Sergey Melnikoff (besser bekannt als MFF) und dem ukrainischen Künstler Viktor Belchik geschaffen. © Sergey Bobok/AFP
Ukraine-Krieg - Sumy
Bei einem schweren russischen Luftschlag mit ballistischen Raketen gegen die Stadt Sumy kommen am Palmsonntag 2025 mehr als 30 Menschen ums Leben. Mehr als 100 Zivilpersonen werden verletzt. Unter den Toten sind auch Kinder. © Evgeniy Maloletka/dpa

„Hochrangige Beamte der ukrainischen Regierung können nicht verbergen, dass es ihr erklärter Wunsch ist, eine zweite Front in Georgien zu eröffnen und Georgien in den militärischen Konflikt zu verwickeln“, erklärte der damalige georgische Dream-Vorsitzende Irakli Kobachidse, der heute Premierminister ist, in einem Gespräch mit Journalisten im September 2022.

Eine Botschaft, die immer wieder wiederholt wird. Andere Beamte haben Mitglieder der ukrainischen Regierung als „Schurken“ und „schändliche Kreaturen“ bezeichnet und dabei immer wieder den Wunsch der Ukraine und des Westens betont, „das Land in ein Schlachtfeld zu verwandeln“.

Die Botschaft kommt an. „Diese Strategie [der Angstmacherei] hat die Partei Georgischer Traum zunächst an die Macht gebracht. Ihr Argument war, dass ein Sieg von Micheil Saakaschwili, dem ehemaligen Präsidenten, die Spannungen mit Russland verschärfen würde. Im Gegensatz dazu versprachen sie, die Probleme mit Moskau zu lösen, falls sie gewählt würden. Sie haben sich konsequent an diese Botschaft gehalten“, so Ghia Nodia, Professor an der Staatlichen Universität Ilia.

Georgien schweigt Vergangenheit mit Russland tot – und beschuldigt Kiew im Ukraine-Krieg

Theoretisch ist die Öffentlichkeit anderer Meinung als die Regierung. Siebenundachtzig Prozent der Georgier sehen den Krieg in der Ukraine als eine gemeinsame Sache an. Die Bilder der russischen Gräueltaten in Bucha und Irpin wecken Erinnerungen an Kriegsverbrechen, die von den Russen in Abchasien und Südossetien begangen wurden. In diesen Kriegen wurden mindestens 5.000 Georgier getötet und mehr als 200.000 vertrieben; viele der Opfer sind noch am Leben. Auf die Frage, ob der Georgische Traum genug tut, um die Ukraine zu unterstützen, sind 53 Prozent der Meinung, dass er das tut.

Ende 2023 traf ich in Kiew in einem modernen Glasgebäude mit Blick auf den langsam fließenden Fluss Dnipro den Parlamentsvorsitzenden der regierenden Partei „Diener des Volkes“, Dawyd Arachamija, selbst ein ethnischer Georgier, der im Land aufgewachsen ist, bis er als junger Mann vor dem Krieg in Abchasien floh und als Flüchtling in die Ukraine kam. Arachamija ist das Ziel einer Verleumdungskampagne georgischer Beamter gewesen.

„Die georgische Regierung sagt kein Wort darüber, was Russland in Georgien getan hat und wie viele Menschen gestorben sind. Sie müssen sagen, dass Russland ein Aggressor ist, ganz klar, der Aggressor in Georgien und in der Ukraine“, sagte er.

„Befindet sich Georgien nicht bereits im Krieg?“, bemerkte Mychajlo Podoljak, ein Berater von Selenskyj, als ich Georgiens Beschuldigungen, Kiew versuche, es in den Konflikt hineinzuziehen, einbrachte. Wir saßen in seinem Zimmer in der Präsidialverwaltung der Ukraine, in einem Büro, dessen Fenster mit Sandsäcken abgedeckt sind. „Sind Abchasien und Südossetien nicht besetzt? Man steht entweder auf der Seite der Freiheit oder der Autokratie. Die Realität ist schwarz und weiß, es gibt keine Grautöne“, sagte er.

Ukraine-Krieg: Die Ursprünge des Konflikts mit Russland

Menschen in Kiews feiern die Unabhängigkeit der Ukraine von der Sowjetunion
Alles begann mit dem Fall des Eisernen Vorhangs 1989. Die Öffnung der Grenzen zunächst in Ungarn leitete das Ende der Sowjetunion ein. Der riesige Vielvölkerstaat zerfiel in seine Einzelteile. Am 25. August 1991 erreichte der Prozess die Ukraine. In Kiew feierten die Menschen das Ergebnis eines Referendums, in dem sich die Bevölkerung mit der klaren Mehrheit von 90 Prozent für die Unabhängigkeit von Moskau ausgesprochen hatte. Im Dezember desselben Jahres erklärte sich die Ukraine zum unabhängigen Staat. Seitdem schwelt der Konflikt mit Russland. © Anatoly Sapronenkov/afp
Budapester Memorandum
Doch Anfang der 1990er Jahre sah es nicht danach aus, als ob sich die neuen Staaten Russland und Ukraine rund 30 Jahre später auf dem Schlachtfeld wiederfinden würden. Ganz im Gegenteil. Im Jahr 1994 unterzeichneten Russland, das Vereinigte Königreich und die USA in Ungarn das „Budapester Memorandum“ – eine Vereinbarung, in der sie den neu gegründeten Staaten Kasachstan, Belarus und der Ukraine Sicherheitsgarantien gaben.  © Aleksander V. Chernykh/Imago
Ukrainedemo, München
Als Gegenleistung traten die drei Staaten dem Atomwaffensperrvertrag bei und beseitigten alle Nuklearwaffen von ihrem Territorium. Es sah danach aus, als ob der Ostblock tatsächlich einen Übergang zu einer friedlichen Koexistenz vieler Staaten schaffen würde. Nach Beginn des Ukraine-Kriegs erinnern auch heute noch viele Menschen an das Budapester Memorandum von 1994. Ein Beispiel: Die Demonstration im Februar 2025 in München.  © Imago
Orangene Revolution in der Ukraine
Bereits 2004 wurde deutlich, dass der Wandel nicht ohne Konflikte vonstattengehen würde. In der Ukraine lösten Vorwürfe des Wahlbetrugs gegen den Russland-treuen Präsidenten Wiktor Janukowytsch Proteste  © Mladen Antonov/afp
Ukraine proteste
Die Menschen der Ukraine erreichten vorübergehend ihr Ziel. Der Wahlsieg Janukowytschs wurde von einem Gericht für ungültig erklärt, bei der Wiederholung der Stichwahl setzte sich Wiktor Juschtschenko durch und wurde neuer Präsident der Ukraine. Die Revolution blieb friedlich und die Abspaltung von Russland schien endgültig gelungen. © Joe Klamar/AFP
Wiktor Juschtschenko ,Präsident der Ukraine
Als der Moskau kritisch gegenüberstehende Wiktor Juschtschenko im Januar 2005 Präsident der Ukraine wurde, hatte er bereits einen Giftanschlag mit einer Dioxinvariante überlebt, die nur in wenigen Ländern produziert wird – darunter Russland. Juschtschenko überlebte dank einer Behandlung in einem Wiener Krankenhaus.  © Mladen Antonov/afp
Tymoschenko Putin
In den folgenden Jahren nach der Amtsübernahme hatte Juschtschenko vor allem mit Konflikten innerhalb des politischen Bündnisses zu kämpfen, das zuvor die demokratische Wahl in dem Land erzwungen hatte. Seine Partei „Unsere Ukraine“ zerstritt sich mit dem von Julija Tymoschenko geführten Parteienblock. Als Ministerpräsidentin der Ukraine hatte sie auch viel mit Wladimir Putin zu tun, so auch im April 2009 in Moskau. © Imago
Das Bündnis zerbrach und Wiktor Janukowitsch nutzte bei der Präsidentschaftswahl 2010 seine Chance.
Das Bündnis zerbrach und Wiktor Janukowytsch nutzte bei der Präsidentschaftswahl 2010 seine Chance. Er gewann die Wahl mit knappem Vorsprung vor Julija Tymoschenko. Amtsinhaber Wiktor Juschtschenko erhielt gerade mal fünf Prozent der abgegebenen Stimmen.  © Yaroslav Debely/afp
Proteste auf dem Maidan-Platz in Kiew, Ukraine, 2014
Präsident Wiktor Janukowytsch wollte die Ukraine wieder näher an Russland führen – auch aufgrund des wirtschaftlichen Drucks, den Russlands Präsident Wladimir Putin auf das Nachbarland ausüben ließ. Um die Ukraine wieder in den Einflussbereich Moskaus zu führen, setzte Janukowytsch im November 2013 das ein Jahr zuvor verhandelte Assoziierungsabkommen mit der Europäischen Union aus.  © Sergey Dolzhenko/dpa
Maidan-Proteste Ukraine
Es folgten monatelange Massenproteste in vielen Teilen des Landes, deren Zentrum der Maidan-Platz in Kiew war. Organisiert wurden die Proteste von einem breiten Oppositionsbündnis, an dem neben Julija Tymoschenko auch die Partei des ehemaligen Boxweltmeisters und späteren Bürgermeisters von Kiew, Vitali Klitschko, beteiligt waren. © Sandro Maddalena/AFP
Proteste auf dem Maidan-Platz in Kiew, der Hauptstadt der Ukraine
Die Forderung der Menschen war eindeutig: Rücktritt der Regierung Janukowiysch und vorgezogene Neuwahlen um das Präsidentenamt. „Heute ist die ganze Ukraine gegen die Regierung aufgestanden, und wir werden bis zum Ende stehen“, so Vitali Klitschko damals. Die Protestbewegung errichtete mitten auf dem Maidan-Platz in Kiew ihr Lager. Janukowytsch schickte die Polizei, unterstützt von der gefürchteten Berkut-Spezialeinheit. Es kam zu gewaltsamen Auseinandersetzungen, die über mehrere Monate andauerten. © Sergey Dolzhenko/dpa
Der Platz Euromaidan in Kiew, Hauptstadt der Ukraine, ist nach den Protesten verwüstet.
Die monatelangen Straßenkämpfe rund um den Maidan-Platz in Kiew forderten mehr als 100 Todesopfer. Etwa 300 weitere Personen wurden teils schwer verletzt. Berichte über den Einsatz von Scharfschützen machten die Runde, die sowohl auf die Protestierenden als auch auf die Polizei gefeuert haben sollen. Wer sie schickte, ist bis heute nicht geklärt. Petro Poroschenko, Präsident der Ukraine von 2014 bis 2019, vertrat die These, Russland habe die Scharfschützen entsendet, um die Lage im Nachbarland weiter zu destabilisieren. Spricht man heute in der Ukraine über die Opfer des Maidan-Protests, nennt man sie ehrfürchtig „die Himmlischen Hundert“. © Sergey Dolzhenko/dpa
Demonstranten posieren in der Villa von Viktor Janukowitsch, ehemaliger Präsident der Ukraine
Nach rund drei Monaten erbittert geführter Kämpfe gelang dem Widerstand das kaum für möglich Gehaltene: Die Amtsenthebung Wiktor Janukowytschs. Der verhasste Präsident hatte zu diesem Zeitpunkt die UKraine bereits verlassen und war nach Russland geflohen. Die Menschen nutzten die Gelegenheit, um in der prunkvollen Residenz des Präsidenten für Erinnerungsfotos zu posieren. Am 26. Februar 2014 einigte sich der „Maidan-Rat“ auf eigene Kandidaten für ein Regierungskabinett. Präsidentschaftswahlen wurden für den 25. Mai anberaumt. Die Ukraine habe es geschafft, eine Diktatur zu stürzen, beschrieb zu diesem Zeitpunkt aus der Haft entlassene Julija Tymoschenko die historischen Ereignisse.  © Sergey Dolzhenko/dpa
Ein Mann stellt sich in Sewastopol, eine Stadt im Süden der Krim-Halbinsel, den Truppen Russlands entgegen.
Doch der mutmaßliche Frieden hielt nicht lange. Vor allem im Osten der Ukraine blieb der Jubel über die Absetzung Janukowytschs aus. Gouverneure und Regionalabgeordnete im Donbass stellten die Autorität des Nationalparlaments in Kiew infrage. Wladimir Putin nannte den Umsturz „gut vorbereitet aus dem Ausland“. Am 1. März schickte Russlands Präsident dann seine Truppen in den Nachbarstaat. Wie Putin behauptete, um die russischstämmige Bevölkerung wie die auf der Krim stationierten eigenen Truppen zu schützen. In Sewastopol, ganz im Süden der Halbinsel gelegen, stellte sich ein unbewaffneter Mann den russischen Truppen entgegen. Aufhalten konnte er sie nicht. © Viktor Drachev/afp
Bürgerkrieg in Donezk, eine Stadt im Donbas, dem Osten der Ukraine
Am 18. März 2014 annektierte Russland die Halbinsel Krim. Kurz darauf brach im Donbass der Bürgerkrieg aus. Mit Russland verbündete und von Moskau ausgerüstete Separatisten kämpften gegen die Armee und Nationalgarde Kiews. Schauplatz der Schlachten waren vor allem die Großstädte im Osten der Ukraine wie Donezk (im Bild), Mariupol und Luhansk. © Chernyshev Aleksey/apf
Prorussische Separatisten kämpfen im Donbas gegen Einheiten der Ukraine
Der Bürgerkrieg erfasste nach und nach immer mehr Gebiete im Osten der Ukraine. Keine der Parteien konnte einen nachhaltigen Sieg erringen. Prorussische Separatisten errichteten Schützengräben, zum Beispiel nahe der Stadt Slawjansk. Bis November 2015 fielen den Kämpfen laut Zahlen der Vereinten Nationen 9100 Menschen zum Opfer, mehr als 20.000 wurden verletzt. Von 2016 an kamen internationalen Schätzungen zufolge jährlich bis zu 600 weitere Todesopfer dazu. © Michael Bunel/Imago
Trümmer von Flug 17 Malaysian Airlines nach dem Abschuss nahe Donezk im Osten der Ukraine
Aufmerksam auf den Bürgerkrieg im Osten der Ukraine wurde die internationale Staatengemeinschaft vor allem am 17. Juli 2014, als ein ziviles Passagierflugzeug über einem Dorf nahe Donezk abstürzte. Alle 298 Insassen kamen ums Leben. Die Maschine der Fluggesellschaft Malaysian Airlines war von einer Boden-Luft-Rakete getroffen worden. Abgefeuert hatte die Rakete laut internationalen Untersuchungen die 53. Flugabwehrbrigade der Russischen Föderation. In den Tagen zuvor waren bereits zwei Flugzeuge der ukrainischen Luftwaffe in der Region abgeschossen worden. © ITAR-TASS/Imago
Russlands Präsident Putin (l.), Frankreichs Präsident Francois Hollande, Bundeskanzlerin Angela Merkel und Petro Poroschenko in Minsk
Die Ukraine wollte den Osten des eigenen Landes ebenso wenig aufgeben wie Russland seine Ansprüche darauf. Im September 2014 kamen deshalb auf internationalen Druck Russlands Präsident Putin (l.), Frankreichs Präsident François Hollande, Bundeskanzlerin Angela Merkel und Petro Poroschenko in Minsk zusammen. In der belarussischen Hauptstadt unterzeichneten sie das „Minsker Abkommen“, das einen sofortigen Waffenstillstand und eine schrittweise Demilitarisierung des Donbass vorsah. Die OSZE sollte die Umsetzung überwachen, zudem sollten humanitäre Korridore errichtet werden. Der Waffenstillstand hielt jedoch nicht lange und schon im Januar 2015 wurden aus zahlreichen Gebieten wieder Kämpfe gemeldet. © Mykola Lazarenko/afp
Wolodymyr Selenskyj feiert seinen Sieg bei der Präsidentschaftswahl in der Ukraine 2019
Während die Ukraine im Osten zu zerfallen drohte, ereignete sich in Kiew ein historischer Machtwechsel. Wolodymyr Selenskyj gewann 2019 die Präsidentschaftswahl und löste Petro Poroschenko an der Spitze des Staates ab.  © Genya Savilov/afp
Wolodymyr Selenskyj
Selenskyj hatte sich bis dahin als Schauspieler und Komiker einen Namen gemacht. In der Comedy-Serie „Diener des Volkes“ spielte Selenskyj von 2015 bis 2017 bereits einen Lehrer, der zunächst Youtube-Star und schließlich Präsident der Ukraine wird. Zwei Jahre später wurde die Geschichte real. Selenskyj wurde am 20. Mai 2019 ins Amt eingeführt. Kurz darauf löste der bis dato parteilose Präsident das Parlament auf und kündigte Neuwahlen an. Seine neu gegründete Partei, die er nach seiner Fernsehserie benannte, erzielte die absolute Mehrheit.  © Sergii Kharchenko/Imago
Russische Separatisten in der Ost-Ukraine
Selenskyj wollte nach seinem Wahlsieg die zahlreichen innenpolitischen Probleme der Ukraine angehen: vor allem die Bekämpfung der Korruption und die Entmachtung der Oligarchen. Doch den neuen, russland-kritischen Präsidenten der Ukraine holten die außenpolitischen Konflikte mit dem Nachbarn ein. © Alexander Ryumin/Imago
Ukraine Militär
Im Herbst 2021 begann Russland, seine Truppen in den von Separatisten kontrollierte Regionen in der Ost-Ukraine zu verstärken. Auch an der Grenze im Norden zog Putin immer mehr Militär zusammen. Selenskyj warnte im November 2021 vor einem Staatsstreich, den Moskau in der Ukraine plane. Auch die Nato schätzte die Lage an der Grenze als höchst kritisch ein. In der Ukraine wurden die Militärübungen forciert. © Sergei Supinsky/AFP
Putin
Noch drei Tage bis zum Krieg: Am 21. Februar 2022 unterzeichnet der russische Präsident Wladimir Putin verschiedene Dekrete zur Anerkennung der Unabhängigkeit der Volksrepubliken Donezk und Lugansk. © Alexey Nikolsky/AFP
Explosion in Kiew nach Beginn des Ukraine-Kriegs mit Russland
Am 24. Februar 2022 wurde der Ukraine-Konflikt endgültig zum Krieg. Russische Truppen überfielen das Land entlang der gesamten Grenze. Putins Plan sah eine kurze „militärische Spezialoperation“, wie die Invasion in Russland genannt wurde, vor. Die ukrainischen Streitkräfte sollten mit einem Blitzkrieg in die Knie gezwungen werden. Moskau konzentrierte die Attacken auf Kiew. Innerhalb weniger Tage sollte die Hauptstadt eingenommen und die Regierung Selenskyjs gestürzt werden. Doch der Plan scheiterte und nach Wochen intensiver Kämpfe und hoher Verluste in den eigenen Reihen musste sich die russische Armee aus dem Norden des Landes zurückziehen. Putin konzentrierte die eigene Streitmacht nun auf den Osten der Ukraine. © Ukrainian President‘s Office/Imago
Wolodymyr Selenskyj, Präsident der Ukraine, bei einer Fernsehansprache aus Kiew
Seit Februar 2022 tobt nun der Ukraine-Krieg. Gesicht des Widerstands gegen Russland wurde Präsident Wolodymyr Selenskyj, der sich zu Beginn des Konflikts weigerte, das Angebot der USA anzunehmen und das Land zu verlassen. „Ich brauche Munition, keine Mitfahrgelegenheit“, sagte Selenskyj. Die sollte er bekommen. Zahlreiche westliche Staaten lieferten Ausrüstung, Waffen und Kriegsgerät in die Ukraine. Hunderttausende Soldaten aus beiden Ländern sollen bereits gefallen sein, ebenso mehr als 10.000 Zivilpersonen. Ein Ende des Kriegs ist nach wie vor nicht in Sicht. © Ukraine Presidency/afp

Besorgnis und Angst vor fliehenden Russen: Georgien stellt sich gegen Geflüchtete aus Russland

Als Russland in die Ukraine einmarschierte, strömten russische Exilanten ins benachbarte Georgien, wo russische Panzer 40 Kilometer von der Hauptstadt entfernt stehen. Später kamen weitere hinzu, als der Kreml eine Teilmobilisierung ankündigte. Berichten zufolge haben zwischen 62.000 und 112.000 russische Staatsangehörige in dem 3,7 Millionen Einwohner zählenden Land Zuflucht gesucht – und Zehntausende von ihnen planen zu bleiben, wobei rund 26.000 Unternehmen von russischen Staatsangehörigen angemeldet wurden.

Viele Georgier sind durch den Zustrom von Neuankömmlingen zunehmend verunsichert, die sie eher als Menschen wahrnehmen, die aus persönlicher Bequemlichkeit fliehen, denn als prinzipielle Gegner des Krieges. Die Besorgnis über die Russen ist nicht nur auf Ressentiments zurückzuführen, sondern wurzelt auch in Angst. Als Moskau 2008 in Georgien einmarschierte, nutzte der Kreml seine „Verantwortung zum Schutz“ der russischsprachigen Bevölkerung als Vorwand.

Jüngste Umfragen zeigen, dass 69 Prozent der Bevölkerung die Einführung einer Visumspflicht für Russland befürworten, und 78 Prozent sind der Meinung, dass es Russen nicht erlaubt sein sollte, Unternehmen zu eröffnen oder Immobilien zu erwerben.

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Georgien fuhr zweigleisig: Zusammenarbeit mit den USA – Kriegsangst und Anti-westliche Stimmung

Angst ist eine mächtige Kraft, besonders wenn die Wunden des Krieges noch so frisch sind. Damals, im Jahr 2008, hatten viele Georgier das Gefühl, dass der Westen sie angesichts der russischen Aggression im Stich gelassen hatte. Aufgrund des Widerstands Deutschlands und Frankreichs hatte sich die Nato auf dem Bukarester Gipfel geweigert, Tiflis und Kiew die Mitgliedschaft zu gewähren. Einige Monate später rollten russische Panzer in Georgien ein. Nach dem Krieg bemühte sich die Regierung des damaligen US-Präsidenten Barack Obama, die Beziehungen zu Moskau wiederherzustellen.

Als Obama seine zweite Amtszeit antrat, kam der georgische Traum an die Macht. Inmitten der Bemühungen des Westens, die Beziehungen zu Russland aufzutauen, fand die Haltung von Georgischer Traum gegenüber Moskau bei einigen in Washington Anklang. Dies ermöglichte der georgischen Regierung eine strategische Zweideutigkeit. Während sie nach außen hin die Zusammenarbeit mit den westlichen Verbündeten aufrechterhielt, um die Unterstützung der weitgehend pro-westlichen Bevölkerung zu erhalten, schürte sie innenpolitisch Kriegsängste und antiwestliche Stimmungen.

Dies beinhaltete die Förderung von Skepsis gegenüber westlichen Verpflichtungen, Engagement und kulturellen Werten, während gleichzeitig die Besorgnis über die Erosion von Identität, Religion und physischer Sicherheit genährt wurde. Die Regierung verbündet sich mit der populären orthodoxen Kirche Georgiens, um pro-demokratische Aktivisten zu verunglimpfen und um sozial konservative Wähler anzusprechen.

Iwanischwili schmiedete Bündnisse der Bequemlichkeit mit einer vielfältigen und ständig wechselnden Auswahl offen prorussischer, ultrakonservativer und radikaler Gruppen wie „Stimme des Volkes“ und „Allianz der Patrioten“. Durch den Einsatz rechtsextremer Proxy-Gruppen vermittelte Georgischer Traum seinen westlichen Partnern ein gemäßigteres Bild.

Ukraine-Krieg verschlechtert Beziehung zwischen Georgien und dem Westen – China und Ungarn neue Verbündete

Doch seit Februar 2022 haben sich die Beziehungen zwischen der georgischen Regierung und dem Westen erheblich verschlechtert, was vor allem auf die zunehmenden autoritären Tendenzen der Regierung und ihre vermeintlich pro-russische Ausrichtung zurückzuführen ist.

Die Vereinigten Staaten haben gegen Otar Partschaladse, einen engen Verbündeten Iwanischwilis und ehemaligen Generalstaatsanwalt Georgiens, Sanktionen verhängt, weil er angeblich an der Unterstützung des russischen Einflusses im Land beteiligt war, und Georgien davor gewarnt, Russland bei der Umgehung der Sanktionen zu unterstützen.

Als Vergeltung beschuldigte Tiflis die US-Behörde für internationale Entwicklung (USAID), Demonstranten auszubilden, um eine Revolution in Georgien zu inszenieren – eine Behauptung, die von der US-Botschaft als Versuch zurückgewiesen wurde, die Mission von USAID „grundlegend falsch darzustellen“.

Die georgische Regierung und die georgischen Eliten haben auch kritische Stimmen in Washington und Brüssel als Teil einer „globalen Kriegspartei“ bezeichnet. Darüber hinaus hat Georgien in Ungarns Premierminister Viktor Orban einen Verbündeten gefunden und ein strategisches Partnerschaftsabkommen mit China unterzeichnet, was die Beziehungen zum Westen weiter belastet.

Defekte Demokratie und hässliche Rhetorik gegen den Westen – Fallstricke für Kritiker des Georgian Dreams

Viele Mitglieder der Regierungspartei haben zu hässlicher Rhetorik gegenüber hochrangigen amerikanischen und europäischen Gesetzgebern und Beamten gegriffen. „Die Dämonisierung des Westens ist ein Eckpfeiler der Strategie von Georgian Dream. Ohne sie würden die öffentliche Kritik aus dem Westen und der schleppende Fortschritt der westlichen Integration ein politisches Risiko darstellen“, sagte Giga Bokeria, der Vorsitzende der oppositionellen Partei Europäisches Georgien.

Die Georgier sind von der Opposition ebenso frustriert wie von der Regierung. Einundsechzig Prozent der Georgier geben an, dass keine der politischen Parteien ihre Interessen vertritt, und 72 Prozent der Georgier hoffen auf neue politische Akteure und sehnen sich nach einem politischen Wandel.

Dass die Oppositionsparteien keine Unterstützung finden, ist zum Teil auf den zunehmenden Illiberalismus zurückzuführen, da Iwanischwili Gerichte, Finanzen und Medien kontrolliert und abweichende Meinungen unterdrückt. Menschenrechtsgruppen bezeichnen das vergangene Jahrzehnt als eine Zeit der staatlichen Vereinnahmung durch den Milliardär. Persönliche Loyalität zu Iwanischwili ist eine wichtige Voraussetzung für die Übernahme eines Amtes. (Er hat seinen Zahnarzt, sein Sicherheitspersonal und andere Geschäftspartner in prominente Positionen berufen).

Die lokalen Beobachter stellen fest, dass Iwanischwili mit Kriminellen zusammenarbeitet, um Wahlerfolge zu erzielen, und Sicherheitsdienste zur Kontrolle einsetzt, während den Oppositionsparteien die Mittel fehlen, um Personal zu bezahlen, Büros zu mieten oder auch nur Transparente aufzuhängen. Auch die oppositionellen Medien stehen unter Druck, es kommt zu Rechtsstreitigkeiten und Verhaftungen.

Opposition Georgiens macht große Versprechungen von Revolution und Rache – und enttäuscht

Die Schuld kann jedoch nicht allein der Regierung zugeschoben werden. Im Laufe der Jahre hat die Opposition der georgischen Bevölkerung große Versprechungen in Bezug auf Revolution, Rache und Wiederbelebung gemacht, die jedoch immer wieder nicht eingehalten wurden und sowohl sie selbst als auch die Bevölkerung desillusioniert zurückließen.

Wladimir Putin: Der Aufstieg von Russlands Machthabern in Bildern

Wladimir Putin ist seit dem 24. Februar 2022 auch Kriegsherr – auch wenn in Russland nach offizieller Lesart nur von einer militärischen „Spezialoperation“ in der Ukraine gesprochen wird.
Am 24. Februar 2022 befahl Wladimir Putin den Angriff russischer Truppen auf die Ukraine. Setdem ist er nicht nur Präsident Russlands, sondern Kriegsherr – auch wenn in Russland der Ukraine-Krieg nach offizieller Lesart nur eine militärische „Spezialoperation“ genannt wird. © Mikhail Klimentyev/Imago
Wladmir Putin mit Flottenchef Kurojedow
Von 1975 bis 1982 war der am 7. Oktober 1952 geborene Putin KGB-Offizier, von 1984 bis 1985 besuchte er die KGB-Hochschule in Moskau. Ab 1985 war er in der DDR tätig, hauptsächlich in Dresden. Danach ging es wieder zurück nach St. Petersburg. Vom 25. Juli 1998 bis August 1999 war Putin Direktor des Inlandsgeheimdienstes FSB. In dieser Eigenschaft traf er sich im November 1998 mit Flottenchef Wladmir Kurojedow (rechts). © Stringer/dpa
So sah Wladimir Putin im Alter von 40 Jahren aus, als er an der Eröffnung der Honda Motor Show 1992 in St. Petersburg teilnahm.
Eine Schwarz-Weiß-Aufnahme zeigt Wladimir Putin im Jahr 1992 im Alter von 40 Jahren, als er an der Eröffnung der Honda Motor Show 1992 in St. Petersburg teilnahm. Zwei Jahre später wurde er von einem der Vizebürgermeister zum ersten Vizebürgermeister der Stadt ernannt. Sein politischer Aufstieg nahm Formen an. © Russian Look/IMAGO
Dieses Foto zeigt den russischen Präsidenten Wladimir Putin im Jahr 1994 in seinem Büro. Damals war er 42 Jahre alt und Vizebürgermeister von St. Petersburg.
In seinem ersten Jahr als erster Vizebürgermeister der Stadt St. Petersburg im Jahr 1994 wurde Wladimir Putin in seinem Büro fotografiert. Damals war er 42 Jahre alt. Von körperlichen Beschwerden aus dieser Zeit ist nichts bekannt. Putin war zudem bereits seit seiner Jugend sportlich und ging unter anderem dem Kampfsport Judo nach, in dem er sich einen Schwarzen Gurt verdiente. © Russian Look/IMAGO
Drei Jahre später enstand dieses Foto von Wladimir Putin zusammen mit Anatoly Sobchak, ehemaliger Bürgermeister von St. Petersburg.
Dieses Foto entstand drei Jahre später, 1997, und zeigt Wladimir Putin – damals 45 Jahre alt – zusammen mit Anatoly Sobchak, dem ehemaligen Bürgermeister von St. Petersburg. © Russian Look/IMAGO
Wladimir Putin mit Boris Jelzin im Kreml.
Im Jahr 1999 übernahm Putin zum ersten Mal das Amt des Ministerpräsidenten – mit Option auf die Nachfolge von Präsident Boris Jelzin (links). Als Jelzin am 31. Dezember 1999 sein Amt niederlegte, übernahm Putin kommissarisch auch die Amtsgeschäfte des Präsidenten. Im Mai 2000 wurde Putin dann regulär zum Präsidenten Russlands gewählt. © dpa
Im Jahr 2000 wurde Putin zum ersten Mal Präsident der Russichen Föderation. Das Foto zeigt den damals 48-Jährigen zusammen mit Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder in Berlin.
Im Jahr 2000 wurde Wladimir Putin erstmals zum Präsidenten der Russischen Föderation gewählt. Das Foto zeigt den damals 48-Jährigen zusammen mit Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) in Berlin. Die Beiden sollte im weiteren Verlauf eine innige Freundschaft verbinden, die auch über Schröders politische Karriere hinaus Bestand hatte. © Thomas Imo/IMAGO
Wladimir Putin während einer Trainingssession in Sotschi im Jahr 2019. Der russische Präsident gilt als großer Judo-Fan und hat im Jahr 2000 in Tokio den Titel des sechsten Dan des „Kodokan-Judo“ verliehen bekommen.
Wladimir Putin während einer Trainingssession in Sotschi im Jahr 2019. Der russische Präsident gilt als großer Judo-Fan und hat im Jahr 2000 in Tokio den Titel des sechsten Dan des „Kodokan-Judo“ verliehen bekommen. © Mikhail Metzel/Imago
Am 7. Mai 2000 legte Putin seinen Amtseid ab.
Am 7. Mai 2000 legte Putin unter den Augen von Boris Jelzin seinen Amtseid ab. Mit einer Ausnahme einer Zeit als Regierungschef von 2008 bis 2012 hat Putin seither das Amt des Präsidenten der Russischen Föderation inne.  © Imago
Wladimir Putin und Bill Clinton bei der Unterzeichnung eines Vertrages in New York.
Im September 2000 führte Putin der Weg in die USA. Bill Clinton (rechts) war der erste US-Präsident, mit dem er es in den kommenden Jahren zu tun bekam. in seiner Mit dem damals noch amtierenden US-Präsidenten B © Imago
Mit einer Umarmung begrüßen sich Gerhard Schröder und Wladmir Putin im Foyer des Taschenbergpalais in Dresden.
Als Russlands Präsident reiste Putin im September 2001 zu einem dreitägigen Staatsbesuch nach Deutschland. Im Foyer des Taschenbergpalais in der sächsischen Landeshauptstadt Dresden begrüßte ihn auch der damalige Bundeskanzler Gerhard Schröder (links). Die beiden verstanden sich offensichtlich schon damals ausnehmend gut. Die Freundschaft hat auch heute noch Bestand. © Jan-Peter Kasper/dpa
Der schwarze Labrador von Wladimir Putin läuft beim Treffen seines Herrchens mit Angela Merkel durchs Zimmer.
Putin spielt gerne psychologische Spielchen – so auch 2007 mit Kanzlerin Angela Merkel. Bei ihrem Treffen in Sotschi am Schwarzen Meer ließ Putin während einer gemeinsamen Pressekonferenz eine Labradorhündin ohne Leine herumlaufen. Merkel, einst in ihrer Jugend von einem Hund gebissen worden, fühlte sich sichtlich unwohl.  © Dmitry Astakhov/dpa
George Bush und Wladimir Putin spazieren auf dem Gelände von Putins Sommerresidenz Bocharov Ruchei.
George W. Bush (rechts) war der zweite US-Präsident, mit dem es Putin zu tun bekam. Im April 2008 trafen sich beiden Staatschefs auf dem Gelände von Putins Sommerresidenz Bocharov Ruchei. © Imago
Wladimir Putin neuer russischer Regierungschef.
Am 7. Mai 2008 löste Dmitri Medwedew nach zwei Amtszeiten Putin im Amt des russischen Präsidenten ab. Einen Tag danach wählte die Duma Putin auf Vorschlag des neuen Präsidenten zum neuen Regierungschef. Putin blieb auch in dieser Position der starke Mann. © dpa
Im Jahr 2009 ließ sich Putin mit freiem Oberkörper auf einem Pferd sitzend zur Demonstration von Macht fotografieren, als er durch die südsibirische Republik Tuwa ritt.
Im Jahr 2009 ließ sich Wladimir Putin mit freiem Oberkörper auf einem Pferd sitzend fotografieren, als er durch die südsibirische Republik Tuwa ritt. Mit solchen Fotos pflegte Putin sein Macho-Image. Er wollte er laut Informationen der „Süddeutschen Zeitung“ Wirkung in der russischen Bevölkerung erzielen und auch international demonstrieren, dass er ein starker Gegner ist. © epa Alexey Druzhinyn
Bekleidet mit olivgrüner Jagdhose und einem dazu passenden Sonnenhut präsentiert sich Wladimir Putin beim Angeln in den sibirischen Bergen im Jahr 2017. Geht es nach dem russischen Präsidenten, hat der Oberkörper aber freizubleiben.
Bekleidet mit olivgrüner Jagdhose und einem dazu passenden Sonnenhut präsentiert sich Wladimir Putin beim Angeln in den sibirischen Bergen im Jahr 2017. Geht es nach dem russischen Präsidenten, hat der Oberkörper aber freizubleiben. Das gilt für Reiten wie offenbar auch fürs Angeln. © Aleksey Nikolskyi/Imago
Putin und Obama stoßen miteinander an.
Am 7. Mai 2012 wurde Putin erneut zum Präsidenten gewählt. Sein Verhältnis zu US-Präsident Barack Obama war von Distanz geprägt. Das war auch im September 2015 bei einer Veranstaltung der Vereinten Nationen in New York der Fall.  © Amanda Voisard/dpa
Wladimir Putin in einem camouflage-farbendem Tauchanzug während eines Ausflugs in der russischen Republik Tuwa in Sibirien im Jahr 2017. Das Foto zeigt den russischen Präsidenten während einer Verschnaufpause.
Wladimir Putin in einem camouflage-farbendem Tauchanzug während eines Ausflugs in der russischen Republik Tuwa in Sibirien im Jahr 2017. Das Foto zeigt den russischen Präsidenten während einer Verschnaufpause. © Alexei Nikolsky/Imago
Putin trifft Trump beim Apec-Gipfel in Vietnam.
Als Donald Trump die US-Wahl 2016 gegen Hillary Clinton gewann, hatte Russland wohl seine Hände mit im Spiel. Putin hatte sicher seinen Grund. Mit Donald Trump kam er jedenfalls gut zurecht. Im November 2017 begrüßten sie sich Familienfoto im Rahmen des Gipfeltreffens der Asiatisch-Pazifischen Wirtschaftsgemeinschaft (Apec) in Da Nang (Vietnam) herzlich.  © Mikhail Klimentyev/dpa
Der chinesische Präsident Xi Jinping (r) und der russische Präsident Wladimir Putin (l) geben sich am 04.07.2017 im Kreml in Moskau (Russland) bei einem Gespräch die Hände
Unter Putin sind sich Russland und China zuletzt immer nähergekommen. Ein wichtiger Termin war der 4. Juli 2017, als der chinesische Präsident Xi Jiping im Kreml in Moskau zu Besuch war. Damals wurden mehrere Verträge und Wirtschaftsabkommen unterzeichnet. © Sergei Ilnitsky/dpa
Wladimir Putin und Olaf Scholz am Tisch im Kreml.
So pflegt Putin inzwischen seine Gäste zu empfangen – vor allem die aus dem Westen. Am 15. Februar 2022 reiste Kanzler Olaf Scholz nach Moskau. Damals hatte der Ukraine-Krieg noch nicht begonnen. Putin ließ sich von Scholz aber nicht beeindrucken. © Kremlin Pool/Imago
Wladimir Putin im Kreml.
Putin forcierte in seiner dritten Amtszeit die kriegerischen Auseinandersetzungen. Seit dem 21. März 2014 betrachtet Russland die Krim als Teil des eigenen Staatsgebiets, seit September 2015 unterstützt die russische Luftwaffe im Militäreinsatz in Syrien den syrischen Präsidenten Assad im dortigen Bürgerkrieg.  © Sergei Ilnitsky/dpa
Wladimir Putin (links) und Joe Biden schütteln sich bei ihrem Treffen in der „Villa la Grange“ die Hand.
Anlässlich der Genfer Gipfelkonferenz traf sich Putin am 16. Juni 2021 mit US-Präsident Joe Biden zu einem Gespräch. Schon damals waren die russischen Truppenaufmärsche an der Grenze zur Ukraine ein Thema. © Denis Balibouse/dpa
Wladimir Putin lacht
Genutzt hat das Gipfelgespräch wenig. Am 24. Februar 2022 begann mit dem Einmarsch der russischen Truppen ins Nachbarland der Ukraine-Krieg. Putin wusste es wohl schon in Genf.  © Denis Balibouse/dpa
Selbst wenn sich der Kreml-Chef nahe den Gewässern Russlands erholt, sind die Kameras der russischen Staatspresse nicht weit entfernt. Schnappschüsse von einem schwimmenden Wladimir Putin, wie hier im Jahr 2017, würde ihnen sonst glatt entgehen.
Selbst wenn sich der Kreml-Chef nahe den Gewässern Russlands erholt, sind die Kameras der russischen Staatspresse nicht weit entfernt. Schnappschüsse von einem schwimmenden Wladimir Putin, wie hier im Jahr 2017, würde ihnen sonst glatt entgehen. © Alexei Nikolsky/Imago

„Die [Opposition] hat der Bevölkerung immer wieder gesagt, dass die Zeit abläuft und dass wir den Georgischen Traum in diesem Moment aus der Welt schaffen müssen, aber sie hat ihre Versprechen nicht gehalten. Das hat die Frustration und Resignation nur noch verstärkt“, erklärte Nodia.

Ein Großteil der politischen Klasse auf Seiten der Opposition ist in Unordnung geraten, und es herrschen interne Streitigkeiten und Uneinigkeit. Viele Mitglieder haben mehrfach die Seiten gewechselt, da es ihnen an festen politischen Überzeugungen, finanzieller Stabilität und Ressourcen fehlt.

Sie haben Zuflucht unter dem Schirm von Saakaschwili gesucht, der seit über zweieinhalb Jahren im Gefängnis sitzt, wobei seine Verbündeten ihre Sorge über seinen sich verschlechternden Gesundheitszustand zum Ausdruck bringen. Seine einstige charismatische Anziehungskraft hat nachgelassen, und seine Hinwendung zum Populismus hat bei den Wählern, die am politischen Opportunismus verzweifeln, keinen Anklang gefunden.

„Keine Zukunft“: Pessimismus in der Opposition von Georgien und der Öffentlichkeit

„Die Opposition kann es nicht mit dem Populismus und dem Ethno-Nationalismus der Regierungspartei aufnehmen“, warnte Bokeria, dessen Partei versucht, die Enttäuschung der Öffentlichkeit über die Elite zu nutzen. „Viele glauben, dass dies eine erfolgreiche Strategie ist, die dem erfolgreichen Spielbuch von Iwanischwili folgt. Dies ist jedoch nicht nur prinzipiell fehlerhaft und schädlich für die Zukunft des Landes, sondern auch unpraktisch. Auf Iwanischwilis Feld kann man sich nicht durchsetzen“, betonte er.

Angesichts des wachsenden politischen, sozialen und wirtschaftlichen Drucks und des Versagens der Institutionen wird die Öffentlichkeit immer pessimistischer. Einer von sechs Georgiern denkt daran, das Land zu verlassen. „Ein Drittel unserer Arbeitskräfte hat das Land verlassen“, sagte Ruska Tskhadaia, eine Managerin in einem der erfolgreichsten Hotelunternehmen Georgiens. „Ich sehe hier auch keine Zukunft, aber wenn alle gehen, wer bleibt dann?“

Die Recherchen für diesen Artikel wurden durch die Unterstützung der Heinrich-Böll-Stiftung in Washington, D.C., ermöglicht.

Zur Autorin

Ani Chkhikvadze ist eine georgische Reporterin mit Sitz in Washington D.C..

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Dieser Artikel war zuerst am 7. Mai 2024 in englischer Sprache im Magazin „ForeignPolicy.com“ erschienen – im Zuge einer Kooperation steht er nun in Übersetzung auch den Lesern der IPPEN.MEDIA-Portale zur Verfügung.

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