Jens Spahn (l.) und Friedrich Merz, beide CDU, im Plenarsaal des Bundestags in Berlin, Juni 2024
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Jens Spahn (l.) und Friedrich Merz (beide CDU) greifen nach der Europawahl die Ampel-Koalition an (Archivbild).

Schlappe bei Europawahl

In der SPD rumort es: „Es müssen Dinge anders werden“

  • Franziska Schwarz
    VonFranziska Schwarz
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Die SPD-Partei-Führung muss sich wegen ihrer Europawahl-(Under)Performance einiges anhören – fast mehr noch aus den eigenen Reihen.

Berlin – Historisch schlechte 13,9 Prozent: Das SPD-Präsidium hat jetzt in Berlin wegen der Europawahl-Pleite beraten. Müsste es jetzt Neuwahlen geben? Derartigen Forderungen ist Regierungssprecher Steffen Hebestreit prompt entgegengetreten. Die Idee sei „keine Sekunde“ lang aufgekommen – andere Kritik ist allerdings auch nicht ohne.

So fragte Jens Spahn: „Wie viele Vollklatschen braucht es noch für Olaf Scholz und die Ampel, bis sie endlich ihre Politik ändern in der Wirtschaft, in der Migration, in den entscheidenden Fragen dieses Landes?“. Der Unionsfraktionsvize sagte an diesem Montag (10. Juni) laut dpa außerdem, es gehe nun um die Frage: „Neustart oder Neuwahlen.“

Kanzler Olaf Scholz wollte das miese Abschneiden seiner Partei bei der Europawahl wohl hinweglächeln. „Eisern“ habe er am Abend des Wahlsonntags in der Parteizentrale in Berlin gelächelt und sei das Gespräch suchend „von einem Bistrotisch zum nächsten“ gezogen, berichtete der Stern.

SPD-Chef Klingbeil nach Europawahl: „Es müssen Dinge anders werden“

„Es müssen Dinge anders werden“, gestand der Parteivorsitzende Lars Klingbeil im Gespräch mit dem NDR ein. Die SPD wolle sich jetzt stärker für die Belange der arbeitenden Mitte einsetzen. Die schwierigen Beratungen zum Bundeshaushalt 2025 sähe er auch als „Chance“, dass die Bundesregierung „Vertrauen zurückgewinnen“ könne.

Deutlich schärfer der Ton bei Sigmar Gabriel. Der Ex-SPD-Vorsitzende klagte dem Stern (Montagsausgabe), „niemand“ in der Partei übernehme Verantwortung. „Weder für den katastrophalen Wahlkampf noch für die völlig falsche Auswahl der Wahlaussagen und schon gar nicht für die Personalauswahl.“

Offenbar dächten alle nur daran, irgendwie auf ihren Sesseln sitzen zu bleiben, meinte Gabriel weiter. „Mit 14 Prozent hat niemand unbestritten den Anspruch, die SPD zu führen“, sagte er bereits am Wahlsonntag dem Tagesspiegel (Online).

SPD-Pleite bei EU-Wahl – Forderungen nach Vertrauensfrage oder Rücktritt

Jetzt die Stimmen aus der Opposition. CDU-Chef Friedrich Merz sprach beim Europawahl-Ergebnis von einer „letzten Warnung“ für die Ampel-Koalition. CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann forderte Scholz auf, im Bundestag die Vertrauensfrage zu stellen, und CSU-Chef Markus Söder sagte erst, die Ampel-Koalition sei „de facto“ abgewählt, bevor er Scholz direkt zum Rücktritt aufforderte.

Bayerns Ministerpräsidenten seit 1945

Bundeskanzler Konrad Adenauer (mit Zylinder, CDU), Bundesratspräsident Karl Arnold (l, CDU) und Fritz Schäffer (r, CSU) bei der feierlichen Eröffnungssitzung des Deutschen Bundestages am 07.09.1949 in Bonn.
28. Mai 1945 – 28. September 1945: Fritz Schäffer (r, CSU) mit Konrad Adenauer (mit Zylinder, CDU), Bundesratspräsident Karl Arnold (l, CDU) bei der feierlichen Eröffnungssitzung des Deutschen Bundestages am 07.09.1949 in Bonn. © dpa
28. September 1945 – 21. Dezember 1946: Wilhelm Hoegner (SPD), ernannt durch die USA.
28. September 1945 – 21. Dezember 1946 (erste Amtszeit): Wilhelm Hoegner (SPD), ernannt durch die USA. © IMAGO/Rolf Poss
21. Dezember 1946 –
 14. Dezember 1954: Hans Ehard (CSU) mit Ehefrau Sieglinde.
21. Dezember 1946 – 14. Dezember 1954: Hans Ehard (CSU) mit Ehefrau Sieglinde. © IMAGO
14. Dezember 1954 – 16. Oktober 1957 (zweite Amtszeit): Wilhelm Hoenger (SPD) trat nach Verlust der Mehrheit im Landtag zurück.
14. Dezember 1954 – 16. Oktober 1957 (zweite Amtszeit): Wilhelm Hoenger (SPD) trat nach Verlust der Mehrheit im Landtag zurück. © IMAGO
16. Oktober 1957 – 26. Januar 1960: Hanns Seidel (CSU) überreicht General Lauris Norstad den Bayerischen Lowen.
16. Oktober 1957 – 26. Januar 1960: Hanns Seidel (CSU) überreicht General Lauris Norstad den Bayerischen Lowen. © IMAGO
26. Januar 1960 – 11. Dezember 1962 (zweite Amtszeit): Hans Erhard (CSU).
26. Januar 1960 – 11. Dezember 1962 (zweite Amtszeit): Hans Erhard (CSU). © IMAGO
11. Dezember 1962 – 7. November 1978: Ministerpräsident Alfons Goppel und Parteivorsitzender Franz Josef Strauß (beide CSU).
11. Dezember 1962 – 7. November 1978: Ministerpräsident Alfons Goppel, der aus Altersgründen zurücktrat, und Parteivorsitzender Franz Josef Strauß (beide CSU). © IMAGO
7. November 1978 – 3. Oktober 1988: Franz Josef Strauß (CSU) mit Münchens ehemaligem Oberbürgermeister Erich Kiesl.
7. November 1978 – 3. Oktober 1988: Franz Josef Strauß (CSU) mit Münchens ehemaligem Oberbürgermeister Erich Kiesl. © Heinz Gebhardt/IMAGO
3. Oktober 1988 – 19. Oktober 1988: Max Streibl (CSU) führte das Amt erst kommissarisch und trat dann in seiner offiziellen Amtszeit (19. Oktober 1988 – 28. Mai 1993) wegen der „Amigo-Affäre“ zurück.
3. Oktober 1988 – 19. Oktober 1988: Max Streibl (CSU) führte das Amt erst kommissarisch und trat dann in seiner offiziellen Amtszeit (19. Oktober 1988 – 28. Mai 1993) wegen der „Amigo-Affäre“ zurück. © IMAGO
28. Mai 1993 – 9. Oktober 2007: Edmund Stoiber (CSU) trat nach einem innerparteilichen Machtkampf zurück.
28. Mai 1993 – 9. Oktober 2007: Edmund Stoiber (CSU) trat nach einem innerparteilichen Machtkampf zurück. © IMAGO/Astrid Schmidhuber
9. Oktober 2007 – 27. Oktober 2008: Günther Beckstein (CSU) schied aus dem Amt, als die CSU bei der Landtagswahl 2008 einen deutlichen Stimmenverlust hinnehmen musste.
9. Oktober 2007 – 27. Oktober 2008: Günther Beckstein (CSU) schied aus dem Amt, als die CSU bei der Landtagswahl 2008 einen deutlichen Stimmenverlust hinnehmen musste. © IMAGO
27. Oktober 2008 – 13. März 2018: Horst Seehofer (CSU) gab das Amt ab, als die Ernennung zum Bundesminister des Innern, für Bau und Heimat anstand.
27. Oktober 2008 – 13. März 2018: Horst Seehofer (CSU) gab das Amt ab, als die Ernennung zum Bundesminister des Innern, für Bau und Heimat anstand. © Sammy Minkoff/IMAGO
13. März 2018 – 16. März 2018: Ilse Aigner (CSU) übernahm das Amt der Ministerpräsidentin kommissarisch.
13. März 2018 – 16. März 2018: Ilse Aigner (CSU) übernahm das Amt der Ministerpräsidentin kommissarisch. © Charles Yunck/IMAGO
Seit 16. März 2018: Markus Söder (CSU) ist Ministerpräsident von Bayern und CSU Vorsitzender.
Seit 16. März 2018: Markus Söder (CSU) ist Ministerpräsident von Bayern und CSU Vorsitzender. © IMAGO

Lindner: Vertrauen in Kanzler Scholz steht nicht infrage

Christian Lindner indes hat nach eigenen Angaben nach der Europawahl keine grundsätzlichen Zweifel an Scholz‘ Führungsfähigkeit. „Warum sollte sich daran etwas geändert haben?“, sagte der FDP-Chef und Bundesfinanzminister laut dpa. „Wir haben ein gemeinsames Regierungsprogramm, einen Koalitionsvertrag, an dem wir gemeinsam arbeiten.“

Solange sich alle zu „der Arbeitsgrundlage bekennen“, gäbe es keinen Grund, Vertrauen infrage zu stellen. Lindner forderte aber, die Ampel-Koalition müsse das „Signal dieser Europawahl ernst nehmen“.