Schlappe bei Europawahl
In der SPD rumort es: „Es müssen Dinge anders werden“
VonFranziska Schwarzschließen
Die SPD-Partei-Führung muss sich wegen ihrer Europawahl-(Under)Performance einiges anhören – fast mehr noch aus den eigenen Reihen.
Berlin – Historisch schlechte 13,9 Prozent: Das SPD-Präsidium hat jetzt in Berlin wegen der Europawahl-Pleite beraten. Müsste es jetzt Neuwahlen geben? Derartigen Forderungen ist Regierungssprecher Steffen Hebestreit prompt entgegengetreten. Die Idee sei „keine Sekunde“ lang aufgekommen – andere Kritik ist allerdings auch nicht ohne.
So fragte Jens Spahn: „Wie viele Vollklatschen braucht es noch für Olaf Scholz und die Ampel, bis sie endlich ihre Politik ändern in der Wirtschaft, in der Migration, in den entscheidenden Fragen dieses Landes?“. Der Unionsfraktionsvize sagte an diesem Montag (10. Juni) laut dpa außerdem, es gehe nun um die Frage: „Neustart oder Neuwahlen.“
Kanzler Olaf Scholz wollte das miese Abschneiden seiner Partei bei der Europawahl wohl hinweglächeln. „Eisern“ habe er am Abend des Wahlsonntags in der Parteizentrale in Berlin gelächelt und sei das Gespräch suchend „von einem Bistrotisch zum nächsten“ gezogen, berichtete der Stern.
SPD-Chef Klingbeil nach Europawahl: „Es müssen Dinge anders werden“
„Es müssen Dinge anders werden“, gestand der Parteivorsitzende Lars Klingbeil im Gespräch mit dem NDR ein. Die SPD wolle sich jetzt stärker für die Belange der arbeitenden Mitte einsetzen. Die schwierigen Beratungen zum Bundeshaushalt 2025 sähe er auch als „Chance“, dass die Bundesregierung „Vertrauen zurückgewinnen“ könne.
Deutlich schärfer der Ton bei Sigmar Gabriel. Der Ex-SPD-Vorsitzende klagte dem Stern (Montagsausgabe), „niemand“ in der Partei übernehme Verantwortung. „Weder für den katastrophalen Wahlkampf noch für die völlig falsche Auswahl der Wahlaussagen und schon gar nicht für die Personalauswahl.“
Offenbar dächten alle nur daran, irgendwie auf ihren Sesseln sitzen zu bleiben, meinte Gabriel weiter. „Mit 14 Prozent hat niemand unbestritten den Anspruch, die SPD zu führen“, sagte er bereits am Wahlsonntag dem Tagesspiegel (Online).
SPD-Pleite bei EU-Wahl – Forderungen nach Vertrauensfrage oder Rücktritt
Jetzt die Stimmen aus der Opposition. CDU-Chef Friedrich Merz sprach beim Europawahl-Ergebnis von einer „letzten Warnung“ für die Ampel-Koalition. CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann forderte Scholz auf, im Bundestag die Vertrauensfrage zu stellen, und CSU-Chef Markus Söder sagte erst, die Ampel-Koalition sei „de facto“ abgewählt, bevor er Scholz direkt zum Rücktritt aufforderte.
Bayerns Ministerpräsidenten seit 1945




Lindner: Vertrauen in Kanzler Scholz steht nicht infrage
Christian Lindner indes hat nach eigenen Angaben nach der Europawahl keine grundsätzlichen Zweifel an Scholz‘ Führungsfähigkeit. „Warum sollte sich daran etwas geändert haben?“, sagte der FDP-Chef und Bundesfinanzminister laut dpa. „Wir haben ein gemeinsames Regierungsprogramm, einen Koalitionsvertrag, an dem wir gemeinsam arbeiten.“
Solange sich alle zu „der Arbeitsgrundlage bekennen“, gäbe es keinen Grund, Vertrauen infrage zu stellen. Lindner forderte aber, die Ampel-Koalition müsse das „Signal dieser Europawahl ernst nehmen“.