Bundeswehr

Interne Kritik an Wehrpflicht-Plan: Pistorius setzt falschen Fokus

  • VonKilian Beck
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Die Bundeswehr soll wachsen. An Überlegungen zur Wehrpflicht gibt es intern Kritik: Sie löse den Fachkräftemangel nicht, dafür brauche es die Reservisten.

Berlin – Bis 2031 soll die Bundeswehr von etwa 180.000 auf 203.000 Soldatinnen und Soldaten aufwachsen. Ende Mai will Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) seine Pläne präsentieren, wie das zu schaffen sein könnte. Der Minister liebäugelte zuletzt öffentlich immer wieder mit einer Wehrpflicht und ließ sein Haus verschiedene Modelle entwickeln. Im Verteidigungsministerium regt sich nun anscheinend Kritik an diesem Fokus auf die Wehrpflicht, berichtete das Portal Business Insider unter Berufung auf interne Dokumente. Allgemein umstritten ist eine Wiedereinführung der Wehrpflicht, da mit ihrer Aussetzung 2011 sämtliche Strukturen zur Einberufung, Musterung und Ausbildung der Wehrpflichtigen abgebaut wurden.

„Mit grimmiger Hingabe“: Verteidigungsminister Boris Pistorius hat der USA versprochen, dass Deutschland seiner Führungsrolle in Europa militärisch jetzt stärker nachkommen will. (Symbolfoto)

Verteidigungsministerium prüft Wehrpflichtszenarien – Zivildienst würde zurückkommen

Laut einem Bericht der Welt prüft das Verteidigungsministerium gerade drei Varianten der Personalaufwuchs der Bundeswehr zu erreichen. Als am wenigsten vielversprechend gilt demnach eine großangelegte Werbekampagne, in der alle Volljährigen Werbematerial für die Bundeswehr zugeschickt bekämen. Die zweite Möglichkeit wäre ein verpflichtender Fragebogen sowie eine Musterung aller volljährigen Männer. Dies sieht das Ministerium, als geeignet, um den Aufwuchs zu erreichen. In der dritten Option würde dieses Wehrpflichtmodell auf Frauen ausgeweitet. Das wäre das sogenannte schwedische Modell, an dem Pistorius schon länger Interesse signalisierte.

Eine Wiederinkraftsetzung der Wehrpflicht wäre laut der Einschätzung aus dem Ministerium rechtlich übrigens mit einer Wiedereinführung des Zivildienstes verbunden. Begonnen hatte die Debatte über eine Wehrpflicht als Reaktion auf den Ukraine-Krieg und eine zunehmende Konfrontation zwischen dem Westen und Russland unter seinem Präsidenten Wladimir Putin.

Interne Kritik an Pistorius: Wehrpflicht bringt der Bundeswehr keine Fachkräfte

Die interne Kritik an den Erwägungen des Ministers zur Wehrpflicht drehe sich um zwei Punkte, wie Business Insider berichtete: Zum einen würde eine Wehrpflicht hauptsächlich Mannschafts-Dienstgrade zur Bundeswehr bringen, an denen es nicht mangele. Den Mangel an Offizieren, Unteroffizieren und Fachpersonal im Cyber- oder Medizin-Bereich können sie aber nicht lösen. Außer Acht gelassen würden Ex-Soldatinnen und -Soldaten, die als Reservisten oder Aktive zurück zur Bundeswehr geholt werden könnten. Etwa eine Million Menschen sollen das laut der Schätzung, die das Portal zitiert, sein.

Union klar für und FDP, Linke und Grüne klar gegen Wehrpflicht

Unter den Parteien im Bundestag gehen die Meinungen zur Wehrpflicht auseinander. SPD-Co-Chef Lars Klingbeil sagte der Rheinischen Post, er sei gegen die Inkraftsetzung der „alten Wehrpflicht“. Allerdings sollten sich alle jungen Menschen einmal im Leben fragen müssen, „ob sie sich einen Dienst für das Land vorstellen können“. Das könne dann zivil oder militärisch sein. Die CDU fordert in ihrem Grundsatzprogramm, die Wehrpflicht in ein „verpflichtendes Gesellschaftsjahr“ zu überführen. „Die Wehrpflicht bleibt aus der Zeit gefallen“, sagte Sara Nanni, grüne Verteidigungspolitikerin, dem Tagesspiegel. Die Liberalen hingegen wollen nur Modelle diskutieren, „die auf der Freiwilligkeit der Berufswahl basieren“, betonte FDP-Verteidigungssprecher Alexander Müller gegenüber der Welt. Die Linke lehnt die Wehrpflicht aus pazifistischen Erwägungen ab. (kb)

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