Wer ist dafür, wer dagegen?

Bärbel Bas im Kreuzfeuer: Kritik und Lob zu ihrem Rentenvorstoß

  • VonSimon Schröder
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Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas sieht dringenden Handlungsbedarf bei den deutschen Renten. Nicht alle befürworten den Vorstoß der SPD-Politikerin.

Berlin – Die deutsche Rente trägt sich schon lange nicht mehr selbst. Der demografische Wandel in Deutschland bedeutet, dass immer weniger Menschen in die Rentenkasse einzahlen. Gleichzeitig beziehen immer mehr Bürgerinnen und Bürger Geld aus dem Rententopf. Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) schlägt vor, dass auch Beamte in die Rentenkasse einzahlen sollten. Ihr Vorstoß löst auch innerhalb der neuen Koalition eine Debatte aus. Doch viele unterstützen den Vorschlag der SPD-Politikerin.

Der bisherige Vorsitzende des Arbeits- und Sozialausschusses des Bundestags kritisierte die „Aufregung“ über den Vorschlag. Gegenüber der Augsburger Allgemeinen monierte Bernd Rützel (SPD); „Ich verstehe die Aufregung um den Vorschlag von Bärbel Bas gar nicht.“ Das, was die Ministerin vorgeschlagen habe, sei Beschlusslage der SPD und finde sich in deren Programmen. „Wir haben uns angesehen, wie es die Österreicher gemacht haben“, sagte der SPD-Sozialexperte mit Blick auf das Nachbarland im Süden.

Minister unter Merz: Komplette Liste des Kabinetts – von Klingbeil bis zu „neuen Gesichtern“

17 Ministerinnen und Minister, dazu ein Bundeskanzler namens Friedrich Merz: Sie bilden das Kabinett der Koalition aus CDU, CSU und SPD und damit die 25. Bundesregierung Deutschlands.
17 Ministerinnen und Minister, dazu ein Bundeskanzler namens Friedrich Merz: Sie bilden das Kabinett der Koalition aus CDU, CSU und SPD und damit die 25. Bundesregierung Deutschlands. © dpa
Fritze Merz Kabinett CDU CSU Minister
Der neue Kanzler (offiziell ab dem 6. Mai): Friedrich Merz hat sein Kabinett zusammengestellt. Der 69-Jährige hat vertraute und neue Gesichter auserkoren. In dieser Fotostrecke finden Sie alle von der CDU bestimmten Minister, auch die von der CSU und SPD sind hier zu finden.  © IMAGO/Uwe Koch
Thorsten Frei Kanzleramtsminister Merz Kabinett
Bundesminister für besondere Aufgaben und Chef des Bundeskanzleramtes: Thorsten Frei (51) ist einer der engsten Vertrauten von Friedrich Merz und in der CDU angesehen.  © IMAGO/dts Nachrichtenagentur
Johann Wadephul Außenminister Merz Kabinett
Bundesminister für Auswärtiges: Johann Wadephul (CDU) heißt der neue Außenminister.  © IMAGO/ESDES.Pictures, Bernd Elmenthaler
Katherina Reiche Wirtschaftsministerin Merz Kabinett
Bundesministerin für Wirtschaft und Energie aus der CDU: Katherina Reiche ist 51 Jahre alt und wird die Nachfolge von Robert Habeck antreten. © IMAGO
Karin Prien Bildungsministerin FAmilie merz Kabinett
Bundesministerin für Bildung, Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Karin Prien von der CDU wird Bildungs- und Familienministerin, sie ist 59 Jahre alt. © IMAGO/Jens Schicke
Nina Warken Gesundheitsministerin Kabinett Merz
Bundesministerin für Gesundheit: CDU-Ministerin Nina Warken (45) soll die Nachfolge von Karl Lauterbach antreten.  © IMAGO/dts Nachrichtenagentur
Karsten Wildberger Digitalminister Merz Kabinett
Bundesminister für Digitales und Staatsmodernisierung: Karsten Wildberger ist die wohl größte Überraschung, der ehemalige MediaMarkt-Chef ist 56 Jahre alt.  © AnikkaxBauer
Wolfram Weimer Minister für Kultur
Kulturstaatsminister: Wolfram Weimer, der 60-Jährige pflegt gute Kontakte in einige Verlage.  © IMAGO/Thomas Bartilla
Schnieder Vekehrsminister CDU Kabinett Merz
Bundesminister für Verkehr: Patrick Schnieder von der CDU soll Verkehrsminister werden. © IMAGO
Dobrindt Innenminister CSU Kabinett Merz Liste
Bundesminister des Innern und für Heimat: Alexander Dobrindt. Der 54-jährige CSU-Mann ist schon zum zweiten Mal Minister. Unter Angela Merkel war er von 2013 bis 2017 Verkehrsminister © IMAGO/ESDES.Pictures, Bernd Elmenthaler
Alois Rainer LAndwirtschaft Merz Kabinett
Landwirtschaftsminister soll der CSU-Politiker Alois Rainer werden. Der 60-Jährige ist durchaus ein überraschender Name, den Söder hier aus den CSU-Kreisen ausgewählt hat.  © IMAGO/Christian Spicker
Bär Ministerin Söder Merz KAbinett
Ministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt: Dorothee Bär (47) übernimmt das neu zusammengestellte Ministeramt. Die CSU-Politikerin galt von vorneherein als Favoritin aus Bayern.  © IMAGO/Heiko Becker
Klingbeil Kabinett Vizekanzler Finanzminister
Lars Klingbeil wird Vizekanzler und Finanzminister. Der 47-Jährige spricht über die SPD-Minister mit den Worten: „Generationswechsel“ und „neue Gesichter und erfahrene Persönlichkeiten“. Nachfolgend sind alle SPD-Ministerinnen und SPD-Minister aufgelistet.  © IMAGO/FRANK TURETZEK
Boris Pistorius Verteidigunsminister SPD Merz Klingbgeil
Verteidigungsminister bleibt Boris Pistorius, 65 Jahre alt. Er ist eines der prominentesten SPD-Mitglieder des Kabinetts. © IMAGO/Noah Wedel
Der bisherige Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) gilt im Merz-Kabinett als gesetzt, wenn es mit schwarz-rot klappt. Er könnte allerdings das Ministerium wechseln und sogar Vizekanzler werden.
Pistorius ist der einzige Minister der einstigen Ampel-Koalition unter Olaf Scholz, der auch unter dessen Nachfolger Friedrich Merz einen Platz im Kabinett gefunden hat. © IMAGO/dts Nachrichtenagentur
Bas Ministerin Arbeit Kabinett
Bärbel Bas, die 57-Jährige wird Bundesministerin für Arbeit und Soziales. Von 2021 bis 2025 war die SPD-Politikerin Präsidentin des Deutschen Bundestags.  © IMAGO
Hubig, Justiz 56 SPD MErz Kabinett
Dr. Stefanie Hubig ist 56 Jahre alt. Sie wird Bundesministerin der Justiz und für Verbraucherschutz. DIe SPD-Politikerin ist schon in Rheinland-Pfalz Ministerin für Bildung gewesen.  © IMAGO/Jürgen Heinrich
Reem Alabali-Radovan Bundesministerin für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
Die jüngste Person aus der SPD-Riege. Reem Alabali-Radovan ist 35 Jahre alt und kümmert sich um „Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung“. © IMAGO/Jürgen Heinrich
Hubertz wohnen, Bauministerin SPD KAbinett Merz Klingbeiil
Auch nicht viel älter, auch von der SPD: Verena Hubertz, 37 Jahre, Bundesministerin für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen.  © IMAGO
Carsten Schneider SPD Umweltminister Merz Klingbeil Kabinett
Carsten Schneider von der SPD (49), nicht zu verwechseln mit Patrick Schnieder, wird Bundesminister für Umwelt, Klimaschutz, Naturschutz und nukleare Sicherheit. © IMAGO/dts Nachrichtenagentur
Saskia Esken, ehemalige Parteivorsitzende der SPD
Saskia Esken, ehemalige Parteivorsitzende der SPD, galt lange Zeit als aussichtsreiche Kandidatin für einen Kabinettsposten in der Regierung von Friedrich Merz. © Christophe Gateau/dpa
Armin Laschet (CDU) wollte 2021 selbst Kanzler werden und scheiterte. Nach der Bundestagswahl 2025 werden ihm Außenseiter-Chancen auf ein Amt unter Merz ausgerechnet.
Armin Laschet (CDU) wollte 2021 selbst Kanzler werden und scheiterte. Nach der Bundestagswahl 2025 galt er zumindest als Außenseiter-Kandidat für einen Posten im Kabinett von Friedrich Merz. Daraus wurde letztlich nichts. © IMAGO/dts Nachrichtenagentur
Kultursenator Joe Chialo
Kultursenator Joe Chialo war für die Berliner CDU bei den Koalitionsverhandlungen dabei (Archivbild). Fachleute spekulierten daraufhin Chialo könnte von Friedrich Merz als Kultusminister in sein Kabinett berufen werden. Doch der Posten ging letztlich an den Merz-Vertrauten Wolfram Weimer. © Jörg Carstensen/dpa
Jens Spahn als neuer und alter Minister? Dahinter steht ein Fragezeichen, auch wenn Spahn gewiss Ambitionen hat. Der frühere Gesundheitsminister stand wegen der Maskenaffäre in der Kritik. Andererseits verfügt er über große Regierungserfahrung, die Merz selbst bekanntermaßen fehlt.
Auch Jens Spahn hatte sich Hoffnungen auf einen Kabinettsposten unter Kanzler Friedrich Merz gemacht. Der ehemalige Gesundheitsminister ging in Sachen Kabinett zwar leer aus, kann sich aber dennoch über eine Beförderung im neuen Bundestag freuen: Spahn wird die CDU-Abgeordneten im Bundestag künftig als Fraktionsvorsitzender anführen. © IMAGO/Jens Schicke

Bärbel Bas und die Rente: Reform-Vorschlag mit Unterstützung der Wirtschaftsweisen

Bereits die Ampel-Regierung habe die Selbstständigen in die gesetzliche Rente einbeziehen wollen. „Das Gerechte daran ist, dass alle ihren solidarischen Beitrag leisten“, erklärte Rützel weiter. Durch die Einbeziehung von Selbstständigen und Beamten würden die Beitragsbasen verbreitert und zunächst die Beiträge stabilisiert. Aber es gebe auch Herausforderungen, wenn ein neues Modell eingeführt werde. „Die Integration ist kein Pappenstiel, es braucht eine lange Übergangsphase.“

Auch die Wirtschaftsweise Monika Schnitzer hält die Einbeziehung von Beamten ins Rentensystem für „sinnvoll“. Beamte in die Rentenkasse einzahlen zu lassen, löse zwar nicht das grundlegende Problem, dass künftige Renten und Pensionen von künftigen Beitragszahlern und Steuerzahlern bezahlt werden müssten, sagte Schnitzer den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Es komme also auf das Zahlenverhältnis der jüngeren Generation zur älteren Generation an. „Und das verschlechtert sich.“

Kritik aus der Union über Bas‘ Renten-Reform: „kein tragbares Finanzierungsmodell“

Dennoch sei es „sinnvoll“, das Pensionssystem der Beamten zu reformieren und in ein allgemeines Rentensystem für alle zu überführen – „schon um sicherzustellen, dass alle Einschränkungen, die man von gesetzlich Versicherten verlangt beziehungsweise verlangen sollte, auch eins zu eins auf sie übertragen werden“. Konkret nannte Schnitzer etwa die Begrenzung des Anstiegs der Rentenansprüche und die Erhöhung des Renteneintrittsalters.

Entwicklung des Rentenniveaus in Deutschland seit 1990

Zuvor hatte vor allem Kanzleramtsminister Thorsten Frei (CDU) den Rentenvorstoß von Bas kritisiert. Man könne über alles reden, aber es sei „kein tragbares Finanzierungsmodell“, meinte der CDU-Politiker am Sonntag in der ARD-Sendung „Caren Miosga“. Seine Kritik begründete er damit, dass jeder, der in die Rentenkasse einzahle, entsprechend seiner Beiträge auch etwas herausbekommen würde. Im Koalitionsvertrag gebe es für Bas‘ Vorschlag keine Grundlage, mahnte Frei weiter. „Das ist nicht Common Sense in der Koalition.“

CSU kritisiert Renten-Vorschlag von Bas scharf: „Strohfeuer, ohne langfristige Entlastungswirkung“

Peter Aumer, fachpolitischer Sprecher für soziale Sicherheit der CSU im Bundestag, äußerte sich ebenfalls kritisch über Bas‘ Vorhaben. Gegenüber der Frankfurter Rundschau von IPPEN.MEDIA erklärte Aumer: „Wir haben im Koalitionsvertrag das weitere Vorgehen in Sachen Rente klar festgelegt. Ich erwarte von Bundesarbeitsministerin Bas, dass sie die Umsetzung dieser Absprachen jetzt zügig in Angriff nimmt und nicht wieder neue Baustellen aufmacht.“

Weiter monierte der CSU-Politiker: „Frau Bas suggeriert mit ihrem Vorschlag, dass durch den Einbezug von Beamten und Selbstständigen die gesetzliche Rente im Eilverfahren gesichert werden kann und Geld im Überfluss zur Verfügung steht. Dies ist nicht der Fall. Bestenfalls handelt es um ein kurzfristiges Strohfeuer, ohne langfristige Entlastungswirkung.“ Stattdessen will Aumer zunächst die im Koalitionsvertrag vereinbarte Expertenkommission zum Thema Rente umsetzen. Daran hätte sich auch Bas zu halten. Stattdessen wolle er die von der CDU/CSU vorgeschlagene Aktivrente und Frühstart-Rente angehen.

Kritische Stimmen aus der Presse: „politische Nebelkerze“ – Gewerkschaft für Österreich-Modell

Doch auch aus der Presse gibt es kritische Stimmen. Das Handelsblatt etwa schreibt über den Vorschlag, es sei eine „politische Nebelkerze“: „Zum einen stabilisieren die zusätzlichen Beitragszahler das System nicht. Auch Beamte, Abgeordnete und Selbstständige werden eines Tages Leistungen in Anspruch nehmen – in vielen Fällen überdurchschnittlich. Der kurzfristige Einnahmeschub verpufft schnell, langfristig steigen die Verpflichtungen.“

Die Bundesministerin für Arbeit und Soziales, Bärbel Bas (SPD). Ihr Vorschlag zu einer Rentenreform stößt vor allem in der Union auf Widerstand.

Funktioniert das Österreich-Modell besser als das deutsche Renten-Konzept? Tatsächlich liegen die Renten (bzw. Pensionen) in Österreich deutlich höher als in Deutschland. Die Gewerkschaft IG Metall schreibt dazu: „Die durchschnittliche Altersrente lag im Jahr 2022 in Österreich bei 1751 Euro (brutto) pro Monat, in Deutschland bei 1177 Euro (brutto). Das sind die Durchschnittswerte für alle damaligen Rentnerinnen und Rentner.“

IG Metall unterstützt den Vorschlag von Bärbel Bas zur Renten-Reform

Die Gewerkschaft befürwortet eine Rente nach österreichischem Vorbild schon länger. In einem Fazit auf ihrer Website plädiert die IG Metall für eine „solidarische“ Rente: „Eine Rente, die alle Erwerbstätigen solidarisch mitfinanzieren. Und etwas höhere Beiträge, die von Beschäftigten und Arbeitgebern gemeinsam getragen werden. Das wäre eine Formel für bessere Renten. Österreich macht es vor.“

Über den aktuellen Vorschlag der Arbeitsministerin schreibt Walther Schneeweiß von der IG Metall in einer Pressemitteilung: „Wir unterstützen den Vorschlag der Bundesarbeitsministerin und erwarten möglichst bald ein Konzept zur schrittweisen Realisierung dieser Vorschläge. Auf jeden Fall sollte es in der angekündigten Kommission zur Weiterentwicklung der Alterssicherung diskutiert werden. Wir setzen uns für eine gerechte und finanziell nachhaltige Zukunft der gesetzlichen Rente entschlossen ein.“ (sischr/afp)

Rubriklistenbild: © Tobias SCHWARZ / AFP

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