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Assads Schreckensvision: Dieser Mann leitet die Rebellen-Attacke im Syrien-Konflikt
VonLaura May
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Abu Mohammed al-Julani präsentiert sich heute als gemäßigt, nachdem er bei al-Qaida und der Al-Nusra-Front war. Informationen über den Mann, der die Aleppo-Offensive leitet.
Aleppo – Die syrische Millionenstadt Aleppo steht unter Kontrolle der islamistischer Rebellengruppe Haiat Tahrir al-Scham (HTS). Diese Offensive im Syrien-Krieg kam für viele Beobachter unerwartet – auch für Russland und Iran, die Herrscher Bashar al-Assad unterstützen.
Die HTS-Milizen haben Aleppo in nur zwei Tagen eingenommen. Beobachter gehen davon aus, dass sie unter anderem von der Türkei unterstützt werden, um die kurdische Bewegung in der Region zu schwächen. Doch wer steht an der Spitze dieser Offensive, die die internationale Gemeinschaft so erstaunt?
Nach Aleppo-Offensive in Syrien: Was über Abu Mohammed al-Julani bekannt ist
Es gibt nur wenige Informationen über den Führer der HTS namens Abu Mohammed al-Julani. In einer Dokumentation des US-Fernsehsenders PBS offenbarte al-Julani, dass er 1982 in Saudi-Arabien zur Welt kam. Seine Eltern waren ursprünglich von den Golanhöhen in Syrien, die Israel im Sechstagekrieg 1967 besetzt hatte. Aufgrund der israelischen Besatzung zog die Familie nach Saudi-Arabien und kehrte 1989 nach Syrien zurück.
Im Jahr 2003 zog die Familie erneut um, diesmal nach Bagdad, Irak. Dort trat Mohammed al-Julani der Terrorgruppe Al-Qaida bei und kämpfte gegen die irakischen Truppen, die während des Zweiten Golfkrieges Teile Kuwaits besetzt hatten. Jedoch war al-Julanis Kampf damals nicht von Erfolg gekrönt: Er wurde laut einem Bericht von T-Online von den Amerikanern verhaftet, noch bevor der irakische Bürgerkrieg 2006 ausbrach. Al-Julani behauptet, in verschiedenen US-Gefängnissen im Irak, einschließlich des berüchtigten Foltergefängnisses Abu Ghraib, inhaftiert gewesen zu sein, was nicht überprüft werden kann.
2016 trennt sich al-Julani vom Islamischen Staat und wendet sich vom globalen Dschihad ab
Mit dem Beginn des syrischen Bürgerkriegs trat er einer dschihadistischen Miliz bei, die in der Heimat seiner Eltern operierte und später zur al-Nusra-Front wurde. Er stieg zum Anführer der radikalen Islamisten auf. 2016 trennte er sich vom Islamischen Staat und seiner Vision des globalen Dschihads, um sich auf den Machtkampf in Syrien zu konzentrieren.
Ein Jahr später entstand aus dem Zusammenschluss von fünf islamistischen Milizen die HTS, die Organisation zur Befreiung der Levante. Unter Julanis Führung übernahm sie faktisch die Kontrolle über die Rebellenhochburg Idlib. Ihre Führung zeichnet sich nicht durch Radikalität aus – so dürfen etwa Frauen arbeiten und zur Schule gehen, Musik ist nicht verboten etc. Seit einigen Jahren versucht al-Julani sein extremistisches Image loszuwerden und inszeniert die HTS als gemäßigte Gruppe. Auch im Rahmen der aktuellen Aleppo-Offensive gibt es bisher keine Berichte über exzessive Gewalt an Zivilisten.
Aleppo-Offensive: Al-Julani vertritt eine Ideologie zwischen Nationalismus und Islamismus
Experten sind uneins über das moderate Image von al-Julani und seinen Kämpfern. Aaron Zelin, Senior Fellow am Washington Institute for Near East Policy, sagte gegenüber dem Wall Street Journal, er glaube insgesamt an eine Mäßigung der HTS seit ihrer Loslösung von de Al-Nusra-Front. Unter al-Julani vertrete die HTS ideologisch eine Kombination aus Islamismus und Nationalismus, vergleichbar mit der palästinensischen Hamas. Anstelle des Islam-Emblems kämpfen die HTS-Einheiten unter der alten syrischen Flagge. Diese Flagge repräsentiert die Republik, die vor dem Aufstand der Baath-Partei im Jahr 1963 existierte und letztendlich die Assad-Familie an die Macht führte.
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Fabrice Balanche, Syrien-Expertin an der Universität Lyon, äußerte gegenüber dem Wall Street Journal allerdings Zweifel an der gemäßigten Linie al-Julanis. Er sei zwar wahrscheinlich mit dem Alter bürgerlicher geworden und habe Teile seiner Ideologie aufgegeben, moderat sei das aber nicht. Es könne auch schlichtweg eine Strategie sein, radikale Absichten zu vertuschen. „Der Wandel von einem kleinen syrischen Dschihadisten im Irak zum Anführer der syrischen Revolution? Ich habe da meine Zweifel“, sagte sie. (lm)