Integration

Bundesländer wollen Arbeitsverbot für Geflüchtete abschaffen: „Auch im Interesse der Unternehmen“

  • Peter Sieben
    VonPeter Sieben
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Arbeitsverbote für Flüchtlinge könnten bald Vergangenheit sein, die Bundesländer fordern jetzt Veränderung. In NRW startet bereits ein Modellprojekt.

Rostock – Wer als Asylbewerber nach Deutschland kommt, muss erst einmal ausharren. Drei Monate lang gilt ein Arbeitsverbot, in vielen Fällen sind die Fristen noch länger. Auch Menschen mit Duldungsstatus, die schon länger hier leben, dürften grundsätzlich nicht arbeiten. Inzwischen sind die Regeln gelockert worden, so sind Ausländerbehörden dazu angehalten, Arbeitserlaubnisse zu erteilen – bis vor kurzem war das noch eine Ermessensentscheidung.

Flüchtlinge sollen schneller Zugang zum Arbeitsmarkt erhalten

Den Bundesländern geht das aber nicht weit genug: Die Integrationsminister der Länder haben deshalb jetzt bei einem Treffen in Rostock-Warnemünde beschlossen, sich für eine Abschaffung des Arbeitsverbots für alle Geflüchteten mit Bleibeperspektive einzusetzen. So soll künftig verstärkt von gesetzlich verankerten Arbeitsverboten abgesehen werden, heißt es in einem Antrag, dem 15 von 16 Bundesländer zustimmten. „Wir benötigen in vielen Bereichen Fach- und Arbeitskräfte, deshalb ist es wichtig, dass wir Geflüchtete schneller in Arbeit bringen und ihnen den Zugang zum Arbeitsmarkt ermöglichen“, sagte NRW-Integrationsministerin Josefine Paul (Grüne) zu IPPEN.MEDIA.

Neben der unmittelbaren Unterbringung von Flüchtlingen müssten deshalb auch Integrationsmaßnahmen mehr in den Fokus gerückt werden, so Paul: „Hier erwarte ich vom Bund deutlich mehr Initiativen und auch Mittel. Bund, Länder und Kommunen bilden bei der Integration eine Verantwortungsgemeinschaft.“ Die Konferenz der Integrationsministerinnen und -minister spreche sich daher in ihren Anträgen klar für die Stärkung der Integrationsinfrastruktur aus. 

„Erwarten, dass Zuzug auf einem hohen Niveau bleibt“

Konkret heißt das: mehr Sprachkurse, Integrationskurse und schneller Anerkennung von Qualifikationen und Berufsabschlüssen. Denn häufig können Zugewanderte nicht sofort in ihren erlernten Berufen arbeiten, weil Abschlüsse nicht oder nicht vollständig von den Behörden anerkannt werden. „Der Bund muss die bisher projektgeförderte Anerkennungs- und Qualifizierungsberatung dafür auf eine dauerhafte und flächendeckende Basis stellen“, findet Paul. Dafür brauche es mehr Geld – vom Bund: „Gerade, weil wir erwarten, dass der Zuzug nach Deutschland auf einem hohen Niveau bleibt, braucht es hier eine strukturelle Finanzierung durch die Bundesebene.“

Sie unterstütze den Beschluss der Konferenz, Arbeitskräftepotenziale von Zugewanderten stärker zu heben, so die Ministerin. „Wer in Deutschland arbeiten und sich aktiv einbringen möchte, sollte alle dafür notwendigen Chancen erhalten. Dazu gehört ein schneller Zugang zum Arbeitsmarkt und die Abschaffung von Arbeitsverboten für Geflüchtete mit einer rechtlich gesicherten Bleibeperspektive.“ Das sei auch „im Interesse der Unternehmen, Betriebe und Einrichtungen, die gut ausgebildete Fachkräfte auch dauerhaft einsetzen wollen“.

Abschaffung von Arbeitsverbot „bietet Anreiz für illegale Migration“

In NRW ist zuletzt ein Pilotprojekt gestartet, bei dem berufliche Qualifikationen von Flüchtlingen direkt nach ihrer Ankunft analysiert, erfasst und an die Arbeitsverwaltung weitergeleitet werden. So will man Asylbewerber möglichst schnell in Arbeit bringen.

Kritik hatte es im Vorfeld aus Bayern gegeben. Sandro Kirchner (CSU), Staatssekretär im bayerischen Innenministerium, sagte zu IPPEN.MEDIA: „Wer Beschäftigungsverbote vollständig abschaffen will, bietet ein Anreiz für noch mehr illegale Migration.“ Solche Verbote, etwa für Asylbewerber aus sicheren Herkunftsstaaten, seien ein Instrument, um illegale Migration einzudämmen.

Bezahlkarte für Flüchtlinge: „Pull-Effekte reduzieren“

Ein zweites Thema bei der Integrationsministerkonferenz: die Bezahlkarte für Flüchtlinge. „Eine Bezahlkarte leistet einen wichtigen Beitrag, um Pull-Effekte nach Deutschland zu reduzieren“, glaubt CSU-Politiker Kirchner. Das ist indes umstritten. Staatsministerin Reem Alabali-Radovan (SPD) etwa hatte jüngst im Interview mit IPPEN.MEDIA erklärt, eine Debatte um „angebliche Pull-Faktoren“ sei nicht zielführend. Bargeld sei für die wenigsten ein Grund, nach Deutschland zu kommen.

Rubriklistenbild: © Sebastian Kahnert/dpa