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AfD vor Parteitag: Meinungsforscher appelliert an Ampel und Union
VonFranziska Schwarz
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Warum erhält die AfD in Umfragen aktuell so viel Zustimmung? Ein Parteienforscher sieht eine bestimmte Absicht der Befragten.
Berlin/Mannheim – Umfragen werden aktuell besonders darauf gelesen, wo die AfD steht. Im jüngsten „Trendbarometer“ des Forsa-Instituts erreicht die Partei bundesweit 19 Prozent. Ein Punkt weniger als im Trendbarometer davor. CDU/CSU verbessern sich um einen Punkt auf 27 Prozent.
Doch abgeschlagen auf Platz drei liegt die SPD mit 18 Prozent – und der Meinungsforscher Matthias Jung von der Forschungsgruppe Wahlen sieht noch keine Anzeichen für ein Ende des AfD-Umfragehochs. Je nach Erhebung standen die Rechtspopulisten diesen Sommer sogar schon bei 21 Prozent.
Die Partei wird vom Verfassungsschutz als rechtsextremistischer Verdachtsfall eingestuft. Der AfD-Landesverband Thüringen wird vom Verfassungsschutz als erwiesen rechtsextremistisch eingestuft und beobachtet.
Die AfD-Spitze im Wandel der Zeit: von Bernd Lucke bis Alice Weidel
Ob sich der Zuspruch für die AfD verfestige oder aber wieder nachlasse, „hängt davon ab, wie die anderen Parteien reagieren“, sagte Jung in einem Interview mit der Nachrichtenagentur AFP. Wichtig sei nun, „ob sich etwa die Bundesregierung wieder zu einer größeren Geschlossenheit aufraffen kann, damit der Streit nicht mehr das Dominierende ist – und ob die CDU/CSU mehr glaubwürdige Alternativen bietet“.
Auch der SPD-Politiker Ralf Stegner warnte die CDU um Parteichef Friedrich Merz im Gespräch mit IPPEN.MEDIA vor einem falschen Umgang mit den Umfragesiegern der AfD.
Meinungsforscher zur AfD: „Wird sehr gute Ergebnisse bei Landtagswahlen einfahren“
Die AfD profitiere derzeit von einer weit verbreiteten Proteststimmung – und von einem für sie günstigen Wahlkalender mit drei Landtagswahlen in Ostdeutschland im kommenden Jahr, so Jung. „Man muss kein großer Prophet sein, um davon auszugehen, dass die AfD sehr gute Ergebnisse in diesen Ländern einfahren wird – und dass sie stärkste Partei in einem Land wird, liegt im Bereich des Möglichen“, sagte Jung.
Momentan profitiere die AfD von Zuspruch aus unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen, sagte der Meinungsforscher. „Zu den Wählern mit einer eher rechtsgerichteten Orientierung kommen Protestwähler hinzu. Die wollen nicht unbedingt, dass die AfD regiert.“
Zuspruch erhalte die AfD aktuell auch aus der „bürgerlichen Mitte“ - von Menschen, die sich selbst nicht als radikal empfinden, für die das radikale Image der AfD aber durchaus attraktiv sei. „Die Menschen, die die Protestfunktion der AfD nutzen, sind sich schon bewusst, dass da rechtsradikale Elemente eine wesentliche Rolle spielen“, sagte Jung. „Wenn die AfD eine ganz harmlose Partei wäre, dann würde sie sich viel weniger als als Protestplattform eignen.“
AfD-Wähler identifizieren sich laut Meinungsforscher weniger mit Björn Höcke
Insofern gebe es unter den derzeitigen Unterstützern der AfD „nicht unbedingt eine Identifikation mit den zum Teil rechtsradikalen Positionen, die die AfD – etwa Herr Höcke – vertritt“, sagte der Meinungsforscher. „Aber die Menschen wissen: Wenn die AfD hohe Ergebnisse erzielt, werden viele Journalisten über die Probleme berichten, und die anderen Parteien werden sich stärker mit diesen Problemen beschäftigen. Das ist die gewünschte Wirkung.“ Björn Höcke ist Landeschef der AfD Thüringen. Dort erreichte die Partei im „Thüringentrend“ von Infratest dimap zuletzt 34 Prozent.
Was sagt Jung noch zur Anhängerschaft der AfD? Sie reiche auch weit ins rechtsextreme Milieu hinein – Jung sprach in dem AFP-Interview vom „Baseballschläger schwingenden jungen männlichen Anhänger, der über ein geschlossen rechtsradikales Weltbild verfügt“. Dieser finde derzeit in der AfD ebenso eine Heimat wie der „eher unpolitische Mensch, der sich über die aktuelle Regierungspolitik aufregt“. Programm und politisches Personal der AfD spielten dabei keine große Rolle.
Parteienforscher: „Von der AfD besetzte Themen nicht zum Tabu erklären“
Nach Jungs Einschätzung ist derzeit offen, in wie weit sich die AfD dauerhaft als gewichtige politische Kraft etablieren wird. Im Vergleich zu früheren Jahrzehnten seien die politischen Bindungen im Parteiensystem generell lockerer geworden. „Die AfD profitiert im Moment davon - aber sie kann natürlich auch in Situationen, die nicht mehr so günstig für sie sind, unter dieser Volatilität leiden“, sagte der Meinungsforscher. „Da kann eine gute Stimmung auch wieder versickern.“
Der Politikwissenschaftler Jürgen Falter wies im Gespräch mit IPPEN.MEDIA aber auch auf einen Punkt hin, den man nicht unterschätzen sollte: „Der AfD ist es gelungen, im Laufe der Jahre eine ansehnliche Stammwählerschaft zu rekrutieren“, sagt der Parteienforscher. Laut Schätzungen von Wahlforschern sei das wohl ein Drittel der derzeitigen Anhänger. Falter empfahl, dass andere Parteien von der AfD besetzte Themen nicht zum Tabu erklären. (AFP/frs)