Analyse

Brandenburg-Wahl: SPD triumphiert ohne Scholz – trotzdem wird er wohl Kanzlerkandidat

  • Anne-Christine Merholz
    VonAnne-Christine Merholz
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Die SPD in Brandenburg triumphiert bei der Landtagswahl, und das ohne Bundeskanzler Scholz. Ein mutiger Schachzug, der sich auszahlt.

Die symbolische Abwesenheit von Kanzler Olaf Scholz in Brandenburg war kein Zufall. Scholz befand sich in New York, während seine SPD um ihre Existenz rang. Der Kanzler spielte im Wahlkampf keine Rolle.

Obwohl der Besuch des UN-Zukunftsgipfels in New York für den Kanzler ein Muss war, hätte er normalerweise auch im Wahlkampf seiner Partei, der SPD, eine Rolle gespielt. Doch bei der Landtagswahl in Brandenburg war dies nicht der Fall. Aufgrund der schlechten Umfragewerte der Ampel unter der Führung von Scholz war der Kanzler in Brandenburg nicht willkommen. Der sozialdemokratische Ministerpräsident Dietmar Woidke führte einen auf ihn zugeschnittenen Wahlkampf und lag am Wahlabend in den Prognosen und Hochrechnungen deutlich vorne.

Brandenburg-Wahl: Kein Scholz im Wahlkampf – „Das war ein wichtiges Element für den Erfolg“

„Die Bundes-SPD wurde ganz bewusst aus dem Wahlkampf herausgehalten“, so Professor Jürgen Falter von der Universität Mainz gegenüber IPPEN.MEDIA. „Die SPD in Brandenburg hat klar davon profitiert, dass es bei der Wahl um die Frage ging, ob die AfD oder die SPD vorne liegt. Dietmar Woidke hat mit seiner mutigen Ansage: ‚die AfD oder ich‘ die Wahl gewonnen. Olaf Scholz hat meines Wissens an keiner Veranstaltung teilgenommen. Das war ein wichtiges Element für den Erfolg.“

Scholz nahm am Morgen (Ortszeit) in New York am UN-Zukunftsgipfel teil und ließ sich gegen 17 Uhr von der deutschen Botschaft in Manhattan ins Berliner Willy-Brandt-Haus schalten, um die ersten Prognosen zu diskutieren. Später verfolgte er die Wahlergebnisse im Fernsehen. Laut Hochrechnungen ist die SPD unter Ministerpräsident Dietmar Woidke erneut stärkste Partei geworden und kann, wie seit 1990 durchgehend, die Regierung anführen.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) kommt zum UN-Zukunftsgipfel in New York am Flughafen an. Bei dem Gipfel sollen Staats- und Regierungschefs den Zukunftspakt der Vereinten Nationen absegnen.

Nach Brandenburg-Wahl: „Wenn es Olaf Scholz machen will, wird er wieder Kanzlerkandidat der SPD“

Und was bedeutet das Ergebnis für Scholz und eine mögliche Kanzlerkandidatur bei der Bundestagswahl 2025? „Wenn es Olaf Scholz machen will, wird er wieder Kanzlerkandidat der SPD. Es gibt für die SPD derzeit keine glaubhafte Alternative“, so Falter gegenüber IPPEN.MEDIA. Nur wenn die Umfragewerte noch deutlich schlechter werden, könnte es einen Wechsel geben, fügt der Experte hinzu. „Viele glauben ja, dass Boris Pistorius dann eine Chance hätte. Allerdings dürfte er es in einer noch immer stark friedensbewegten SPD dann ähnlich schwer haben wie Anfang der 1980er Jahre Helmut Schmidt.”

Der Sieg in Brandenburg ist für die SPD ein Moment zum Durchatmen, doch die Partei ist noch nicht aus der Krise heraus, wie Martin Gross vom Geschwister-Scholl-Institut für Politikwissenschaft an der LMU gegenüber IPPEN.MEDIA erklärte: „Für die SPD war wichtig, dass man Brandenburg gehalten und nicht an die AfD verloren hat. Im Grunde ist die Wahl für die Ampel aber egal. Selbst, wenn die Ampel drei, vier Prozentpunkte besser abgeschnitten hätte, wäre das trotzdem kein Signal gewesen. Jeder weiß, dass der Haushalt im November der Knackpunkt sein wird.“

Peter Ulrich von der Universität Potsdam sieht ebenfalls keine Trendwende für die Bundes-SPD. Er sagte unserer Redaktion: „In gewisser Weise gibt es in Brandenburg eine eigene SPD, die ihr eigenes Ding macht. Die SPD regiert ja seit 1990 durch. Das ist, denke ich, schon etwas, das man in Brandenburg schätzt und das auch bei dieser Wahl vielleicht noch mal ein paar Wähler umgestimmt hat.“

Rubriklistenbild: © Michael Kappeler/dpa