Fernwärme in Hanau
Nach massiver Kritik: Stadtwerke Hanau senken Fernwärme-Preis früher
VonChristian Dauberschließen
Überraschung für Fernwärme-Kunden in Hanau: Der Preis sinkt zum 1. April deutlich – und vor allem früher als bisher geplant.
Hanau – Für die gebeutelten Hanauer Fernwärme-Kunden ist etwas Entspannung in Sicht, und das früher als erwartet: Die Stadtwerke Hanau (SWH) senken zum 1. April den Preis für eine Kilowattstunde Fernwärme auf 17,2 Cent. Das kündigte der Energieversorger gestern in einer Mitteilung an. Momentan liegt der Arbeitspreis noch bei 29,9 Cent.
Eine Senkung war bisher erst zum 1. Juni in Aussicht gestellt worden. Unsere Zeitung hatte vor Kurzem darüber berichtet, wie drastisch sich der Wegfall der Energiepreisbremse in Hanau auswirkt. Betroffene in den Fernwärmegebieten Großauheim und Kesselstadt müssen derzeit in Extremfällen über 800 Euro pro Monat zahlen. Im Argonner Park hatte sich eine Interessengemeinschaft gegründet, die vom Hanauer Anwalt Thomas Eichhorn rechtlich vertreten wird. Waren zu Beginn etwa zehn Anwohner dabei, seien es mittlerweile 250 Mitglieder, berichtet Eichhorn gestern am Telefon.
„Mich haben seit dem Bericht mehrere Hausverwaltungen kontaktiert. Die Interessengemeinschaft wird immer größer.“ Dass die SWH den Arbeitspreis nun senkten, verbuche er als Erfolg. Aber Eichhorn kündigt auch an: „Wir werden weitermachen.“ In der gestern verschickten Mitteilung begründen die SWH die Preissenkung zum 1. April damit, dass Block 5 des Kraftwerks Staudinger ab diesem Stichtag keine Wärme mehr liefern wird.
Fernwärme-Preise sinken in Hanau schon zum 1. April
„Gleichzeitig darf die bei der Stromerzeugung entstandene Wärme bis auf Weiteres nicht vermarktet werden.“ Diese werde künftig rückgekühlt. Da in der Erzeugungs- und Beschaffungsstruktur somit der Kohleanteil entfalle, müsse auch das Preissystem angeglichen werden. Dass Staudinger ab 1. April nur noch als Reserve dienen soll und die Fernwärme ab diesem Zeitpunkt mit deutlich günstiger gewordenem Gas erzeugt werden wird, ist jedoch Gesetzeslage und schon lange bekannt. Trotzdem war bis vor der breiten Kritik an den hohen Preisen noch vom 1. Juni als Zeitpunkt für eine Preissenkung die Rede. Dies hatten die SWH ihren Fernwärmekunden auch in einem Schreiben Ende Januar so angekündigt.
Jurist Eichhorn vermutet daher, die SWH reagierten mit der vorzeitigen Senkung auch auf die Berichterstattung unserer Zeitung. Diese sei bundesweit gelesen worden und habe das Thema „ins Rollen gebracht“, meint Eichhorn. Er sei von Initiativen aus dem ganzen Bundesgebiet – Schwalbach, Erkrath, Hamburg – kontaktiert worden, die sich ebenfalls gegen hohe Preise wehrten.
Stadtwerke Hanau von Ankündigung zur Netzreserve überrascht
Die Stadtwerke hingegen negieren auf Nachfrage einen Zusammenhang. „Preissenkungsbegehren – gleich aus welchem Grund – können wir nicht Rechnung tragen. Hier gelten die vertraglichen und gesetzlichen Bedingungen, anders als bei Strom- und Erdgasprodukten.“ Erst vor wenigen Tagen habe man die Bestätigung erhalten, dass Block 5 ab 1. April wirklich in die Netzreserve gehe. Man sei „lange Zeit davon ausgegangen, dass es eine ökologisch sinnvolle Regelung zur Vermarktung der erzeugten Wärme geben wird“. Dem sei nun nicht so.
Stattdessen werde die benötigte Wärme in gasbefeuerten Hilfskesselanlagen von Uniper parallel erzeugt – ohne Stromproduktion. „Unter Energieeffizienz-Gesichtspunkten ist das problematisch und dürfte so politisch nicht gewünscht sein“, erklärt Stadtwerke-Sprecherin Karin Lotz. Man habe nun „umgehend“ die Preisanpassung kommuniziert.
Gemeinschaftskraftwerk verzögert sich um sechs Monate
Die Senkung wird vermutlich etwas kleiner ausfallen als gewünscht. Zum 1. April soll bekanntlich die Mehrwertsteuer auf 19 Prozent angehoben werden. Damit ergebe sich ein Arbeitspreis in Höhe von 19,14 Cent. OB Claus Kaminsky hofft daher laut Mitteilung darauf, dass die Bundesregierung die Überlegung zur Mehrwertsteuererhöhung ad acta legt.
Die Hanauer Fernwärme stammt nicht nur von Staudinger, sondern bereits jetzt auch aus eigenen Heizwerken der Stadtwerke. Perspektivisch soll sie aus dem gerade entstehenden Gemeinschaftskraftwerk von SWH und Mainova kommen. Bis dieses fertig ist, dauert es laut Stadtwerke-Sprecherin Lotz länger als geplant. Bei dem Projekt gebe es eine sechsmonatige Verzögerung. Im Jahr 2025 werde das Kraftwerk, das in Sichtweite zum Staudinger gebaut wird, die Versorgung mit Fernwärme übernehmen. Ursprünglich sollte es bereits zur Winterperiode 2024/25 in Betrieb genommen werden.
Interessengemeinschaft Fernwärme kämpft weiter
Wie sich die Preise bis dahin für Fernwärme-Kunden in Hanau entwickeln, sei trotz der nun angekündigten Preissenkung unsicher, sagt Anwalt Thomas Eichhorn. Er werde daher weiter mit der Interessengemeinschaft im Sinne der Betroffenen kämpfen. Die Preisbegleitklausel hält er nach wie vor für rechtswidrig und fordert, dass sie geändert wird. Weiterhin kritisiert Eichhorn, dass die SWH keine Bereitschaft zeigten, Betroffene aus bestehenden Verträgen zu entlassen – etwa, wenn jemand eine Wärmepumpe installieren wolle.
Nur ein Kopfschütteln hat Eichhorn auch dafür übrig, dass Fernwärme in Großkrotzenburg nur 8,8 Cent kostet – auch nach der Preissenkung nur halb so viel wie in Hanau. Für den Anwalt gibt es also noch einiges zu klären. Am 4. März solle es ein Gespräch mit den Stadtwerken geben. (Christian Dauber)
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