„Zwangsarbeit“

9 Sätze aus dem Wahlprogramm der AfD, die dich überraschen werden

  • Jana Stäbener
    VonJana Stäbener
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Die Mehrheit der Deutschen glaubt, dass die AfD im Osten bald einen Ministerpräsidenten stellt. Wenn das passiert, hat das auch Folgen für dich.

Bei den vergangenen Landtagswahlen 2023 in Hessen und Bayern wurde die AfD zweit- und drittstärkste Kraft. Diesen September wird in drei ostdeutschen Bundesländern gewählt: Sachsen, Thüringen und Brandenburg. In allen drei Ländern liegt die AfD in den Umfragen an der Spitze.

Einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov im Auftrag der dpa zufolge glaubt eine Mehrheit von 53 Prozent, dass die AfD bald einen Landesregierungschef stellt.

Eine der Konsequenzen, die AfD-Wählen hat: verpflichtende „Zwangsarbeit“ – zum Beispiel in der Heimatpflege.

9 Sätze aus dem Wahlprogramm zeigen, was die AfD will

Der Erfolg der in Teilen als „gesichert rechtsextremistisch“ eingestuften Partei bereitet SPD-Chefin Saskia Esken Sorge. Für sie ist ein Verbotsantrag weiter eine Option, um gegen die „klar demokratiefeindliche“ Partei vorzugehen.

Carsten Schneider, der Ostbeauftragte der Bundesregierung (der am Tag der Deutschen Einheit auf Unterschiede zwischen Ost und West hinwies), hat sich gegen ein Verbot der AfD ausgesprochen. Davon halte er gar nichts, sagte er der Süddeutschen Zeitung (SZ) am 3. Januar 2024. Ein Parteiverbot sei nicht nur schwer juristisch durchzusetzen, sondern führe schlimmstenfalls zu einer noch größeren Solidarisierung.

Das Ziel müsse sein, den AfD-Wählern zu verdeutlichen, „was die Konsequenzen ihrer inhaltlichen Positionen wären“, sagt Schneider. BuzzFeed News Deutschland hat die Grundsätze der Partei, die diese neun AfD-Wahlplakate ganz gut beschreiben, noch einmal für dich zusammengefasst.

1. Die AfD will zurück zur Bildungselite

Die AfD will wieder zurück zum „Leistungsprinzip“, was die Bildungschancen von Akademiker-Kindern erhöhen und die von Kindern aus Arbeiter-Familien verringern dürfte. Die Forderung bedeutet, dass Gesamtschulen weniger werden sollen, genauso wie inklusive Schulen, an denen Kinder mit Behinderung gemeinsam mit Kindern ohne Behinderung unterrichtet werden.

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2. Die AfD will Reiche weniger und Arme mehr besteuern

Die AfD will die Erbschaftssteuer und die Vermögenssteuer abschaffen, was Reiche in Deutschland noch reicher machen dürfte. Im AfD-Grundsatzprogramm schreibt die Partei außerdem, dass sie analog zur Schuldenbremse eine „verbindliche Steuer- und Abgabenbremse“ und einen „deutlich höheren Grundfreibetrag“ fordere.

Solche Ziele finden sich auch im Wahlprogramm 2017. Das Steuerkonzept der AfD sei „angelehnt an die Ideen von Paul Kirchhoff“, sagte einmal Frauke Petry, die ehemalige Parteisprecherin der AfD. Es sah vor, Verdienste über 20.000 Euro mit 25 Prozent zu besteuern, egal ob 20.001 oder 500.000 Euro. Das AfD-Programm ist deswegen ein Plan für Reiche, schrieb damals ein Autor der Frankfurter Rundschau.

3. Die AfD will weniger Kinderbetreuung

„Die Alternative für Deutschland bekennt sich zur traditionellen Familie als Leitbild. [...] Ein falsch verstandener Feminismus schätzt einseitig Frauen im Erwerbsleben, nicht aber Frauen, die nur Mutter und Hausfrau sind“, steht im Grundsatzprogramm. Und
„Den Bedürfnissen unserer Kinder nach individueller Betreuung muss wieder Rechnung getragen werden.“

Was erst einmal gut klingt (Wer will als Hausfrau nicht wertgeschätzt werden und klar ist es schön, wenn Kinder individuell betreut werden) sei in Wahrheit Sozialpolitik wie aus den 1950er-Jahren, so Schneider. Krippenplätze für unter Dreijährige gibt es mit der AfD ebenso wenig, wie Elterngeld (das steht mit keinem Wort im Programm). „Das muss für viele ostdeutsche Frauen furchtbar sein“, sagt der Ostbeauftragte Schneider der SZ.

4. Die AfD will Kinderlose mehr besteuern

Menschen, die auch aus guten Gründen keine Kinder bekommen, sollen laut Absatz 11.3 im AfD-Programm mehr Steuern zahlen als Familien. Dies funktioniert mit einem sogenannten „Familiensplitting“. Ein Paar mit zwei Kindern soll so in der Theorie nur auf halb so viel Einkommen Steuern zahlen, wie ein kinderloses Paar.

5. Die AfD will ein besseres Verhältnis zu Russland

In Absatz 4.3 des Grundsatzprogramms schreibt die AfD trotz Ukraine-Kriegs, wie wichtig das Verhältnis zu Russland für Deutschland sei. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) bezeichnete die AfD schon als „Partei Russlands“. Hier zwölf Beispiele, warum er damit wohl richtig liegt.

6. Die AfD will, dass du irgendwann mal deine Eltern pflegst

„Wir wollen die Fürsorge für pflegebedürftige Familienangehörige in einer vertrauten familiären Umgebung stärken“, schreibt die AfD in ihrem Programm. Dafür solle es mehr Pflegegeld geben, sodass sich „erwachsene Kinder bewusst für die Pflege der Eltern entscheiden können“.

Klingt gut? Nur wenn du eine Wahl hast, oder? Da die AfD die „individuelle häusliche Pflege zu einem Hauptbestandteil der sozialen Sicherungssysteme“ machen will, dürfte das schwierig werden. Außerdem sind es immer noch meist Frauen, die Care-Arbeit übernehmen, was in dem Fall wohl vor allem sie betreffen dürfte.

7. Der AfD ist gegen Schwangerschaftsabbrüche

Im Grundsatzprogramm spricht die AfD von einer „Willkommenskultur für Neu- und Ungeborene“ (willkommener als Migranten zumindest, die die AfD immer wieder pauschal kriminalisiert). Sie „beklagt“, dass es 100.000 Schwangerschaftsabbrüche im Jahr gebe und „wendet sich gegen alle Versuche, Abtreibungen [...] gar zu einem Menschenrecht zu erklären“.

8. Die AfD möchte, dass du nach sechs Monaten Arbeitslosigkeit „verpflichtend arbeitest“

Statt Bürgergeld will die AfD die „aktivierende Grundsicherung“. Die Idee: „Wer arbeiten kann, soll auch arbeiten“. Wer arbeitslos ist und nach sechs Monaten keinen neuen Job hat, soll „Bürgerarbeit“ leisten. Also Arbeit in der Heimatpflege, im Zivilschutz oder in der Wohlfahrt – natürlich unbezahlt.

Nur wer dieser Arbeit nachgeht, soll dann Sozialleistungen erhalten. Der deutsche Philosoph Ronald Blaschke spricht von „Zwangsarbeit“. Davon erhofft sich die Partei eine „starke positive Lenkungswirkung zur Aufnahme einer SV-pflichtigen Beschäftigung“.

9. Die AfD ist dem „Genderwahn“ verfallen

Wer für die AfD ein Kreuzchen setzt, weil er oder sie total gegen den angeblichen „Genderzwang“ ist, der dürfte nun wohl schockiert sein. In den vergangenen sechs Jahren hat nur eine Partei Anträge zum Thema „Gendern“ gestellt. Bingo: die AfD selbst.

Eine Linken-Politikerin weist auf diesen Umstand Ende Juni 2023 im Bundestag hin. Weil wir es kaum glauben konnten, haben wir von BuzzFeed News Deutschland uns das selbst noch einmal angeschaut. Und es ist wahr: Die AfD hat im Bundestag die meisten Gender-Anträge einreicht.

(Mit Material der dpa)

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