Wichtige Fragen

Worüber sich Eltern bei der Kindererziehung laut der Psychologin wirklich Gedanken machen sollten

  • Jasmina Deshmeh
    VonJasmina Deshmeh
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Für Kindererziehung gibt es kein Patentrezept. Doch zu wissen, welche Aspekte im Alltag wirklich zählen, kann Eltern auf ihrer Erziehungsreise helfen.

Im Alltag mit Kindern kommen oft Fragen auf. „Muss ich mir Sorgen machen, wenn mein Kind das tut?“ oder „Ist es seltsam, dass mein Kind dieses oder jenes jetzt gesagt hat?“.  Francyne Zeltser ist Kinderpsychologin und zweifache Mutter und weiß, was Eltern umtreibt. Oft kommen diese Themen in ihrer Arbeit mit Familien auf und Eltern sind verunsichert, welche Verhaltensweisen ihrer Kinder als Warnsignal gedeutet werden sollten. Gegenüber parents.com erklärt sie, worüber sie sich als Mutter keine Gedanken macht und welche Themen stattdessen Vorrang haben.

Dinge, über die sich Eltern zu viele Gedanken machen

Aus ihrer beruflichen und persönlichen Erfahrung heraus gäbe es Themen, für die Eltern zu viel Zeit aufbringen würden, so die Psychologin. Darunter die Frage, ob sie genug Zeit mit ihren Kindern verbringen. Eine Frage, die sich auch Francyne Zeltser als berufstätige Mutter stellte. Wichtiger als die „Menge der Zeit“, sei aber die „Qualität der gemeinsamen Zeit“, so die Expertin. „Wenn ich mit meinen Kindern zusammen bin, sei es eine Stunde oder einen ganzen Tag, gehe ich auf ihre Signale und Bedürfnisse ein“, erklärt sie. Auch wenn Eltern nicht arbeiten gehen, könnte die Fremdbetreuung der Kinder durch Großeltern, Verwandte oder Babysitter guttun. Denn „ein wenig Zeit für sich selbst ist für alle Beteiligten gesund“, so die Kinderpsychologin.

Bei der Erziehung ihrer Kinder machen sich Eltern oft viele Gedanken – manchmal die falschen. (Symbolbild)

Ein weiterer Punkt, den viele Eltern zerdenken: Die Entwicklung der Kinder. „Kinder erreichen Entwicklungsmeilensteine, wenn sie dazu bereit sind.“ Viele Eltern würden jedoch dazu neigen, ihre Kinder zu vergleichen. „Jedes Kind lernt und wächst in seinem eigenen Tempo“, zitiert Francyne Zeltser eine Kollegin. Statt das Kind mit anderen zu vergleichen, sollten Eltern sich lieber auf die Fortschritte des Kindes konzentrieren und dieses „mit sich selbst vergleichen“. Sollten Eltern ernsthafte Bedenken in Bezug auf die Entwicklung ihres Kindes haben, können sie sich an ihren Kinderarzt oder ihre Kinderärztin wenden.

Essgewohnheiten und Bildschirmzeit

Auch über die Essgewohnheiten ihres Kindes zerbrechen sich viele Eltern den Kopf. Ist das Kind sehr wählerisch, sprechen Experten von sogenannten „Picky Eaters“. „Solange der Kinderarzt keine Bedenken hinsichtlich ihres Gewichts oder ihrer Gesundheit hat, streite ich meine Kinder nicht wegen des Essens“, erklärt Francyne Zeltser dazu. Normalerweise biete sie zwei Mahlzeiten an, das was gerade gegessen werde und Reste, die der Kühlschrank hergebe. „Wenn sie hungrig sind, essen sie; Wenn nicht, dann nicht“, so die Kinderpsychologin. Neue Lebensmittel würde sie zudem oft mit altbekannten, beliebten Nahrungsmitteln kombinieren. Das erhöhe die Bereitschaft der Kinder, davon zu probieren.

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Bildschirmzeit, sogenannte Screentime, wird vor allem bei Kleinkindern kritisch gesehen. So gibt es Studien, die belegen, dass Tablet-Nutzung bei Kindern Wut und Frustration fördern kann. Und auch die Sprachentwicklung von Kleinkindern kann durch Bildschirmzeit gebremst werden. Bei älteren Kindern und in Maßen könnten Tablets aber auch „großartige Lehrmittel“ sein, so die Meinung der Expertin. Etwa in der Schule, bei langen Autofahrten oder auch im Wartezimmer. Wichtig sei dabei, vorher Grenzen zu setzen und diese auch einzuhalten.

Worüber sich Eltern laut der Psychologin wirklich Gedanken machen sollten

Doch welches sind nun die Themen, über die sich Eltern auf ihrer Erziehungsreise wirklich Gedanken machen sollten? Die Eltern- und Kinderpsychologin nennt dazu folgende Fragen:

„Wer sind die Freunde meines Kindes?“

Viele Eltern bringen ihr Kind zur Schule, ohne auch nur einen Fuß in das Gebäude zu setzen. Mit wem das Kind befreundet ist, kann aber tiefgreifende Auswirkungen auf seine Entwicklung haben. Eltern sollten deshalb versuchen, die Freunde ihrer Kinder kennenzulernen. Zum Beispiel, indem Spieltermine vereinbart werden oder das Kind an außerschulischen Aktivitäten teilnimmt. Auch wichtig: Mit dem Kind über Veranstaltungen sprechen und wie diese in seinem Erleben gelaufen sind. Fällt Eltern auf, dass ihr Kind sich im Spiel immer nach anderen richtet, sollten sie es in seinem Selbstbewusstsein und der Fähigkeit, für sich selbst einzustehen, stärken. Als Möglichkeit nennt Francyne Zeltser hier Rollenspiele.

„Was sind die Interessen meines Kindes?“

Aus ihrem Alltag als Mutter berichtet Zeltser außerdem, dass sie versuche, ihren Sohn zu Aktivitäten zu ermutigen, die ihn interessieren, statt sich für Aktivitäten zu entscheiden, die gerade beliebt sind. Denn Aktivitäten sollten danach ausgewählt werden, ob sie Spaß machen. Außerdem werde das Kind dort „wahrscheinlich Gleichgesinnte mit ähnlichen Interessen treffen“.

Mental Load, Stress, Schlafmangel, Einsamkeit: Dinge, die sich Eltern mit Kind anders vorgestellt haben

Mutter liegt mit Baby in der Wiese
Die Elternzeit wird schön, endlich Freizeit, wie Urlaub, abschalten und die Zeit mit dem Baby genießen, viel spazieren gehen, die angefangenen Bücher fertig lesen, neue Kochrezepte ausprobieren. Was sich gerade Mütter während der ersten Schwangerschaft ausmalen, entspricht in vielen Fällen nicht dem, wie es dann wird. Manche Mütter und Väter fühlen sich vom neuen Lebensabschnitt überrollt und trotz aller Vorbereitungen doch nicht genug vorbereitet. (Symbolbild) © Kzenon/Imago
Frau enttäuscht am Telefon
So sehr sich viele Mütter über den positiven Schwangerschaftstest und den Nachwuchs freuen, umso herausfordernder kann dann die Organisation rund um die Geburt werden. Je nachdem, in welcher Stadt sie leben, wird Eltern geraten, sich frühzeitig um einen Platz zur Entbindung in einer Klinik zu bemühen. 24vita.de sprach mit einer Mutter, die bereits in der 6. Woche der Frühschwangerschaft von Kliniken am Telefon abgewiesen wurde, weil sie zum errechneten Entbindungstermin keinen Platz ermöglichen konnten. „Das habe ich wirklich nicht erwartet“, berichtete die Mutter. (Symbolbild) © AntonioGuillem/Imago
Zwei Frauen mit Baby am Wickeltisch.
Ein für viele Mütter besonders frustrierender Umstand ist der Mangel an Hebammen in Deutschland, insbesondere zur Nachsorge. Ein Umstand, den sich so manche Eltern wohl anders vorgestellt haben. Die Hebamme kommt nach der Geburt zu den Müttern nach Hause – anfangs täglich, später wöchentlich – sieht nach dem Baby und ist auch wertvolle Ansprechpartnerin für die Mutter. Eltern brauchen speziell am Anfang Unterstützung und Kraft, um ihre nötige Kompetenz entwickeln zu können. Gerade nach der Geburt fühlen sich viele Mütter körperlich und mental erschöpft. Die Hebamme kontrolliert in der Nachsorge zudem die Rückbildung der Gebärmutter bei der betreffenden Mutter, den Wochenfluss sowie die Wundheilung von Riss- oder Operationswunden bei Dammriss oder -schnitt sowie Kaiserschnitt. Außerdem zeigt die Hebamme ihnen erste Übungen der Rückbildungsgymnastik. (Symbolbild) © Mareen Fischinger/Imago
Mutter sitzt erschöpft vor Babybett
Ein Baby bedeutet das pure Glück – so denken und hoffen es die meisten Eltern. Doch nicht immer stellt sich nach der Geburt das Gefühl von Glück und unendlicher Liebe ein. Bei etwa 710.000 Geburten pro Jahr in Deutschland zeigen über 70.000 Frauen und mit ihnen auch Männer pro Jahr Symptome einer postpartalen Depression. (Symbolbild) © Highwaystarz/LOOP IMAGES/Imago
Vater und Sohn schlafen im Sitzen
„Schlaf immer dann, wenn das Baby schläft.“ Ein gut gemeinter Rat von anderen Eltern, der nach der Geburt eine besondere Bedeutung einnehmen wird. Denn den schwierigen Umstand der veränderten Schlafqualität mit Schlafmangel haben sich viele Eltern definitiv anders vorgestellt. Nicht selten fühlen sich die übermüdeten Mütter und Väter dann über den ganzen Tag schläfrig-benommen, leiden unter Konzentrationsschwierigkeiten, Stimmungsschwankungen und sind stark reizbar. (Symbolbild) © Tanya Yatsenko/Imago
Mutter mit Baby erinnert sich
Zu dem neuen Leben mit Baby kommen auch jede Menge Aufgaben auf Mütter und Vater zu, angefangen vom neuen Tagesablauf, den oftmals kurzen Nächten, über das Stillen des Babys und Fläschchen geben bis hin zu Nachsorge- und Vorsorgeterminen. Gerade Mütter berichten, das Gefühl zu haben, an vieles denken zu müssen und machen dabei häufig die Erfahrung – auch wenn das Kind schon älter ist sowie, wenn Geschwister dazu kommen – Termine, Verabredungen oder Aufgaben zu vergessen. (Symbolbild) © Highwaystarz/LOOP IMAGES/Imago
Frau sortiert Wäsche in Waschmaschine
Mit dem Nachwuchs wird die Arbeit im Haushalt nicht weniger, ganz im Gegenteil. „Ich hätte es nie für möglich gehalten, so viel Wäsche pro Woche zu waschen“, erzählt eine Mutter 24vita.de im Gespräch. Mit dem Baby in der Familie fehlt es dann schlicht und ergreifend häufig an Zeit und vielen Eltern auch an Energie, Aufgaben zu erledigen, selbst wenn Eltern das Kind einbinden oder sich zur Erholung zum schlafenden Baby dazu legen. (Symbolbild) © YAY Images/Imago
Frau in der Dusche
Eine ausgiebige Dusche oder ein schönes, warmes Bad. Was für Menschen ohne Kinder meist selbstverständlich ist, muss von Eltern mit Baby nicht selten zeitlich eingeplant werden. „Ich habe anfangs immer nur ganz schnell duschen können, weil unser Kleiner nicht gerne abgelegt werden wollte und dann viel weinte“, beschreibt eine Mutter im Gespräch mit 24vita.de. Zwar mag es für die einen absurd klingen, doch ist dieser Umstand für so manche Mutter oder manchen Vater nach der Geburt des Babys blanke Realität, die vorher nicht in ihrer Vorstellung vorkam. (Symbolbild) © Ihar Ulashchyk/Imago
Mutter wiegt Baby im Arm
Über neun Monate warten Eltern darauf, ihr Baby in den Armen halten zu können. „Jeden Tag war das für mich ein besonderer Moment, wenn ich unser kleines Baby im Arm hielt, sie wiegte, an ihr roch“, so die Mutter einer jetzt 4-Jährigen. Die meisten Eltern freuen sich auf ihre Elternzeit mit Kind, doch es gibt auch die Mütter und Väter, die sich in dieser ersten Zeit mit Kind dennoch alleine fühlen, da ihnen beispielsweise die Ansprache mit anderen fehlt. (Symbolbild) © Monkey Business 2/Imago
Eltern mit kleinem Baby
Mit der Geburt des Babys werden aus zwei Menschen eine Familie. Wo sich vorher die Frau und der Mann voll auf ihre Partnerschaft konzentrieren konnten, stehen nun in der Regel vorrangig die Bedürfnisse des Nachwuchses im Zentrum der Aufmerksamkeit. Ein Baby verändert zwar eine Partnerschaft, kann sie aber auch bereichern. Mutter und Vater ist eine Rolle im Leben, in die Eltern zunächst hineinwachsen müssen, die auch mit Tücken, Hindernissen und verschiedenen Gefühlen verbunden ist, auch wenn es in der eigenen Vorstellung einfacher schien. (Symbolbild)  © Cavan Images/Imago

„Ist mein Kind freundlich und empathisch?“

Verhalten sich Kinder gemein, liege das laut der Expertin nicht daran, dass sie tatsächlich gemein sind, sondern vielmehr daran, dass sie beobachten, dass sich andere gemein verhalten haben. „Kinder sind wie Schwämme, sie nehmen alles auf“, sagt Zeltser. Ihr Tipp für Eltern: Ausdrücke, wie „Jeder ist dabei“ oder „Freundlichkeit zählt“ zu verwenden. Und ehrlich und altersgerecht mit dem Kind darüber sprechen, wenn sie beobachten, dass andere unfreundlich sind. Vielleicht finden sich Möglichkeiten, wie eine Situation besser hätte gelöst werden können?

Natürlich müssen Kinder nicht jeden Menschen mögen. Doch sie sollten anderen gegenüber freundlich begegnen. Dabei seien Eltern als Vorbilder gefragt.

Und wie damitumgehen, wenn andere Menschen unfreundlich sind? Dann helfe ein Perspektivwechsel, rät die Psychologin. „Kann es sein, dass die Person einfach nur einen schlechten Tag hat?“

„Treffe ich die richtigen Bildungsentscheidungen für mein Kind?“

Auch bezogen auf die Bildung der Kinder, stehen Eltern vor viele Fragen: „Habe ich das Kind für genügend außerschulische Aktivitäten angemeldet?“ und „Soll mein Kind auf eine öffentliche oder private Schule gehen?“. Zeltser rät Eltern, diesen Entscheidungen den Wind aus den Segeln zu nehmen. „Ich kann Ihnen zwar nicht sagen, was für Ihre Kinder richtig ist, aber ich kann mit Sicherheit sagen, dass keine Entscheidung, die Sie für Ihre Kinder treffen, in Stein gemeißelt ist“, sagt sie.

Wenn Eltern merken, dass Kinder unzufrieden sind oder der Druck auf das Kind zu hoch ist, sollten sie aktiv werden und gegebenfalls etwas ändern. Zum Beispiel ein Elterngespräch einfordern oder die Schule wechseln. „Sie sind der beste Anwalt Ihres Kindes und der Ball liegt bei Ihnen“, resümiert die Expertin.

„Wie fühlt sich mein Kind?“

Ist mein Kind glücklich?“. Auch diese Frage beschäftigt wohl viele Eltern. Statt sich darüber den Kopf zu zerbrechen, sollten Eltern ihr Kind direkt fragen. Und ganz wichtig: Seine Bedenken und Sorgen dabei nicht herunterspielen. Gefühle dürfen da sein und für Kinder ist es wichtig, dass Eltern ihnen zuhören und den Gefühlen Raum geben.

Natürlich gehören auch weniger schöne Gefühle zum Leben dazu. Etwa, wenn das Kind abends vor einem Schultest nervös ist. Wenn es sich aber ständig Sorgen macht oder Ängste hat, nicht gerne an Aktivitäten teilnimmt, die ihm sonst Spaß machen, oder immer wieder über körpliche Beschwerden wie Magen- oder Kopfschmerzen klagt (für die sich keine medizinische Ursache finden lässt), sollten Eltern hellhörig werden. Die Psychologin empfiehlt: „Sprechen Sie mit Ihrem Kind darüber, wie es sich fühlt, und versuchen Sie, dem Problem auf den Grund zu gehen. Wenn Ihr Kind etwas stört, schlagen Sie ihm Strategien vor, die es anwenden kann.“ Lassen sich die Probleme nicht lösen, kann professionelle Hilfe ein Weg sein.

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