Wichtigste Handelspartner

Nach Sanktionen: Russland bindet sich langfristig an China und Indien

  • VonMax Schäfer
    schließen

Die Beziehung Russlands zum Westen sind durch den Ukraine-Krieg nachhaltig geschädigt. Putin vertieft deshalb seine Beziehungen mit China und Indien – laut Experten.

Moskau – Seit dem Überfall auf die Ukraine ist der Weg nach Westen für Russland blockiert – politisch, aber auch wirtschaftlich. Die USA und die EU, früher wichtige Handelspartner, haben seit Kriegsbeginn eine Reihe von Sanktionen gegen Russland verabschiedet. Putin kompensiert den Verlust durch stärkeren Handel mit China und Indien. Beide Länder sind inzwischen Russlands wichtigste Handelspartner.

Die Abkehr vom Westen und die Orientierung nach Osten ist ein langfristiger Schritt. „So lange Krieg herrscht, auch wenn die Ukraine besiegt werden sollte, wird sich die Einstellung im Westen meiner Meinung nach nicht ändern“, sagte Rajan Menon, Russland-Experte beim US-Thinktank Carnegie Endowment for International Peace der Deutschen Welle.

Experte rechnet mit langfristiger Abkehr Russlands von Europa – und Hinwendung der Handelsbeziehungen mit China und Indien

Auch nach einem Ende des Ukraine-Krieges hält die Abkehr nach Menons Ansicht an. „Niemand wird sagen: ‚Okay, jetzt, wo der Krieg vorbei ist, müssen wir unsere Beziehungen zu Russland wiederaufnehmen.‘“ Russland bleibe nur die Wahl, sich China und Indien zuzuwenden.

Seit die EU infolge des Krieges ein Ölembargo gegen Russland verhängt hat, gehen fast 90 Prozent der russischen Ölexporte in die beiden asiatischen Länder. China nimmt fast die Hälfte des Öls ab, Indien noch 40 Prozent. Das hatte der für Energie zuständige russische Vize-Ministerpräsident Alexander Nowak Ende 2023 erklärt. Indien stellte dabei auch einen Weg dar, um westliche Sanktionen zu umgehen. Das Land importierte russisches Öl, raffinierte es, um es schließlich nach Europa zu exportieren.

Indien ist zudem ein wichtiger Abnehmer für Russlands Rüstungsindustrie – und umgekehrt ist Russland ein wichtiger Lieferant für Indiens Militär. Mehr als 65 Prozent der indischen Waffenkäufe in den vergangenen beiden Jahrzehnten stammen laut Stockholm International Peace Research Institute (Sipri) aus Russland. Das macht eine Summe in Höhe von knapp 60 Milliarden US-Dollar aus.

Handel zwischen Russland und China wächst rasant

Bedeutender für Russland sind jedoch noch die Beziehungen mit China. 2023 erreichten beide Nationen ein Handelsvolumen von 240 Milliarden US-Dollar. Das übertrifft laut der Deutschen Welle die beim Treffen beider Staaten im vergangenen Jahr festgelegte Ziel von 200 Milliarden US-Dollar – und ist ein neuer Rekord.

Indiens Premier Narendra Modi (Mitte) und Chinas Präsident Xi Jinping (rechts) sind seit Kriegsbeginn die wichtigsten Partner für Wladimir Putin. (Archivfoto)

Russland ist damit vom neunten Platz der wichtigsten Handelspartner Chinas im Jahr 2020 auf den fünften Platz vorgerückt. „China und Russland sind in Eurasien enge Nachbarn und das steigende Handelsvolumen ist etwas ganz Natürliches“, sagte der russische Sinologe Aleksei Chigadaev der Deutschen Welle. Die Geschwindigkeit sei jedoch nicht normal. „Sie weckt Bedenken.“

Putins intensive Handelsbeziehungen mit China und Indien können zu einem Problem für ihn werden

Wladimir Putin hat bei seiner Hinwendung nach Osten ein Problem: Er begibt sich selbst in eine wirtschaftliche und strategische Abhängigkeit. Das macht auch Chigadaev deutlich: „Ohne China stünde die russische Wirtschaft vor einer ernsten Krise. Ohne Russland dagegen stünde China vor einer Krise, aber es wäre keine große.“ Eine Ursache sieht er darin, dass die russischen Exporte nach China fast 90 Prozent aus Öl und Gas bestünden. Von den fossilen Brennstoffen werde China jedoch immer weniger benötigen, wenn es seinen Weg der Umstellung auf eine grüne Wirtschaft fortsetze.

Zudem könnte der Grenzkonflikt zwischen China und Indien zu einem weiteren Problem für Putin führen. „Er wäre gewzungen, sich für einen seiner beiden Freunde zu entscheiden“, sagte Politikwissenschaftler Rajan Menon der Deutschen Welle. In einem solchen Konflikt würde sich Putin für China entscheiden oder die Entscheidung hinauszögern. „China hat Russland sehr viel mehr zu bieten als Indien.“

Putin wird wirtschaftliche Beziehungen zu China und Indien ausbauen – laut Experten

Trotz dieser beiden Probleme rechnet Menon damit, dass der Kreml seine Beziehungen mit den beiden Ländern noch vertieft. Der russische Sinologe Chigadaev verweist jedoch darauf, dass die „Kultur, Religion und Geschichte Russlands enger mit Europa verknüpft sind“. (ms)

Rubriklistenbild: © Xie Huanchi/dpa