Energiewende

Energieunternehmen kritisiert Debatte um Wärmepumpen – „Würde reichen, wenn Leute die Fakten verstehen“

  • Marcel Reich
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  • Lars-Eric Nievelstein
    Lars-Eric Nievelstein
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Die Heizungsgesetz-Debatte hat das Vertrauen in die Wärmepumpe erschüttert. Dabei geht es jedoch zu oft um Fehlinformation. Ein Berliner Energieunternehmen will das ändern.

Berlin – Mit minus 52 Prozent haben Wärmepumpen im ersten Quartal 2024 den stärksten Absatzeinbruch aller Wärmeerzeuger erlitten. Das hatte der Bundesverband der Deutschen Heizungsindustrie (BDH) Anfang Mai 2024 mitgeteilt. Zwar fördert die Regierung die Wärmepumpe nach Kräften, aber das Vertrauen der Deutschen in die neue Technologie ist angeknackst.

„Wärmepumpe ist viel attraktiver“ – Enpal zeigt sich überrascht über Marktturbulenzen

Ist das berechtigt? Darüber hat Ippen.Media mit Mario Kohle, dem Gründer und CEO vom Berliner Energieunternehmen Enpal, gesprochen.

Kennzahlen zu Enpal

Enpal, gegründet 2017, bietet Rundum-Pakete für erneuerbare Energien an und beschäftigt mehrere tausend Mitarbeiter. Im Jahr 2023 erwirtschaftete das Unternehmen einen Umsatz in Höhe von 900 Millionen Euro. Aktuell fährt Enpal seine Wärmepumpen-Sparte hoch – 2024 will es eine dreistellige Millionensumme in das Wärmesegment investieren.

Die Wärmepumpe hat in Deutschland aktuell einen schweren Stand – bei Enpal scheint das jedoch nicht der Fall zu sein. Was läuft bei Ihnen besser als bei der Konkurrenz?
Uns hat das sehr überrascht, dass die Wärmepumpe einen schweren Stand haben soll. Durch die Förderung bekommt man Zuschüsse bis zu 70 Prozent oder bis zu 21.000 Euro. Die Wärmepumpe ist viel attraktiver geworden als Vergleichsprodukte wie die Gas- oder Ölheizung. Was uns abhebt, ist, dass wir bei Enpal auch spezialisiert darauf sind, das einem Kunden zu erklären und verschiedene Produkte in Gesamtlösungen einzubinden.
Enpal-CEO Mario Kohle. Die Heizungsgesetz-Debatte hat das Vertrauen in die Wärmepumpe erschüttert. Deutsche greifen wieder zur Ölheizung. Das muss nicht sein, findet Enpal. 
Enpal will es den Kunden möglichst einfach machen und eine gute Kundenerfahrung zu bieten. Und es klappt – die Kunden sind happy.
Wie sieht das in Zahlen aus? 
Ein Ergebnis dieser Strategie in Kombination mit dem, was die Bundesregierung gestartet hatte, war, dass sich die Verkäufe von Wärmepumpen in den letzten Monaten verfünffacht haben. Wir haben über 1.000 Wärmepumpen verbaut, Tendenz steigend.

„Das ist eine sehr starke Förderung“ – Zusatz-Subventionen für Wärmepumpen sind unnötig

Einige Wärmepumpenhersteller haben angefangen, aufgrund der Unsicherheiten bei den staatlichen Subventionen selbst so eine Art Subventionssystem einzuführen. Wie hat Enpal das gelöst?
Die staatliche Förderung ist dermaßen hilfreich für die Kunden, dass keine zusätzlichen Subventionen notwendig sind. Die Wärmepumpe ist für die Kunden viel besser als eine Gas- oder Ölheizung. Das ist eine sehr starke Förderung. Was uns auch, ehrlich gesagt, überrascht hat, ist, dass die Wärmepumpenverkäufe nicht explodiert sind. Das ist für uns schwer zu erklären, weil es eben bei uns so gut funktioniert.
Wie groß ist der Anteil der Wärmepumpe an Ihrem Geschäftsmodell?
Letztes Jahr haben wir über 30.000 Photovoltaikanlagen verbaut und, wie erwähnt, über 1.000 Wärmepumpen. Der Anteil der Wärmepumpen steigt gerade deutlich. Immer mehr Kunden wird klar, dass sie, wenn sie komplementäre Produkte kombinieren (zum Beispiel die Solaranlage auf dem Dach, einen Speicher und dazu das Elektroauto, das sich aus der Solaranlage speist), eine enorme Ersparnis haben. Bei der Wärmepumpe ist das genau so. 
Inwiefern?
Die Wärmepumpe ist ein komplementäres Produkt. Mit dem Solarstrom kann ich mein Brauchwasser erwärmen oder im Winter das Haus heizen. Je mehr von diesen Produkten ich einkaufe, desto mehr Geld spare ich, im Vergleich zu Strom, Gas und Benzin vorher. Deshalb ist Enpal weniger ein Solarunternehmen als vielmehr ein Unternehmen der Komplettlösungen für erneuerbare Energie.
In diese Richtung gehen wir immer mehr und auch deshalb steigt der Anteil an Wärmepumpen deutlich. Wir denken sogar, dass wir irgendwann genauso viele Wärmepumpen verbauen, wie wir Photovoltaikanlagen installieren, wenn nicht sogar mehr.

Förderung kommt nicht da an, wo sie gebraucht wird

Ist das denn ein konkretes Ziel von Enpal? Soll der Anteil an Wärmepumpen den von Photovoltaik übertreffen? 
Wir sehen uns da völlig als Komplettlösungsanbieter. Viele lokale Anbieter haben entweder die Wärmepumpe, oder die Solaranlage, oder das Elektroauto. Die wenigsten Kunden aber sind Elektroingenieure, die das dann alles miteinander verbinden können. Daher suchen sie sich einen Anbieter, der das alles macht und ihnen die maximale Ersparnis bietet. Das ist die Idee von Enpal.
Enpal hat sich zum Ziel gesetzt, der „größte Heizungsbauer Deutschlands“ zu werden. Jetzt sind die Wärmepumpen aber nicht aus eigenem Bau, sondern von Bosch – wie läuft das ab? 
Richtig. Das ist genau wie in der Photovoltaik, da haben wir Partnerschaften mit den Herstellern. Die Kunden kommen zu uns, wir beraten sie – Kosten, Ersparnis und so weiter – die Kunden bestellen online. Einer unserer Techniker führt vor Ort ein Aufmaß durch und dann installieren wir die Lösung. Wir übernehmen auch den Service und die Betreuung des Kunden für die nächsten Jahre und Jahrzehnte. 
Sie hatten Probleme beim Förderantrag für bestimmte Kundengruppen erwähnt, darunter Rentner und Geringverdiener. Was ist da los? 
Grundsätzlich klappen die Förderanträge erstaunlich gut, aber es gibt einige bürokratische Details. Zum Beispiel braucht man, um einen Einkommensbonus zu bekommen, zwei Einkommenssteuerbescheide. Die haben natürlich viele nicht, die keine Einkommenssteuererklärung machen.
Ein Enpal-Energiespeicher (Symbolfoto). Enpal bietet bei Bedarf Kombinationslösungen mehrerer Technologien der erneuerbaren Energien an.
Da kann die Politik gerne helfen und etwas entbürokratisieren, damit die Förderung auch bei denen ankommt, bei denen sie ankommen soll. Wir helfen natürlich den Kunden dabei, die Förderung zu beantragen. Bei der KfW geht das soweit recht gut. Wenn die Förderung der KfW aber nicht kommt, springen wir wegen unseres Förderversprechens für den Staat ein.
Die Politik muss also noch Hausaufgaben erledigen. 
Ja, erst einmal wegen der Förderung und dann wegen der massiven Fehlinformation, die im Laufe des letzten Jahres verbreitet wurde. Da müssen wir sehr viel Aufklärungsarbeit liefern. 

„Diskussion von Fakten gelöst“ – Enpal kritisiert mediale Debatte

Zum Beispiel? 
Der öffentliche Diskurs wurde – vorsichtig formuliert – sehr kontrovers geführt. Das hat viele Verbraucher verunsichert. Wir müssen durch unsere Beratungsprozesse erst einmal diese Verunsicherung nehmen. Letztendlich geht es um diese Entscheidung: Will ich teure Energie aus Gas, Strom, Benzin, also aus Technologien des 19. Jahrhunderts, oder will ich günstige Energie aus erneuerbarer Energie, die es auch meinen Kindern ermöglicht, auf diesem Planeten zu leben?
Laut der Lazard Investmentbank haben auf Wohngebäuden aufgebrachte Photovoltaikanlagen die teuersten Stromgestehungskosten (Maßeinheit, die sowohl die Errichtung als auch den jährlichen Betrieb einer Anlage ins Verhältnis zur Stromerzeugungsmenge über die gesamte Lebensdauer der Anlage verrechnet, Anm. d. Red.) aller Energieträger. Wie passt das damit zusammen, dass Sie hier von günstiger erneuerbarer Energie sprechen?
Kleine Dachanlagen sind pro Kilowattpeak (eine häufig genutzte Maßeinheit für die elektrische Leistung von Solarzellen, Anm. d. Red.) teurer als eine Industrieanlage, einfach, weil sie kleiner sind. Aber das Gute ist, dass eine solche Anlage direkt beim Verbraucher vor Ort ist und intelligent gesteuert werden können. Die Stromerzeugungskosten sind dann immer noch geringer als die Netzbezugskosten. Damit spart der Einzelne sehr viel Geld. Außerdem kann man den erzeugten Strom durch einen Speicher oder das Aufladen eines Elektroautos nutzen – oder zwischenspeichern und später gewinnbringend ins Netz verkaufen.
Kommen wir noch einmal zu der Fehlinformation, die Sie angesprochen haben: Woher kommt das? Liegt das an der Politik? Liegt das an den Medien, die Informationen falsch verstehen und falsch aufbereiten?
Die Diskussion wurde medial nicht unbedingt konstruktiv geführt. Sie wurde von den Fakten gelöst. Es ist tragisch, dass die ganze Thematik politisch derartig aufgeladen ist. Um bei den Zahlen zu bleiben: Wir sehen gerade, dass Solaranlagen und Speicher immer günstiger werden, Elektroautos genauso. Dieser Trend, mit diesen neuen Technologien Geld zu sparen, der hält an – vor allem dann, wenn man sie miteinander verbindet. Wir als Menschheit haben nicht mehr so viel Zeit, um den Umstieg zu schaffen. Während wir langatmige Diskussionen führen, verstreicht die Zeit. 

„Es würde reichen, wenn die Leute die Fakten verstehen“

Enpal wächst gerade enorm und hat kürzlich eine Akademie für Wärmepumpen-Monteure aufgemacht. Was hat es damit auf sich und reichen die Fachkräfte aus? 
Die Akademie besteht aus zwei Teilen: Monteure und SHK-Anlagenmechaniker. Wichtig ist: Wir bilden da nicht direkt aus, wir haben keine klassischen Azubis. Wir qualifizieren die Leute in Lehrgängen. Dabei können wir sowohl Menschen zu Monteuren qualifizieren, die schon Vorkenntnisse haben, als auch SHK-Fachkräfte, die mit der klassischen Heizungsmontage vertraut sind, zur Montage von erneuerbaren Energien weiterbilden. Ein Bottleneck an Fachkräften gibt es nicht, im Gegenteil. Es gibt genügend Fachkräfte, man muss sie nur für die Erneuerbaren einsetzen statt für die Fossilen. 
Was muss innerhalb der nächsten zwölf bis 18 Monate passieren, damit sich die Wärmepumpe in Deutschland endgültig durchsetzt? 
Es würde schon reichen, wenn die Leute die Fakten verstehen – wie vorteilhaft sich eine Wärmepumpe rechnet und welches Potenzial sie gegenüber einer Gas- oder Ölheizung hat. Wenn wir den Leuten das erklären – das kann die Wärmepumpe, das ist die Förderung, das zahlst du für die Gasheizung – dann entscheiden sie sich für die Wärmepumpe.

Das Interview führten Marcel Reich und Lars-Eric Nievelstein.

Rubriklistenbild: © © Enpal

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