Am falschen Ende gespart

VW unter Beschuss: So hat der Konzern sein Ansehen ruiniert

  • Markus Hofstetter
    VonMarkus Hofstetter
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Volkswagen befindet sich in einer veritablen Krise. Ursache ist nicht nur der wachsende Konkurrenzdruck. Auch in der Modellpalette liegt einiges im Argen.

Wolfsburg - VW hat mit vielen Problemen zu kämpfen, die weit über die aktuelle Absatzflaute hinausgehen. Bereits 2015 geriet der Konzern durch den Abgasskandal in Bedrängnis. Die Folge waren nicht nur ein ramponiertes Image bei den Kunden, sondern auch Strafzahlungen in Milliardenhöhe.

So hat VW seinen Ruf ruiniert: Qualität fällt Kosteneinsparungen zum Opfer

Als eine Folge des Skandals musste Konzernchef Martin Winterkorn 2015 seinen Hut nehmen. Er war bekannt für seine Detailversessenheit, die Ingenieure und Designer zu Höchstleistungen anspornte. Auf den blassen Matthias Müller folgte im April 2018 Herbert Diess, der VW nach dem Abgasskandal wieder auf Kurs bringen wollte. Dazu wollte er die Kosten senken und der E-Mobilität Priorität einräumen.

Der VW ID.3 kann die Kunden nicht so richtig überzeugen

Die Kostensenkung betraf nicht nur die Mitarbeiter, sondern auch die Fahrzeuge selbst. Die Autos sollten so günstig wie möglich konstruiert und gebaut werden. Die Preise für die Kunden sind dadurch zwar nicht gesunken, aber die Haptik hat gelitten. Harte Oberflächen, billig wirkende Schalter oder sichtbare Scharniere störten das Gesamtbild, wie unter anderem der Golf VIII zeigte. Diess‘ Nachfolger Oliver Blume und VW-Markenchef Thorsten Schäfer haben diese Fehlentwicklung erkannt, die gefühlte Qualität ist seitdem wieder gestiegen.

So hat VW sein Ansehen ruiniert: Günstige Modellreihen wurden eingestellt

Auch die Priorisierung der E-Mobilität angesichts des EU-Verbrennungsverbots ab 2035 erwies sich als Schnellschuss. Der ID.3 und der ID.4, die die E-Mobilität massentauglich machen sollten, haben bei den Kunden viel Kredit verspielt. Sie waren noch nicht ausgereift und konnten angesichts der hohen Produktionskosten nicht mit dem gewohnten VW-Standard angeboten werden. Designprobleme, Qualitätsmängel, Softwarepannen und hohe Preise sorgten für Ärger. Auch die Modellbezeichnung ID erwies sich als wenig einprägsam.

Gerade in der aktuellen Krise erweist sich zudem die Abkehr vom Niedrigpreissegment als unglücklich. Das Geld sitzt bei den Verbrauchern nicht mehr so locker, doch Billigmodelle wie Lupo, Fox oder der als Elektroauto sehr beliebte Up gibt es nicht mehr, sie wurden eingestellt.

Von Audi bis Jaguar: Diese Autos wurden 2024 bereits eingestellt

Renault Megane in Blau
Renault Mégane: Seit knapp 30 Jahren bauen die Franzosen den Kompaktwagen. Er ist damit ein absoluter Dauerbrenner. Doch für den Verbrenner ist nun Schluss! Die elektrische Version mit dem Namenszusatz E-Tech darf jedoch weiterleben. © Renault
Ein Renault Zoe.
Renault Zoe: Obwohl der Kleinwagen rein elektrisch unterwegs ist, sind seine Tage nach knapp zehn Jahren gezählt. Damals war der Zoe eines der ersten elektrischen Massenmodelle. In seine Fußstapfen tritt Ende des Jahres der 5. Damit verabschiedet Renault ein Modell und holt den Namen eines anderen sehr erfolgreichen Pkw wieder zurück. © Renault
Kia e-Soul.
Kia e-Soul: Und auch ein weiterer Wegbereiter der Elektromobilität verschwindet vom deutschen Markt. Und auch hier füllt ein anderes Modell die Lücke. Der Kia EV3 soll den e-Soul beerben. Die Gründe liegen auf der Hand: Der EV3 ist günstiger und bietet mehr Leistung als der e-Soul. Mit der veralteten Technologie und dem unkonventionellen Design war der e-Soul in Deutschland nie besonders beliebt. 2023 wurden lediglich 556 Einheiten in Deutschland verkauft. © Kia
Smart ForTwo EQ.
Smart ForTwo EQ: Der Abschied des Kleinstwagen kommt alles andere als unvorbereitet. Er ist die Folge der Neuausrichtung der Marke an sich. Nach 25 Jahren ist seit Ende März endgültig Schluss. Ein neuer Zweisitzer ist aber in Planung und könnte 2026 auf den Markt kommen. © Mercedes-Benz
Mitsubishi Space Star.
Mitsubishi Space Star: Mit dem Japaner stirbt ein weiterer Kleinwagen den Modelltod. Mitsubishi begründet das Aus des Space Star mit steigenden Anforderungen an Assistenzsysteme und Cybersicherheit. © Mitsubishi
Volvo S60
Volvo S60: Ein kompletter Abschied ist das eigentlich nicht. Denn der S60 soll ab 2025 in China und der Türkei weiter angeboten und gebaut werden. In Deutschland ist er dann jedoch nicht mehr erhältlich. Der Kombi V60 hingegen vermutlich schon. © Volvo
Ein Peugeot 508 Hybrid lädt an einer Wallbox
Peugeot 508: Und auch bei den Franzosen muss ein Mittelklassemodell gehen. Mit dem 508 trat Peugeot gegen den VW Passat und den Audi A4 an. Anfang 2023 spendierte man dem 508 noch einmal ein Facelift. Hier erwischt es neben der Limousine aber auch den Kombi. Diese gibt es schon jetzt nur noch als Plug-in-Hybride. Ende des Jahres ist dann Schluss. © Peugeot
Maserati Levante
Maserati Levante: Im Jahr 2016 war der Levante der erste SUV der Nobelmarke aus Italien. Sieben Jahre später heißt es frei nach Andrea Bocelli: Time to say Goodbye. Die Produktion lief bereits im März aus. Einen Nachfolger soll es ab 2027 geben. Natürlich rein elektrisch! © Maserati
Ein Jaguar F-Type.
Jaguar F-Type: Mit einem finalen Sondermodell schicken die Briten den Sportwagen in seinen wohlverdienten Ruhestand. Das letzte Exemplar wird im Markenmuseum ausgestellt. Doch auch andere Modellreihen werden nur noch abverkauft. Jaguar stellt nämlich konsequent auf Elektro um und verkauft vorerst keine Neuwagen mehr. © Jaguar
Audi R8
Audi R8: Sportwagen kann man auch in Ingolstadt. Das hat Audi mehrfach beweisen und mit dem R8 im GT-Bereich zahlreiche Rennen und Titel gewonnen. Und auch auf der normalen Straße war der Sportwagen eine Ikone. Im März 2024 verließen die letzten Exemplare die Manufaktur Böllinger Höfe in Heilbronn. Insgesamt wurde der R8 seit 2006 45.949 Mal gebaut.  © Audi

So hat VW sein Ansehen ruiniert: Schritt in die richtige Richtung

Wegen der höheren Margen wurde höherpreisige Segmente bevorzugt. Ein Polo kostet in der Basisversion knapp 20.000 Euro, ein Golf VIII rund 28.000 Euro. Da greifen dann doch viele zum Dacia Sandero, der für rund 12.000 Euro zu haben ist.

Ein Schritt in die richtige Richtung ist der ID.2. Das günstige Elektroauto soll Ende 2025 für unter 25.000 Euro auf den Markt kommen. Das Modell soll sich auch optisch wieder dem Verbrenner annähern. Mit dem ID.1 ist auch ein Elektro-Kleinstwagen für rund 20.000 Euro in Planung. 2028 könnte ein elektrischer Nachfolger des Golf angeboten werden.

Rubriklistenbild: © IMAGO / Uwe Meinhold

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