Gewinneinbruch bei Volkswagen
Ungeachtet der VW-Krise: Führungskräfte erhalten großzügige Gehaltserhöhung
- VonTheresa Breitschingschließen
VW, der Autoproduzent, ist in der Klemme: Schwache Verkäufe von Elektroautos, Gewinnrückgang und Jobabbau kennzeichnen die Situation, dennoch sollen die Führungskräfte Gehaltserhöhungen bekommen. Dies verärgert die Belegschaft.
Update vom 13. August 2024, 16:25 Uhr: Beim Autobauer VW ist eine interne Nachricht, die eigentlich nur an die Mitarbeiter gerichtet war, an die Öffentlichkeit gelangt. Darin wurde laut Spiegel angekündigt, dass VW-Manager Gehaltserhöhungen erhalten sollen. Nun hat sich der Konzern dazu geäußert. In einer aktuellen Mitteilung an Ippen.Media präzisiert eine Sprecherin der Volkswagen AG dazu: „Trotz der herausfordernden Zeiten hat die Volkswagen AG daran festgehalten, die persönliche Entgeltentwicklung der Beschäftigen entsprechend ihrer Leistung zu honorieren. Das gilt sowohl für das Management als auch für die Kolleginnen und Kollegen im Tarif. In diesem Kontext ist auch die individuelle Vergütungsrunde des Managements zu sehen, die unter restriktiven Auflagen stattfindet.“
VW zahlt Managern mehr Gehalt aus: „Individuelle Vergütungsrunde“
Erstmeldung vom 13. August 2024, 10:50 Uhr: Wolfsburg – Beim Autobauer Volkswagen häufen sich die Probleme: Der Absatz von E-Autos bleibt hinter den Erwartungen zurück, und im ersten Halbjahr 2024 ist überdies der Gewinn eingebrochen. Zudem sorgte VW kürzlich mit einem massiven Sparprogramm und Stellenabbau für Schlagzeilen. Nun wird bekannt: VW-Manager sollen trotz der rigorosen Sparmaßnahmen mehr Geld bekommen.
Inmitten der VW-Krise überrascht die interne Mitteilung des Konzerns an die Mitarbeiter: Die Kernmarke Volkswagen werde zum 1. November „eine individuelle Vergütungsrunde für die Mitglieder der Managementkreise sowie für die außertariflichen Mitarbeitenden außerhalb des Managements (AT a.M.) durchzuführen“, heißt es in dem Schreiben, das dem Spiegel vorliegt. Unter den rund zehntausend Managern sollen „Leistungsträgerinnern und Leistungsträger“ und ausgewählte Mitarbeiter, die „nachhaltig überdurchschnittliche Leistungen“ erbringen, unter „restriktiven Prämissen“ mehr bezahlt bekommen.
Dabei ließ Finanzvorstand Andreas Mayer erst kürzlich in einem Interview, das durch das Intranet der VW-Mitarbeiter verbreitet wurde, aufhorchen: „Unsere Kostenbasis muss sehr zügig auf ein wettbewerbsfähiges Niveau sinken, gerade in den deutschen Werken, in der Entwicklung und in der Verwaltung“. Fokus bei VW ist auch die Senkung der Personalkosten, und zwar um ein Fünftel in allen Bereichen außerhalb der Autoproduktion.
VW Autobauer in der Krise: Gewinneinbruch, schwache Nachfrage, Stellenabbau
Im ersten Halbjahr 2024 litt VW unter schwacher Nachfrage, insbesondere in China, wo der Konzern etwa ein Drittel seiner Autos verkauft. Der Gewinn nach Steuern brach um 14 Prozent auf 8,5 Milliarden Euro ein. Besonders die Kernmarke Volkswagen belastete das Ergebnis, da ihr operativer Gewinn um 41 Prozent schrumpfte, vor allem wegen der hohen Kosten für den laufenden Personalabbau. Dafür legte der Konzern 900 Millionen Euro für Abfindungen von bis zu 474.000 Euro pro Mitarbeiter auf die Seite, wovon die Hälfte bereits fest verplant ist.
Vor einigen Wochen musste Volkswagen seine Jahresziele senken und erwartet nun statt 7,0 bis 7,5 Prozent nur noch 6,5 bis 7,0 Prozent operativen Gewinn vom Umsatz. Das bedeutet, dass von 100 Euro Umsatz lediglich 6,50 bis 7,00 Euro Gewinn bleiben. Hauptgründe sind die hohen Kosten durch den Personalabbau bei der Kernmarke und die drohende Schließung des Audi-Werks in Brüssel, die im laufenden Quartal 1,3 Milliarden Euro kosten könnte.
Überdies hat auch Volkswagen mit der E-Auto-Krise zu kämpfen. Aufgrund der schwachen Nachfrage kommt es zu Produktionskürzungen, Entlassungen und Schichtreduktionen. Marktschwankungen und die erheblichen Kosten für den Übergang zur Elektromobilität verschärfen die Herausforderungen. Besonders betroffen ist das Werk in Zwickau, wo VW seit 2019 nur noch auf E-Mobilität setzt und über 1,2 Milliarden Euro investierte. Ebendort könnte es nächstes Jahr zu einem massiven Stellenabbau von über 1000 Leiharbeitern kommen. Prominente Stimmen aus der Autoindustrie wie Ferdinand Dudenhöffer schieben die Verantwortung dafür auch der Politik zu. „Die 1200 Mitarbeiter in Zwickau können sich bei Herrn Habeck von den Grünen bedanken. Der hat zum Jahresende 2023 die E-Autoprämie von heute auf morgen eingestellt und den Markt damit erledigt“.
Enttäuschte Mitarbeiter von VW: „Für uns ist kein Geld da“
Die Kapazitäten von den reinen Elektrowerken in Emden oder Zwickau soll um ein Viertel gesenkt werden, lukrative Nachtschichten fallen damit für die Mitarbeiter weg. „Das Management darf sich Geld einstecken, für uns ist keines da“, sagt ein Mitarbeiter zum Spiegel über die allgemeine Stimmung. Die angekündigte selektive Gehaltsrunde für VWs Führungskräfte dürfte eine gestrichene Gehaltserhöhung von 3,3 Prozent und eine 1000 Euro steuerfreie Inflationsausgleichsprämie ersetzen, die Tarifbeschäftigte erhalten haben. Wie viel Geld für die Gehaltserhöhungen der Manager bereitsteht, schreibt der Konzern nicht.
Die Ankündigung könnte jedenfalls Öl ins Feuer bei den Tarifverhandlungen bei VW gießen. Zu einer Zeit, wenn die Top-Manager im November die erste Gehaltserhöhung bekommen. Der aktuell gültige Tarifvertrag läuft mit Ende September aus – die IG Metall fordert eine Gehaltserhöhung von sieben Prozent.
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