Revolution in der Fertigung
Fließband adé - Tesla entwickelt die Fabrik der Zukunft
VonMarkus Hofstetterschließen
Tesla will die Autoproduktion revolutionieren. Mit einer neuen Methode will der Elektroautobauer nicht nur Zeit, sondern vor allem Kosten sparen.
Austin - Elon Musk und Henry Ford gelten beide auf ihre Weise als Pioniere der Mobilität. Ford revolutionierte vor rund hundert Jahren die Autoproduktion mit dem Fließband, das er sich in einem Schlachthof in Chicago abgeschaut hatte. Die niedrigen Produktionskosten machten Autos massentauglich. Musk wiederum machte Tesla zum Pionier des Elektroautos.
Nun könnte Musk die Autowelt erneut auf den Kopf stellen. Mit der sogenannten Unboxing-Methode will der Elektroautobauer die Produktion in den Fabrikhallen revolutionieren. Unboxing wird in der Gigafactory in Texas unter dem Namen „NV9X“ entwickelt, wie das Handelsblatt berichtet. Nach außen dringt noch nicht viel, denn „NV9X“ gilt als geheime Chefsache.
Tesla entwickelt die Fabrik der Zukunft: Unboxing bringt deutlich mehr Automatisierung
Die neue Methode soll die Autoproduktion grundlegend verändern: Durch deutlich mehr Automatisierung können Fahrzeuge nicht nur schneller, sondern auch kostengünstiger gebaut werden. Und das mit deutlich weniger Mitarbeitern. Unboxing „wird mit Abstand besser sein als jede Produktionstechnologie, die es in der Welt gibt“, zitiert das Handelsblatt Musk.
Beim Fließbandprinzip wird ein Fahrzeug Stück für Stück zusammengebaut. Mit Unboxing will Tesla das ändern. Wenige vorgefertigte Baugruppen sollen nach dem Baukastenprinzip zusammengesetzt werden. So sollen beispielsweise Türen oder Kotflügel zunächst gepresst, dann aber einzeln lackiert werden. Der Zusammenbau der Karosserie erfolgt erst am Ende der Produktion. Beim Fließbandverfahren wird die Karosserie erst komplett montiert und dann lackiert. Eine Herausforderung der neuen Produktionsmethode ist, dass Designer, IT- und Automatisierungsexperten zusammenarbeiten müssen, um Modulgruppen zu entwerfen.
Tesla entwickelt die Fabrik der Zukunft: Autos sollen 30 Prozent schneller hergestellt werden
Welche Vorteile das Unboxing konkret bringt, zeigt eine Studie der US-Branchenberatung Caresoft, die dem Handelsblatt vorliegt. Demnach kann Tesla eine neue Fabrik 30 Prozent günstiger bauen, unter anderem weil weniger Fläche benötigt wird. Eine Fabrik in den USA könnte so fast 500 Millionen Dollar weniger kosten. „NVX9“ benötige dank der modularen Bauweise 40 Prozent weniger Mitarbeiter als eine herkömmliche Produktion und beschleunige die Herstellung eines Fahrzeugs um ein Viertel.
Noch optimistischer ist Tesla. Der Elektroautobauer gab im vergangenen Jahr einen Flächenvorteil von 40 Prozent für seine Fabriken an. Die Materialkosten pro Fahrzeug sollen um die Hälfte sinken und ein Auto 30 Prozent schneller produziert werden können.
Tesla entwickelt die Fabrik der Zukunft: Es werden 54.000 weniger Mitarbeiter benötigt
Die neue Produktionsmethode muss ein Erfolg werden. Denn bis 2030 will Tesla jährlich 20 Millionen Fahrzeuge bauen, im vergangenen Jahr waren es rund 1,8 Millionen. Um dieses ehrgeizige Ziel zu erreichen, bräuchte Tesla 36 Fabriken, hat Caresoft errechnet. Allein beim Bau der Fabriken würde der US-Hersteller durch Unboxing demnach elf Milliarden Dollar sparen. Zudem würden 54.000 Mitarbeiter weniger benötigt, als wenn die zusätzlichen Fabriken mit der bisherigen Produktionsweise betrieben würden. Insgesamt bräuchte Tesla nur 126.000 Mitarbeiter, zehn Prozent weniger als heute.
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Um die 20 Millionen Fahrzeuge im Jahr 2030 zu erreichen, braucht Tesla noch ein günstiges Massenmodell. Dies soll das sogenannte Model 2 sein, das 2026 auf den Markt kommen soll. Reuters berichtete jedoch, dass die Planungen dafür eingestellt wurden. Musk erklärte daraufhin auf X: „Reuters lügt“. Ebenfalls auf X erklärte der Tesla-Chef später, dass am 8. August das Tesla-Robotaxi enthüllt werde.
Wenn „NVX9“ in Texas fertig entwickelt ist, soll es in der neuen Fabrik im mexikanischen Monterrey gebaut werden. Musk rechnet damit, dass dies bereits 2025 der Fall sein wird. Chris McNally, Analyst bei der Investmentbank Evercore ISI, rechnet laut Handelsblatt aufgrund der komplexen technischen und logistischen Herausforderungen jedoch erst mit 2027.
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