Fast Fashion

Temu und Shein: EU will Billigprodukte-Flut beenden – was das für Verbraucher heißt

  • Kai Hartwig
    VonKai Hartwig
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  • Carmen Mörwald
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Ein Fünftel der Kleidung bleibt ungetragen im Schrank. Die EU will Billig-Mode eindämmen. Verbraucher und Händler müssen neue Herausforderungen meistern.

München – Die EU-Kommission plant, die Flut an Billigwaren einzudämmen, da die wachsende Verfügbarkeit günstiger Produkte zu kürzeren Nutzungszeiten und steigenden Müllbergen führt. Besonders der Online-Handel verstärkt diesen Trend, wie das Bundesumweltministerium berichtet. Im Durchschnitt kaufen die Deutschen jährlich 60 Kleidungsstücke, von denen ein Fünftel ungetragen bleibt.

Maßnahmen gegen Temu und Shein: EU strebt besseren Verbraucherschutz und fairen Wettbewerb an

Im Mittelpunkt stehen Produkte aus Drittstaaten, vor allem aus China. Die Brüsseler Behörde schlägt vor, eine Bearbeitungsgebühr für Pakete von Online-Händlern wie Temu und Shein einzuführen und die Zollbefreiung für Sendungen unter 150 Euro abzuschaffen. Diese Schritte sollen nicht nur die europäischen Händler wettbewerbsfähiger machen, sondern auch die Zollbehörden entlasten, die mit der Paketflut überfordert sind.

Nach Informationen von ZDF-heute sollen neben verschärften Zollmaßnahmen auch die Verbraucher besser geschützt werden. Geplant sind intensivere Kontrollen für Online-Marktplätze und der verstärkte Einsatz digitaler Werkzeuge zur Sicherstellung der Produktsicherheit. Die EU-Kommission fordert die Mitgliedstaaten auf, die Maßnahmen gemeinsam umzusetzen und regelmäßig auf ihre Wirksamkeit zu prüfen.

Kennen Sie diese Modemarken noch? Diese Firmen sind aus Deutschland verschwunden

22.10.2024, Deutschland, NRW, Einzelhandel, Mode, Die Esprit Filiale am Limbecker Platz in Essen steht vor der Schliessu
Einst war Esprit ein deutsches Vorzeigeunternehmen. Die deutsche Modemarke kannte so gut wie jeder und galt lange als begehrt. Doch dann kam 2024 der Schock: Esprit Europe hat die Insolvenz im Frühsommer angemeldet, bis zum Jahresende wurden alle Läden geschlossen. Die Marke wurde zwischenzeitlich zwar übernommen, doch ein Stück deutsche Geschichte ist damit von der Bildfläche verschwunden.  © IMAGO/D. Kerlekin/Snowfield Photograph
Bench Modelabel *** bench fashion label
Kennen Sie diese Marke noch? In den 2000er Jahren gab es um Bench einen regelrechten Hype. Doch 2018 geriet das britische Unternehmen in Schieflage und meldete Insolvenz an. Das Ladengeschäft wurde abgewickelt und die Marke verschwand aus den Innenstädten. Doch es gibt Bench noch immer: Wer die alte Skateboard-Marke noch vermisst, kann Kleidungsstücke im Online-Store kaufen.  ©  via www.imago-images.de
Escada Store in London Chelsea - LONDON, UNITED KINGDOM - DECEMBER 20, 2022
Sogar Luxusunternehmen sind nicht von den Schwierigkeiten in der Modewelt verschont. Escada gehörte einst zu den bekanntesten Luxuslabels der Welt. Sie wurde 1976 von Margaretha Ley gegründet und war bis in die 1990er Jahre erfolgreich. Escada verkaufte Damenbekleidung, Accessoires, Schmuck und Düfte. Es gab in den 2000er Jahren dann mehrere Insolvenzen, die erste 2009, eine weitere folgte 2020. Escada als Marke existiert zwar heute noch, doch eigene Filialen sind so gut wie verschwunden. Die besten Jahren sind wohl vorbei.  © 4kclips via imago-images.de
Oberhausen, Germany - February 11. 2020: View on entrance of Topshop fashion chain store
Topshop ist eine britische Modefirma, die durch ihren rasenden Erfolg in der Heimat in den 2000er Jahren Filialen auf der ganzen Welt hatte. Topshop war als Fast Fashion Unternehmen bekannt, die ihre Produkte zu Tiefpreisen anbot. Dabei arbeitete die Firma auch mit Berühmtheiten wie Beyoncé und Kate Moss zusammen. 2020 geriet der Mutterkonzern durch die Pandemie aber in Schieflage und meldete in Großbritannien die Insolvenz an. 2021 wurden Topshop von Asos gekauft, die meisten Filialen wurden damals aber schon aufgegeben – auch in Deutschland. Asoso hat 2024 weitere Anteile der Marke verkauft.  © Copyright: xmobilinchenx via ima
Scotch & Soda, Kurfürstendamm, Charlottenburg, Charlottenburg-Wilmersdorf, Berlin, Deutschland *** Scotch Soda, Kurfürst
An diese Marke müssten sich die meisten noch erinnern können, denn sie ist erst 2024 in die Insolvenz gerutscht. Die niederländische Marke Scotch & Soda hat in diesem Zusammenhang beschlossen, alle deutschen Filialen zu schließen. Hierzulande kann man Kleidung der Marke aber noch online kaufen, zum Beispiel bei Breuninger oder Zalando.  © Schoening via www.imago-images.de
RECORD DATE NOT STATED The Forever 21 store is one of AR Holdings brands EDITORIAL USE ONLY Photography PUBLICATIONxNOT
Forever 21 war eine weitere Erfolgsmarke in der Welt von Fast Fashion. Die US-amerikanische Firma hatte einst Filialen auf der ganzen Welt – auch in Deutschland. 2019 geriet die Firma aber in Schieflage. 178 Geschäfte in den USA mussten damals schließen und es wurden alle Standorte in Europa und Asien komplett aufgegeben. Heute gibt es die Marke nur noch in Amerika.  © IMAGO/PHOTOFILMCR
Paris, France - February 27, 2023: Exterior view of a Promod store, a French clothing company specia
Promod war eine Modemarke aus Frankreich, die 1975 schon gegründet wurde und dort jahrzehntelang erfolgreich war. Die Firma hatte zunächst nur Standorte in Frankreich und Belgien, doch in den 90er Jahren wagte Promod dann die weitere Expansion. 2014 hatte die Marke weltweit über 1000 Filialen in 52 Ländern. Dann kam die Insolvenz und 2016 wurde die Hälfte aller Filialen geschlossen. In Deutschland wurden alle Standorte geschlossen – die Firma bleibt aber in Frankreich noch bestehen.  © HJBC via imago-images.de
Gegen die Firma RENO aus Osnabrueck wurde beim Amtsgericht Hameln ein Insolvenzverfahren eroeffnet, betroffen sind der M
Für den Schuhhändler Reno ging es 2023 in die Insolvenz. Den Händler gibt es tatsächlich auch noch vereinzelt, aber im Zuge des Insolvenzverfahrens wurden die meisten Filialen geschlossen. Alle Standorte im Ausland wurden dichtgemacht und in Deutschland bleiben von den einst 150 Läden nur noch 26.  © IMAGO/Malte Ossowski/SVEN SIMON
Die Hallhuber GmbH ist ein Bekleidungshaus in München, das 1977 gegründet wurde. Es verkauft Oberbekleidung für Frauen.
Dieses 1977 gegründete Unternehmen stand einst auch für Eleganz und Professionalität. Hallhuber war eine deutsche Qualitätsmarke. Doch mit den Jahren ist die Marke immer wieder in die Pleite gerutscht. 2020 hat es eine Insolvenz gegeben, die Firma wurde aber gerettet. Doch das währte nicht lange und 2023 musste ein neues Insolvenzverfahren gestartet werden. Es konnte kein Investor gefunden werden – und die Marke verschwand von der Bildfläche. Wie im Fall von Esprit wurden auch von Hallhuber die Namensrechte gekauft, sodass man Kleidung unter diesem Namen noch kaufen kann. Mit dem Ursprungsunternehmen hat dies aber nichts mehr zu tun.  © IMAGO/Manfred Segerer
P&C exisitiert noch in Deutschland.
Keine Sorge: Peek und Cloppenburg ist nicht verschwunden, die Firma hat ihre Insolvenz im Jahr 2023 erfolgreich abgeschlossen. Es wurden zwar Stellen abgebaut, doch das Kaufhaus existiert noch. Vielmehr steht P&C hier in dieser Reihe für eine Vielzahl an Unternehmen aus der Modebranche, die es erstmal geschafft haben. So wie SportScheck, Galeria, und Gerry Weber, die es ebenfalls jüngst geschafft haben. Die Modebranche befindet sich in ständigem Wandel – einst erfolgreich Unternehmen können von einem Tag auf den anderen verschwinden.  © IMAGO/imageBROKER/Wilfried Wirth

„Dürfen nicht länger ungeschoren davonkommen“ – Handelsverband unterstützt EU-Pläne

Der Handelsverband Deutschland (HDE) sieht in den Plänen der EU-Kommission einen bedeutenden Schritt zu faireren Wettbewerbsbedingungen. „Anbieter wie Temu und Shein dürfen nicht länger ungeschoren mit Regelbrüchen davonkommen“, erklärt Stephan Tromp, stellvertretender HDE-Hauptgeschäftsführer. Gleichzeitig warnt der Verband vor zusätzlicher Bürokratie, die europäische Händler belasten könnte.

Die Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV) hält die Maßnahmen für unzureichend. „Bisher werden Anbieter nicht daran gehindert, unsichere Produkte über Online-Marktplätze zu verkaufen“, so Stefanie Grunert, Referentin beim VZBV. Die Verbraucherschützer fordern, dass Betreiber von Online-Marktplätzen haften müssen, wenn Angebote auf ihren Plattformen nicht den EU-Anforderungen entsprechen. Bereits 2023 warnte die Verbraucherzentrale vor dem Billig-Onlineshop Temu.

Die Internethändler Temu und Shein sind für Billigmode bekannt. Jetzt will die EU Maßnahmen gegen Fast Fashion ergreifen.

Untersuchungen gegen Shein: EU prüft Verbraucherschutzverstöße

Der Fast-Fashion-Gigant Shein steht besonders im Fokus. Die EU-Kommission hat am 5. Februar eine Untersuchung gegen Shein eingeleitet, um mögliche Verstöße gegen den europäischen Verbraucherschutz zu prüfen. Dabei werden unter anderem mutmaßlich missbräuchliche Vertragsbedingungen und unlautere Geschäftspraktiken untersucht. Ein gemeinsames Verfahren der Behörden in den 27 EU-Mitgliedsstaaten wurde angekündigt.

Was ist Fast Fashion?

Fast Fashion bezeichnet die schnelle und günstige Produktion von Mode, die Trends aus Designer-Kollektionen nachahmt und in Massen verkauft. Marken setzen dabei auf billige Materialien und Arbeitskräfte, um niedrige Preise zu ermöglichen, was laut dem AOK-Gesundheitsmagazin oft zu Umweltbelastungen und schlechten Arbeitsbedingungen führt. Durch minderwertige Qualität wird Kleidung kaum langfristig getragen und landet schnell im Müll.

Bereits im Juni 2024 hatte die Behörde detaillierte Informationen von Shein angefordert, etwa zur Rückverfolgbarkeit von Händlern und zum Umgang mit illegalen Produkten. Auch gegen den Online-Händler Temu wurde eine ähnliche Untersuchung durchgeführt. Dabei wurden problematische Praktiken wie falsche Rabattaktionen, gefälschte Bewertungen sowie irreführende Informationen zu Verbraucherrechten festgestellt.

Eine Sprecherin von Shein betonte die Bereitschaft des Unternehmens zur Zusammenarbeit mit Partnern auf nationaler und EU-Ebene in regulatorischen Fragen. „Wir begrüßen alle Bemühungen, die das Vertrauen und die Sicherheit europäischer Verbraucher in den Online-Einkauf stärken.“ Shein, ursprünglich in China gegründet, hat heute seinen Sitz in Singapur und bietet preiswerte Mode- und Sportartikel an. (kh/cln/dpa)

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