Preisexplosion
„Superzyklus“ bei Rohstoffen? Die Energiewende könnte die Preise für Mineralien dauerhaft nach oben treiben
- VonRobert Wallenhauerschließen
Experten sehen in naher Zukunft einen dauerhaften Anstieg der Rohstoff-Preise. Die zukünftige Versorgung mit kritischen Mineralien könnte gefährdet sein.
Frankfurt - „Die Energiewende wird unsere Wirtschaft sehr viel rohstoffintensiver machen“, sagt Evy Hambro, Portfoliomanager beim weltgrößten Vermögensverwalter Blackrock, dem Handelsblatt. Denn egal, ob Elektroauto, Windrad oder Solarzelle - für all diese Bausteine der Energiewende wird es mehr Rohstoffe, wie Kupfer, Kobalt oder Nickel brauchen. Der Finanz-Manager rechnet mit einem sogenannten „Superzyklus“ für Minerale. Also einer Phase langanhaltender Preissteigerungen.
Energiewende: Rohstoffmangel könnte in 10 Jahren kommen
Mit dieser Meinung ist der Blackrock-Manager nicht allein. Der Ressourcenbedarf einer Wirtschaft, die auf erneuerbare Energien setzt, unterscheidet sich stark von der einer fossilen Wirtschaft, stellt auch Tilman Galler, Analyst der Bank J.P Morgan in einer Untersuchung fest. Im Gegensatz zu Kohle oder Gaskraftwerken brauchen Windräder und Solar-Zellen zwar keinen Brennstoff. In der Herstellung verbrauchen sie aber wesentlich mehr Grundstoffe, schreibt Galler: „Um ein Kohlekraftwerk durch Offshore-Windkraftanlagen zu ersetzen, wird die sechsfache Menge an Mineralien (Kupfer, Zink, Nickel, Chrom und seltene Erden) benötigt. Bei Gaskraftwerken sind es 13 Mal so viel.“
Ein Grund für die drohenden, langfristig steigenden Rohstoffpreise ist auch das Tempo, mit dem die Energiewende umgesetzt wird. „Kann das Wachstum des Rohstoffangebots mit der Geschwindigkeit der Energiewende mithalten? Falls nicht, hat das natürlich Auswirkungen auf die Preise, die dann steigen werden“, sagt Blackrock-Manager Hambro im Handelsblatt-Interview. „Je nach Geschwindigkeit der Umstellung auf saubere Technologien könnte die Nachfrage nach kritischen Mineralien bis 2030 mit einer Rate von 70 Prozent bis 110 Prozent wachsen“, heißt es in der Analyse von J.P. Morgan.
Schwache Investitionstätigkeit gefährdet zukünftige Versorgung mit Mineralien
Analyst Tilman Galler beschreibt in seiner Untersuchung ein Problem, das aus dem Nachfrage-Schock entstehen könnte: Im Zeitraum von 2025 bis 2030 könnte es zu einem Angebotsmangel an kritischen Rohstoffen kommen. Die Bergbau-Unternehmen haben in jüngster Vergangenheit ihre Investitionen zurückgefahren. Das geschah aus finanziellen Gründen, aber auch, weil das Pariser Klimaabkommen die Umweltauflagen verschärfte und „Umweltschäden durch Exploration und Förderung verstärkt in das Bewusstsein der Öffentlichkeit und der Anleger“ rückte. „Die schwache Investitionstätigkeit gefährdet die zukünftige Versorgung mit kritischen Mineralien“, schlussfolgert Galler, denn: Die Erschließung neuer Minen, die die dringend benötigten Erden hervorbringen würden, könne bis zu 15 Jahre dauern.
Neben dem Preisanstieg sieht Evy Hambro von Blackrock noch ein weiteres Problem: Der Abbau der benötigten Rohstoffe ist sehr CO₂-intensiv. „Dafür müssen wir Lösungen finden. Denn wenn wir damit aufhören, fossile Energien für unsere Energieerzeugung zu verbrennen, aber stattdessen fossile Energien für die Rohstoffproduktion verbrennen, lösen wir nicht das Problem“, sagt er dem Handelsblatt. (row)
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