Ökonomen mit düsterer Prognose

So viel bleibt Brutto vom Netto: Was geschieht, wenn die Sozialabgaben auf 50 Prozent klettern

  • Ulrike Hagen
    VonUlrike Hagen
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Die Sozialabgaben steigen kontinuierlich. Bis 2025 könnte laut Studien eine Erhöhung der Beiträge auf 50 Prozent eintreten, laut Studien. Was Arbeitnehmer dann erwartet.

München – Schon heute fließt ein großer Teil des Gehalts in die Sozialversicherung – nämlich 40, 9 Prozent. 2025 werden voraussichtlich 41,7 Prozent des Bruttolohns für Renten-, Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung abgezogen. Auch die Anhebung der Beitragsbemessungsgrenze ist geplant. Doch das könnte nur der Anfang sein. Laut Prognosen von Ökonomen könnten in den nächsten Jahrzehnten die Sozialabgaben auf über 50 Prozent steigen – einen historischen Höchststand. Arbeitnehmern bliebe dann deutlich weniger Netto vom Brutto.

Versicherungssystem:Sozialversicherung
Versicherte Risiken: Krankheit, Mutterschaft, Pflegebedürftigkeit, Arbeitsunfall, Berufskrankheit, Arbeitslosigkeit, Erwerbsminderung, Alter und Tod
Zweige:Krankenversicherung, Unfallversicherung, Rentenversicherung, Pflegeversicherung, Arbeitslosenversicherung
Höhe der Beiträge:14,6 Prozent Krankenversicherung, 18,6 Prozent Rentenversicherung, 3,4 Prozent Pflegeversicherung 2,6 Prozent Arbeitslosenversicherung (2024)
Anzahl der Träger:ca. 550

Studien berechnen: Sozialversicherungsbeiträge könnten auf 50 Prozent ansteigen

Die Sozialabgabenlast könnte für Bundesbürger in den kommenden zehn Jahren drastisch steigen, legen verschiedene Studien nahe. Werde nicht gegengesteuert, drohe 2035 ein Anstieg des Gesamtbeitrags der Sozialversicherung auf bis zu 48,6 Prozent, so eine Studie des unabhängigen Forschungs- und Beratungsinstitut für Infrastruktur- und Gesundheitsfragen IGES für die DAK-Gesundheit.

Eine aktuelle Prognose zeigt, wie die Sozialversicherungsbeiträge künftig steigen könnten.

Nach den Modellberechnungen könnten bei der ungünstigsten Entwicklung die Sozialversicherungsbeiträge zukünftig auf fast 50 Prozent steigen – nicht zuletzt durch die von den Krankenkassen zu erwartenden explodierenden Beiträge für Versicherte.

IGES-Berechnungsgrundlage20302035
Günstigste Entwicklung43,9 Prozent45,8 Prozent
Basisszenario45,5 Prozent48,6 Prozent
Ungünstigste Entwicklung46,3 Prozent51,2 Prozent

Ökonomen prognostizieren: Sozialabgaben werden weiter drastisch steigen

Zu einem ähnlichen Urteil kommt das Gutachten der WHU Otto Beisheim School of Management in Düsseldorf: Bis 2050 seien sogar Anstiege auf 50 bis 60 Prozent möglich.

Die Ökonomen Christian Hagist und Stefan Fetzer berechneten im Auftrag von „Die Familienunternehmer“ und „Die jungen Unternehmer“, dass die Sozialversicherungsbeiträge für die Renten-, Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung ohne Reformen von heute 40,9 bereits bis 2030 bereits auf 44,5 Prozent steigen könnten.

Die Arbeitnehmer übernehmen davon prozentual jeweils die Hälfte: 20,45 Prozent bei dem derzeitigen Satz, 20,85 Prozent bei dem für die im nächsten Jahr geplante Erhöhung. Bei einem Satz von 50 Prozent bedeutet das entsprechend Arbeitnehmer-Abgaben in Höhe von 25 Prozent.

Brutto-Gehalt/Monat2.500 Euro3.000 Euro3.500 Euro4.000 Euro4.500 Euro5.000 Euro
Anteil Sozialabgaben
40,9 Prozent511 Euro613,50 Euro715,75 Euro818 Euro920.25 Euro1022 Euro
41,7 Prozent521,25 Euro625,50 Euro729,75 Euro834 Euro938,25 Euro542,50 Euro
44,5 Prozent556,25 Euro667,50 Euro778,75 Euro890 Euro1001,25 Euro1112,50 Euro
50 Prozent625 Euro750 Euro875 Euro1000 Euro1125 Euro1250 Euro
60 Prozent750 Euro900 Euro105 Euro1200 Euro135 Euro1500 Euro

Anstieg der Sozialabgaben: Das bedeutet es für Arbeitnehmer

Für Beschäftigte bedeutet eine solche Entwicklung der steigenden Einzahlungen in das Solidarsystem: Arbeitnehmer haben weniger Netto vom Brutto. Aktuell zahlt ein Arbeitnehmer mit einem monatlichen Bruttogehalt von 4000 Euro etwa 818 Euro an Sozialabgaben. Im nächsten Jahr werden es voraussichtlich 834 Euro sein. Bei einem Anstieg auf 50 Prozent würde dieser Betrag auf 1000 Euro klettern, bei 60 Prozent sogar auf 1200 Euro.

Steuererklärung 2023: Bei vielen Kosten gibt es Geld zurück

Schriftzug Pendler und Autopiktogramm Schriftzug Pendler und Autopiktogramm, 09.11.2023, Falkensee, Brandenburg, Auf ein
Mit der Pendlerpauschale können Berufstätige Kosten für die Fahrt zur Arbeit von der Steuer absetzen. Für die ersten 20 Kilometer der einfachen Fahrtstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsplatz erhält man 30 Cent pro Kilometer an Steuervergünstigung vom Staat, informierte ADAC.de (Stand: 10. Januar 2024). Berufstätige, die weitere Strecken mit ihrem Auto zurücklegen müssen, können mehr Fahrtkosten geltend machen. Denn ab dem 21. Kilometer beträgt die Pendlerpauschale seit dem Jahr 2022 sogar 38 Cent pro Kilometer. (Symbolbild) © IMAGO/Steinach
Frau am Laptop zu Hause
Die Entfernungspauschale mache sich steuerlich allerdings nur bemerkbar, wenn die Ausgaben für den Arbeitsweg in Summe den Werbungskosten-Pauschbetrag für alle beruflichen Aufwendungen übersteigen, so der Hinweis auf ADAC.de. Dazu sollte man wissen, dass die Werbungskosten-Pauschale für das Steuerjahr 2023 auf 1.230 Euro (von zuvor 1.200 Euro) erhöht wurde. Zu den Werbungskosten zählen etwa auch Kosten für Arbeitsausstattung, Arbeitsmaterialien oder Fortbildungen. (Symbolbild) © Westend61/Imago
Mann im Hemd am Laptop im Homeoffice
Beschäftigte im Homeoffice, die ihre Steuererklärung für das Jahr 2023 machen, sollten zudem an die Homeoffice-Pauschale denken. Seit dem 1. Januar 2023 dürfen für jeden Tag im Homeoffice 6 Euro angesetzt werden, wie die Lohnsteuerhilfe Bayern informierte. Zudem werden seither bis zu 210 Tage im Homeoffice steuerlich anerkannt. Somit können im Höchstfall 1.260 Euro steuerlich geltend gemacht werden. Die Homeoffice-Pauschale gehört allerdings ebenfalls zu den Werbungskosten. Die Pauschale wirkt sich also erst dann sinnvoll aus, wenn die Pauschale für die Werbungskosten überschritten wurde. (Symbolbild) © Westend61/Imago
Handwerkerarbeiten in der Wohnung
Haben etwa Mieter für bestimmte Handwerksarbeiten einen Profi beauftragt, lassen sich gegebenenfalls 20 Prozent der Arbeits­kosten sowie Anfahrt­kosten und Verbrauchs­materialen von der Steuerlast abziehen. Die Höchst­grenze für Hand­werk­erleistungen liegt bei 6.000 Euro pro Jahr, wie die Stiftung Warentest auf Test.de infomierte. Insgesamt ließen sich somit bis zu 1.200 Euro sparen. Wichtig für den Bonus sei, dass die Leistungen nicht bar bezahlt würden und die Firma auf der Rechnung alle Kosten einzeln ausweise. Aber: Maßnahmen an Neubauten zum Beispiel dürfen laut Stiftung Warentest nicht als Hand­werk­erleistungen abge­setzt werden. Grundsätzlich gilt zudem: Der Rechnungs­betrag muss um die Material­kosten gekürzt werden, denn für die Materialkosten gibt es keinen Steuerrabatt. (Symbolbild) © Martin Wagner/Imago
Frau prüft eine Rechnung am Schreibtisch
Viele Mieter fürchten die jährliche Nebenkostenabrechnung, weil sie mit einer Nachzahlung verbunden sein kann. Doch steuerlich lässt sich in vielen Fällen etwas herausholen. „Verbrauchsabhängige Kosten wie Gas, Wasser und Strom lassen sich leider nicht steuerlich absetzen“, wie die Lohnsteuerhilfe Bayern in einer Mitteilung informiert hat. Aber es gebe zahlreiche andere Wohnnebenkosten, an denen Mieter oder Eigentümer gleichermaßen das Finanzamt beteiligen könnten. Deshalb lohne es sich, die Nebenkostenabrechnung genau unter die Lupe zu nehmen und einzelne Beträge den haushaltsnahen Dienstleistungen oder Handwerkerleistungen zuzuschlüsseln. (Symbolbild)  © AntonioGuillem/Panthermedia/Imago
Gartenarbeiten mit der Schere
Auch für regel­mäßige Tätig­keiten in Haushalt oder Garten erlasse das Finanz­amt Steuerzah­lern 20 Prozent der Kosten, wenn es einen Arbeits­vertrag mit den Helfern gebe, informiert „Finanztest“ in dem Beitrag auf Test.de mit Blick auf die Erklärung für das Steuerjahr 2023. Hierbei sei wichtig, ob es sich bei der Beschäftigung um einen Minijob (2023: bis zu 520 Euro im Monat) handele oder nicht. „Wenn ja, sind maximal 2.550 Euro der jähr­lichen Kosten steuer­begüns­tigt – sogar ausnahms­weise bei Barzah­lungen. Insgesamt sind also 510 Euro Ersparnis drin“, heißt es in dem Beitrag. (Symbolbild) © Image Source/Imago
Ein Fußboden wird mit einem Lappen geputzt.
In vielen Fällen handelt es sich dagegen um eine sozial­versicherungs­pflichtig Beschäftigung. „Wenn jemand für Sie Arbeiten in Ihrem privaten Haushalt erledigt, dann können Sie in der Regel 20 Prozent von jeder Rechnung in Ihre Steuererklärung eintragen“, wie die Vereinigte Lohnsteuerhilfe auf ihrer Website informiert hat. „Allerdings dürfen Sie nur maximal 4.000 Euro im Jahr steuerlich als haushaltsnahe Dienstleistungen geltend machen.“ Wichtig: Die Aufgaben müssen einen „haushaltsnahen Charakter“ haben und im Haushalt oder auf dem Grundstück erbracht werden. „Dazu zählen zum Beispiel Hausmeisterdienste, Betreuungsdienste oder Pflegedienste, und natürlich die Reinigungsarbeiten einer Putzfrau oder eines Putzmanns.“ (Symbolbild) © gopix/Zoonar.com/Imago
Kinderschnuller und Anhänger neben Geldscheinen und Geldmünzen
Eltern bekommen seit Anfang 2023 für jedes Kind 250 Euro Kinder­geld im Monat. Bei hohem Verdienst kann bei der Jahres­abrechnung statt­dessen aber auch die Steuer­erleichterung durch den Kinder­frei­betrag zum Tragen kommen, erklärt die Stiftung Warentest auf Test.de. „Dieser beträgt seit vergangenem Jahr 4.476 Euro pro Kind und Eltern­teil (8.952 Euro für beide Eltern­teile)“, so der Hinweis für das Steuerjahr 2023. Zum 1. Januar 2024 wurde der Freibetrag außerdem auf 6.384 Euro angehoben. (Symbolbild)  © Andreas Gora/Imago
Eltern laufen mit Kind in der Mitte.
Entweder bekommen Eltern also automatisch das Kindergeld oder die Freibeträge für Kinder bei der Einkommensteuer. Das Finanzamt prüft, was für sie vorteilhafter ist. Hier müssen Eltern also nicht selbst tätig werden. In der Regel hätten sie mindestens bis zur Voll­jährigkeit des Kindes Anspruch auf die Frei­beträge, schildert „Finanzest“ auf Test.de. „Macht ihr Kind eine erste Berufs­ausbildung oder studiert, besteht der Anspruch weiter, solange das Kind noch unter 25 ist.“ Dasselbe gelte für Über­gangs­zeiten: Beispielsweise, wenn die Tochter nach dem Schul­abschluss nach­weislich noch auf der Suche nach einem Studien­platz sei oder wegen längerer Krankheit erst später mit der Ausbildung beginnen könne. (Symbolbild)  © Michael Gstettenbauer/Imago
Mann tippt am Taschenrechner
„Anleger müssen 2023 weniger Steuern auf Kapitalerträge zahlen, denn der Sparerpausch­betrag wurde von 801 auf 1.000 Euro pro Person (2.000 Euro bei Zusammen­ver­anlagung) erhöht“, informierte Test.de zudem mit Blick auf die Steuererklärung 2023. Erst wenn Zinsen, Dividenden oder Gewinne aus Wert­papier­verkäufen diese Summe über­schreiten, würden darauf „25 Prozent Abgeltungs­steuer plus Solidaritäts­zuschlag und gegebenenfalls Kirchen­steuer“ fällig. Die Experten der Stiftung Warentest haben dem Beitrag zufolge folgenden Tipp: „Falls Sie Ihrer Bank bisher noch keinen Frei­stellungs­auftrag erteilt haben, sollten Sie das jetzt tun. So müssen Sie sich die zu viel gezahlte Kapital­ertrags­steuer nicht erst über die Steuererklärung zurück­holen.“ (Symbolbild) © Zoonar.com/Yuri Arcurs peopleimages.com/Imago

Auch die Arbeitgeber sind betroffen, da sie die Hälfte der Sozialbeiträge für ihre Mitarbeiter übernehmen. Steigen die Abgaben, steigen auch die Lohnkosten. Im oben genannten Beispiel würde das Unternehmen bei einem Arbeitnehmer mit einem Bruttogehalt von 4000 Euro statt bisher 818 Euro künftig im schlechtesten Szenario bis zu 1200 Euro an Sozialabgaben zahlen müssen.

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