In 2024

„Muss etwas passieren“: Preisexplosion in Wärmenetzen – Verbraucherschützer fordern Transparenz

  • Ulrike Hagen
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Die Verbraucherzentrale warnt: Wer an ein Wärmenetz angeschlossen ist, muss 2024 mit Preissteigerungen von bis zu 50 Prozent rechnen – und fordert Preiskontrollen.

Kiel – Mit dem Auslaufen von Preisbremsen und der Mehrwertsteuersenkung für Wärme könnte das laufende Jahr für Verbraucher, die an ein kommunales Wärmenetz angeschlossen sind, happige Überraschungen bereithalten. Ein aktueller Vergleich der Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein zeigt, dass die Heizkosten teils um mehr als 50 Prozent steigen könnten.

Die Organisation fordert nun Maßnahmen zum Schutz der Verbraucher und eine Novellierung der Fernwärme-Verordnung. „Wenn Wärmenetze nach dem Vorbild von Dänemark eine tragende Rolle bei der Energiewende übernehmen sollen, muss etwas passieren“, so Tom Janneck, Leiter des Referats Energiewende und Nachhaltigkeit der Verbraucherzentrale gegenüber IPPEN.MEDIA.

Mit dem Auslaufen von Preisbremse und Mehrwertsteuersenkung könnten 2024 die Heizkosten für Verbraucher, die an das Wärmenetz angeschlossen sind, bis zu 50 Prozent steigen. (Symbolbild)

Wärmepreise in Schleswig-Holstein: Deutliche Anstiege im Jahr 2024

Auch wenn die Preise für Energie zuletzt moderat waren, wird es 2024 für viele Verbraucher richtig teuer, so die Verbraucherschützer, die vor heftigen Preisbelastungen im neuen Jahr warnten. „Eine Reihe von Anpassungen wie beispielsweise bei Steuern und dem Ende der Energiepreisbremsen schlagen gleichzeitig zu“, erklärt Tom Janneck im Gespräch mit IPPEN.MEDIA.

„Quasi-Monopolstellung“: Verbraucher sind Preiserhöhungen der Wärmenetze ausgeliefert

Zufolge einer Studie des Bundesverbands der Verbraucherzentralen lagen die Preise in den großen Wärmenetzen bereits im dritten Quartal 2023 zwischen 12 Cent und sehr teuren 27 Cent pro Kilowattstunde schon hoch. Doch sie waren durch die Preisbremsen gedeckelt. Nach deren Wegfall und dem Anstieg der Mehrwertsteuer wird es nun noch teurer. Ein Problem für Verbraucher, die den Preissteigerungen der Wärmenetzanbietern, die „quasi eine Monopolstellung haben“, wie Janneck sagt, ausgeliefert sind.

Machen Sie auch einen der zehn häufigsten Fehler beim Heizen?

Wenn Möbel vor dem Heizkörper stehen und ihn verdecken, kann sich die Wärme nicht gleichmäßig verteilen.
1. Heizung zustellen: Wenn Möbel vor dem Heizkörper stehen und ihn verdecken, kann sich die Wärme nicht gleichmäßig verteilen. Das treibt die Heizkosten unnötig in die Höhe. Laut „verbraucherzentrale.de“ sollte ein Sofa mindestens 30 Zentimeter Abstand zur Heizung haben. Auch an Vorhängen staut sich Wärme. © IMAGO
Küche und Schlafzimmer müssen nicht über 20 Grad warm sein, 18 Grad reichen völlig aus.
2. Falsche Temperaturen: Behalten Sie das Thermometer im Auge: Küche und Schlafzimmer müssen nicht über 20 Grad warm sein, 18 Grad reichen völlig aus. Kinder-, Arbeits- und Wohnzimmer dürfen etwas wärmer sein. Damit sich kein Schimmel im Bad ansetzt, sollte die dortige Temperatur im Rahmen von 22 bis 24 Grad bleiben. © IMAGO
Viele Menschen drehen die Heizung im Bad erst kurz vor der Nutzung – beispielsweise zum Duschen – auf.
3. Kurzes Aufheizen: Viele Menschen drehen die Heizung im Bad erst kurz vor der Nutzung – beispielsweise zum Duschen – auf. Dadurch bleiben die Wände aber weiter kalt. Beim Kontakt mit der kühlen Oberfläche kondensiert die warme, feuchte Luft und es bildet sich leicht Schimmel.  © IMAGO
Ein beliebter Fehler ist es, die nasse oder feuchte Wäsche auf den Heizkörper zu legen.
4. Wäsche auf dem Heizkörper trocknen: Ein beliebter Fehler ist es, die nasse oder feuchte Wäsche auf den Heizkörper zu legen. Dadurch geht viel Wärme verloren und die Heizleistung verringert sich. Außerdem steigt die Luftfeuchtigkeit schnell an, was ein idealer Nährboden für Schimmel ist. © IMAGO
Heizen und Lüften gehen Hand in Hand. Vermeiden Sie es, die Fenster dauerhaft zu kippen.
5. Falsches Lüften: Heizen und Lüften gehen Hand in Hand. Vermeiden Sie es, die Fenster dauerhaft zu kippen. Dadurch kühlen lediglich die Wände nahe der Fenster aus und die zuvor erwärmte Luft geht verloren. Besser ist es, regelmäßig stoß- und querzulüften.  © IMAGO
Im Winter mögen wir es schön kuschelig und warm zuhause.
6. Zu viel Wärme. Im Winter mögen wir es schön kuschelig und warm zu Hause. Übertreiben sollten wir es dabei nicht: Jedes zusätzliche Grad bedeutet etwa sechs Prozent mehr Heizkosten. Deshalb ist es besser, sich an Temperaturen um die 20 oder 21 Grad zu gewöhnen und innen wärmere Kleidung zu tragen. Das schont nicht nur den Geldbeutel, sondern auch die Umwelt. © IMAGO
Auf den ersten Blick erscheint es naheliegend, die Heizung komplett auszuschalten, wenn niemand zuhause ist.
7. Heizung komplett ausschalten. Auf den ersten Blick erscheint es naheliegend, die Heizung komplett auszuschalten, wenn niemand zu Hause ist. Tatsächlich führt das nur zu einem unnötigen Energieverbrauch: Die Aufheizung der Räume fordert mehr Energie ein, als durch das Ausschalten eingespart wurde. © IMAGO/Michael Bihlmayer
Wenn die Wärme innerhalb der eigenen vier Wände ständig entweicht, können poröse Fenster- und Türrahmen schuld daran sein.
8. Undichte Fenster und Türen: Wenn die Wärme aus den eigenen vier Wänden ständig entweicht, können durchlässige Fenster und Türen schuld daran sein. Undichte Stellen lassen sich mit Schaumstoff- oder Gummidichtungsbändern aus dem Baumarkt auffüllen. © IMAGO
Das Mitheizen durch eine geöffnete Tür ist keine gute Idee.
9. Mitheizen durch offene Tür: Ein kalter Raum lässt sich erwärmen, indem die Tür zu einem benachbarten Zimmer geöffnet wird, das bereits warm ist: Theoretisch klingt das nach einer guten Idee. Praktisch erhöht sich dadurch die Gefahr der Schimmelbildung, da die ausströmende warme Luft sehr feucht ist und sich an den kalten Wänden anlagert.  © IMAGO
Durch das Lüften soll die Luftfeuchtigkeit aus dem Raum entweichen und gegen Frischluft ausgetauscht werden.
10. Türen beim Lüften nicht schließen: Durch das Lüften soll die Luftfeuchtigkeit aus dem Raum entweichen und gegen Frischluft ausgetauscht werden. Wenn die Türen beim Lüften geöffnet sind, zieht die Luftfeuchtigkeit aber einfach in einen anderen Raum. Deshalb ist es besser, die Zimmertüren zu schließen. Laut „stromvergleich.de“ lassen sich damit bis zu 20 Euro pro Jahr sparen.  © IMAGO/Valerii Honcharuk

Spitzenpreise in Wärmenetz in Flensburg – bei Anschlusszwang für Verbraucher

Denn: Im Gegensatz zu Verbrauchern außerhalb der Wärmenetze, die sich nach einem günstigeren Anbieter umsehen können, ist dies für die an ein Wärmenetz Angeschlossenen nicht möglich. Insbesondere dort, wo die Preisbremse mit 9,5 ct/kWh für Haushalte vergleichsweise vorteilhaft war, steigen die Kosten erheblich. In einigen Wärmenetzen fällt der Anstieg besonders deutlich aus. Vor allem zu den Stadtwerken Flensburg erreichen die Verbraucherzentrale derzeit besonders viele Beschwerden.

Wenn Wärmenetze nach dem Vorbild von Dänemark die tragende Rolle bei der Energiewende übernehmen sollen, muss etwas passieren.

Tom Janneck, Leiter Referat Energiewende und Nachhaltigkeit, Verbraucherzentrale SH

Nach Berechnungen liegt der Wärmepreis im Flensburger Netz bei 20,17 ct pro kWh, für den betrachteten Anwendungsfall ein Spitzenpreis im Vergleich zu anderen Netzen wie Kiel mit 14,49 ct/kWh oder Neumünster mit 14,86 ct/kWh. „Dabei besteht in Flensburg ein Anschluss- und Benutzungszwang mit einer Anschlussquote von über 90 Prozent aller Haushalte“, so Tom Janneck, Leiter des Referats Energiewende und Nachhaltigkeit bei der VZSH. „Häufig wird ein Anschluss- und Benutzungszwang als Grund angeführt, um Wärme im Vergleich günstiger anbieten zu können“, so Janneck weiter, „das scheint in Flensburg nicht zu funktionieren“.

Preisexplosion in Wärmenetzen: Verbraucherschützer fordern Transparenz und Preisaufsicht

„Damit nicht jeder Wärmenetz-Anbieter machen kann, was er will“, fordert die Verbraucherzentrale nun mehr Transparenz, „beispielsweise durch ein Internetportal, über das die Anbieter ihre Preise übersichtlich darlegen müssen“, sowie eine „leistungsstarke Preisaufsicht“, erklärt der Energieexperte. Dies würde es der zuständigen Aufsichtsbehörde, Politik und Verbrauchern deutlich erleichtern, preisauffällige Anbieter zu identifizieren und gezielt anzusprechen.

Einen Überblick der Fernwärmepreise in Schleswig-Holstein für die Jahre 2023 und 2024 hat die Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein erstellt. Die Liste wird stetig aktualisiert und basiert auf den Preisblättern, die durch die Wärmeversorger zur Verfügung gestellt werden.

Rubriklistenbild: © Imago/Zoonar

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