Folgen des Ukraine-Kriegs

Russlands Wirtschaft droht eine Insolvenzflut – Putins Hauptstütze in Gefahr

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Russlands Wirtschaft sieht sich mit enormen Herausforderungen konfrontiert. Putin scheitert jedoch daran, diese effektiv zu bekämpfen. Ein bedeutender Wirtschaftssektor ist in Gefahr.

Moskau – Bereits jetzt ist absehbar, dass Russlands Wirtschaft einen wackeligen Start ins Jahr 2025 haben wird. Seit Monaten versucht Wladimir Putin die hohe Inflation in Russland einzudämmen und bezeichnete sie sogar auf seiner jährlichen Pressekonferenz als „alarmierendes Signal“ – der schwache Rubel hat das Inflationsproblem zusätzlich befeuert. Nun gibt es Warnungen vor einer Insolvenzwelle – offenbar auch in einer Branche, die für Russlands Wirtschaft und den Ukraine-Krieg wichtig ist.

Russlands Wirtschaft in der Krise: Putins Ökonomen sprechen Insolvenzwarnungen aus

Putin bestätigte jüngst, dass die Inflation in Russland derzeit bei 9,3 Prozent liegt. Um die hartnäckige Inflation zu bekämpfen, hat die russische Zentralbank wiederholt ihren Leitzins angehoben, der jetzt bei 21 Prozent liegt. „Durch den hohen Leitzins sollen Kredite für Verbraucher und Unternehmen teurer werden, um die Nachfrage nach Waren und Dienstleistungen zu verringern und den inflatorischen Druck zu senken“, erklärte bereits Russland-Experte Oliver Kempkens im Gespräch mit unserer Redaktion.

Wladimir Putin: Russlands Präsident sieht sich angesichts des schwachen Rubel-Kurses zum Handeln gezwungen.

Ökonomen erwarteten, dass die Zentralbank noch im Jahr 2024 eine weitere Erhöhung durchführt, allerdings hat die russische Zentralbank den Leitzins vorerst unverändert gelassen. Dennoch bereitet der hohe Leitzins von 21 Prozent vielen Unternehmen Finanzierungsprobleme.

Hohe Inflation belastet Russlands Wirtschaft: Zentralbank muss einschreiten, doch Unternehmen leiden

Die russische Nachrichtenagentur Interfax berichtete Anfang Dezember, dass sich Zahlungsausfälle in der gesamten Wirtschaft ausbreiteten. Bei großen und mittelgroßen Unternehmen kam es demnach zwischen Juli und September zu Zahlungsverzug von 19 Prozent, bei kleinen Unternehmen lag der Zahlungsverzug im gleichen Zeitraum bei 25 Prozent.

Inzwischen sind sogar Putins Top-Ökonomen beunruhigt. Rosneft-Chef Igor Setschin kritisierte im vierteljährlichen Finanzbericht seines Unternehmens die Finanzpolitik der Zentralbank. Die bisherigen Zinserhöhungen hätten „negative Auswirkungen auf die Finanzierungskosten“ des Konzerns sowie seiner Vertragspartner und Zulieferer und würden zu Profiten führen.

Wegen Wirtschaftskrise in Russland: Wichtige Branche gerät unter Druck

Auch der Russische Verband der Einkaufszentren schlug laut der Washington Post Alarm und teilte mit, dass über 200 Einkaufszentren wegen der hohen Finanzierungskosten vor der Insolvenz stünden. Etwa ein Viertel aller Einkaufszentren seien laut der Moscow Times von der Insolvenz bedroht und könnte im Jahr 2025 geschlossen werden. Auch die zunehmende Konkurrenz durch Online-Plattformen in Russland spielt eine Rolle.

Doch besonders eine weitere Branche könnte die Folgen derzeitigen Wirtschaftskrise zu spüren bekommen: Laut Alexandra Prokopenko, Ex-Beraterin bei der russischen Zentralbank, sind viele Zulieferer in der Rüstungsindustrie von Zahlungsausfällen und steigenden Finanzierungskosten betroffen.

Folgen der russischen Wirtschaftskrise – Putins Standbein kämpft mit Fachkräftemangel

Hinzu schränken westliche Sanktionen Russlands Zugang zu bestimmten Bauteilen ein, die für die Produktion hochwertiger Rüstungsgüter erheblich sind. Auch der Personalmangel setzt die Branche unter Druck. Laut Daten, die das russische Wirtschaftsentwicklungsministerium dem russischen Parlament jüngst vorgelegt hat, dürfte das Wachstum des vage als „sonstige Transportsysteme und -ausrüstung“ bezeichneten Sektors von 30,2 Prozent im Jahr 2023 auf fünf Prozent im nächsten Jahr einbrechen.

Bereits Ende Oktober 2024 warnte Sergej Tschemesow, ein enger Verbündeter Putins und Chef des russischen staatlichen Rüstungskonzerns RosTec, wenn die Preise auf dem aktuellen Niveau blieben, werde „praktisch die Mehrheit der Unternehmen pleitegehen.“ Russland könne sogar gezwungen sein, seine Waffenexporte einzuschränken. RosTec stellt unter anderem militärische Antriebssysteme sowie Ausrüstung für Gastransportanlagen und Energieerzeugungsanlagen her.

Die Rüstungsindustrie dürfte derzeit für Putin zu einer der wichtigsten Wirtschaftsbranchen zählen. Der russische Präsident pumpt viel Geld in das Militär und in die Produktion russischer Rüstungsgüter. Laut Reuters werden die staatlichen Verteidigungsausgaben Russlands bis 2025 zudem auf dem höchsten Stand seit dem Kalten Krieg sein. Ob die enormen Verteidigungsausgaben für Russlands Wirtschaft nachhaltig sind, ist sehr zweifelhaft. (bohy)

Rubriklistenbild: © Vyacheslav Prokofyev / dpa

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