Nach Öl-Embargo
EU will erstmals Putins LNG sanktionieren – wird Russland-Kumpel Orbán Pläne blockieren?
VonBona Hyunschließen
Jetzt also doch? Die EU könnte Sanktionen gegen russisches LNG auf den Weg bringen. Ein EU-Mitglied könnte sich vehement dagegen wehren.
Brüssel – Erstmals hat die EU-Kommission Sanktionen gegen russisches LNG vorgeschlagen. Die Maßnahmen in dem Entwurf sollen nicht direkt die EU-Importe von LNG aus Russland verbieten. Für Wladimir Putin, der sein LNG-Geschäft stark ausbauen wollte, wäre das neben den einbrechenden Öl-Einnahmen dennoch ein weiterer Schlag ins Herz der Wirtschaft.
Mögliche EU-Sanktionen gegen russisches LNG – Folgen für Putins Wirtschaft
Wie mehrere Diplomaten der Deutschen Presse-Agentur bestätigten, will die Europäische Kommission untersagen lassen, dass Häfen wie der im belgischen Zeebrugge zur Verschiffung von russischem LNG in Drittstaaten genutzt werden. Dies soll dann dazu führen, dass Russland wegen mangelnder Transportkapazitäten weniger Flüssigerdgas verkaufen kann und weniger Gewinne generiert, die für die Fortsetzung des Angriffskrieges gegen die Ukraine verwendet werden könnten. „Wenn sie (die Russen) in Europa nicht umladen können, müssen sie ihre Eistanker möglicherweise auf längere Fahrten schicken“, sagte Laura Page, Gasexpertin bei der Datenanalysefirma Kpler, in einem Interview jüngst mit Politico.
Die Diplomaten betonten, dass sich die Sanktionspläne der EU-Kommission nicht gegen den Transport von russischem LNG richten, das für den Verbleib in der EU bestimmt ist. Hintergrund sei, dass einige EU-Staaten der Ansicht seien, für eine sichere Energieversorgung noch nicht auf russisches Gas verzichten zu können, hieß es. Zudem gilt ein starker Preisanstieg für Importe aus anderen Drittstaaten als Risiko.
EU erwägt Sanktionen gegen russisches LNG – harter Schlag für Putin
Die Sanktionen sollen laut Politico auch die Beteiligung der EU an bevorstehenden LNG-Projekten in Russland verbieten. „Eine solche Maßnahme schränkt den Ausbau der russischen LNG-Kapazitäten ein und begrenzt damit die Einnahmen Russlands“, heißt es in dem Vorschlag. Zudem sollen Unternehmen Informationen über Moskaus LNG-Importe in großem Umfang der EU-Kommission weitergeben.
Bislang hat die EU keine Sanktionen gegen russisches LNG erlassen. Das könnte sich mit der Verabschiedung des 14. Sanktionspakets gegen Russlands Wirtschaft ändern. In der EU zählen Spanien und Belgien zu großen Abnehmern von russischem LNG, in Frankreich ist der Energiekonzern Total laut der Tagesschau an LNG-Geschäften auf der russischen Halbinsel Jamal im Nordwesten Sibiriens beteiligt.
Forderungen nach Sanktionen gegen Putins LNG werden lauter
Sanktionen gegen den Energiesektor betreffen derzeit nur die Einfuhr von russischem Rohöl und raffinierten Erdölerzeugnissen. Mit dem Öl-Embargo hatten sich die EU-Staaten das Ziel gesetzt, „maximalen Druck auf Russland“ auszuüben, schrieb beispielsweise EU-Ratspräsident Charles Michel auf der Plattform X im Mai 2022.
Politico zufolge wuchs die Unterstützung für Sanktionen gegen russisches LNG innerhalb der EU. Jüngst machte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) seine Position auf einer Pressekonferenz am 24. April 2024 deutlich und plädierte ebenfalls für Sanktionen gegen Putins LNG: „Wenn wir uns von der Pipeline-Verbindung und von der infrastrukturellen Abhängigkeiten lösen konnten, dann müsste es auch für andere Länder zumutbar sein“, sagte Habeck. Zudem müsse man sich anschauen, woher die restlichen Devisen herkommen, die Russland habe, besonders im Bereich der Energieträger.
Mögliche Sanktionen gegen russisches LNG – scheitern EU-Pläne an Ungarn?
„Wirtschaftsweise“ Ulrike Malmendier ging sogar noch einen Schritt weiter und forderte die EU auf, kein weiteres Gas mehr aus Russland zu beziehen. Es gebe inzwischen gute Alternativen. „Von dieser Seite droht uns keine Gefahr mehr, zugleich könnte ein Gas-Boykott wirkungsvoll sein“, sagte Malmendier gegenüber der Rheinischen Post in einem Beitrag vom 28. Februar 2024.
Allerdings rechnet Politico damit, dass sich ein EU-Mitglied wehren könnte: Ungarn. Das Land sei in hohem Maße von russischer Energie abhängig. In der Vergangenheit hat sich der ungarische Regierungschef Viktor Orbán vehement gegen die EU-Sanktionen abgelehnt. Ungarn handelte sich auch eine Ausnahme für das ab 2023 geltende EU-Öl-Embargo aus und durfte weiter Öl über die Druschba-Pipeline importieren. Zuletzt hatte sich Ungarn eingesetzt, diese Ausnahmen zu verlängern. Orbán demonstrierte häufig seine Nähe zu Putin – im Oktober 2023 betonten er und der russische Präsident ihr Engagement für die bilateralen Beziehungen. (bohy mit Material der dpa)
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