Für Putin steht viel auf dem Spiel
Riesiger Ölstaat könnte „enormes Risiko“ für Russlands Wirtschaft darstellen
VonBona Hyunschließen
Ein Schritt von Saudi-Arabien, einem der führenden Ölstaaten, könnte ein „enormes Risiko“ für die russische Wirtschaft bedeuten und Putins Einkünfte reduzieren.
Moskau – Der Kriegswirtschaft von Wladimir Putin droht ein herber Schlag. Saudi-Arabien will offenbar seine Rohölproduktion erhöhen. Dieser Schritt könnte verheerende Folgen für den russischen Haushalt haben, da Russlands Wirtschaft sehr abhängig von den Einnahmen aus dem Öl- und Gassektor ist.
Rückschlag für Russlands Wirtschaft: Großer Ölstaat könnte Putins zentrale Einnahmen drosseln
Derzeit sei die Ölnachfrage nicht so hoch, wie es sich Saudi-Arabien wünschen würde, sagte Ajay Parmar, Direktor für Ölmarktanalysen beim Rohstoffnachrichtendienst ICIS gegenüber Politico. Auch die Ölpreise sorgen für Unmut. So liege der derzeitige Preis für Europas wichtigste Rohölsorte Brent bei 77,62 Dollar pro Barrel, schreibt die Nachrichtenagentur Reuters am 3. Oktober. Laut dem Internationalen Währungsfonds (IWF) braucht Saudi-Arabien aber einen festen Ölpreis von fast 100 Dollar pro Barrel, um seinen Haushalt auszugleichen. Der Financial Times zufolge sollen die Einnahmen hauptsächlich Projekte für ein „Wirtschaftsreformprogramm“ finanzieren.
OPEC-Länder und ihre Verbündeten, darunter auch Russland, hatten in der Vergangenheit ihre Ölproduktion gekürzt, um die Ölpreise auf dem Weltmarkt zu stabilisieren. Saudi-Arabien hatte allerdings den Großteil der OPEC+-Kürzungen geschultert und seine eigene Produktion in den letzten zwei Jahren laut Politico um zwei Millionen Barrel pro Tag reduziert, was mehr als einem Drittel der Kürzungen der Mitglieder entspricht.
Saudi-Arabien verliert Geduld – und gibt Warnschuss an Ölmarkt
„Einige Produzenten, darunter Russland, überschreiten ständig ihre Quoten, was bedeutet, dass die Preise nicht annähernd bei 100 Dollar pro Barrel liegen und Saudi-Arabien die Geduld verliert“, so Parmar. Saudi-Arabien könnte nun „einen Warnschuss an den Markt abzugeben, dass sie handeln werden.“
So will Saudi-Arabien Berichten zufolge selbst mehr Öl zu produzieren, um sich Marktanteile und Gewinne auch im Falle von sinkenden Ölpreisen zu sichern. Das Königreich sei nicht gewillt, weiterhin Marktanteile an andere Produzenten abzutreten, sagten mit der Angelegenheit vertraute Personen gegenüber der Financial Times.
Russlands Wirtschaft ist auf Ölexporte angewiesen – Saudi-Arabien erhöht nun Produktion
Die Folge für Russlands Wirtschaft: Mittel für die Kriegswirtschaft werden eingeschränkt. Denn auch Russland exportiert trotz Sanktionen Mengen von russischem Rohöl und ist auf die Einnahmen aus dem Handel angewiesen. Ein Drosseln der Rohölproduktion kommt für Putin derzeit nicht infrage – dessen sei sich auch Saudi-Arabien bewusst. Saudi-Arabien „weiß sehr wohl, dass die russischen Unternehmen der Forderung nach einer Produktionskürzung nicht nachkommen, also machen sie ihre eigenen Pläne“, sagte der in Norwegen ansässige Energieexperte Michail Krutichin gegenüber Politico.
Es gibt auch Theorien, dass Saudi-Arabians erhöhte Ölproduktion die Ölpreise senken könnte, was Putins Umsätze verringern würde. Alexandra Prokopenko, Wirtschaftswissenschaftlerin und Mitarbeiterin der Carnegie Endowment for International Peace, sagte gegenüber Politico: „Bei den derzeitigen Wechselkursen würde ein Rückgang des Ölpreises um 20 Dollar zu einem Rückgang der Einnahmen um 1,8 Billionen Rubel (20 Milliarden Dollar) führen. Das entspricht etwa einem Prozent des russischen BIP“, sagte sie. „Die Regierung stünde vor der Wahl, entweder die Ausgaben zu kürzen – was während eines Krieges unwahrscheinlich ist“, fügte Prokopenko hinzu, „oder Inflationsdruck und erdrückend hohe Zinssätze zu akzeptieren.“
Putin braucht Einnahmen aus Öl-und Gasgeschäften für die Kriegskasse
Einnahmen aus Öl- und Gasgeschäften tragen einen wesentlichen Anteil dazu bei, dass Russlands Kriegskasse gefüllt ist. Finanzminister Anton Siluanow zufolge machen die Einnahmen aus dem Öl- und Gassektor im Jahr 2025 27 Prozent der gesamten Einnahmen des Staatshaushalts aus. Derzeit steuert der Sektor etwa ein Drittel der jährlichen Staatseinnahmen bei. Doch die Prognosen für die kommenden Jahre ist düster, da mit weniger Einnahmen zu rechnen ist. (bohy)
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