Rentner verlieren Kaufkraft
Große Renten-Erhöhung im Sommer - doch war's das dann?
VonLisa Mayerhoferschließen
Die Renten steigen im Juli kräftiger als zuvor gedacht. Doch in Zukunft könnten die Erhöhungen stark schrumpfen, so die Prognose. Ein Überblick.
Berlin – Die Renten in Deutschland werden 2024 noch einmal ordentlich erhöht: Die mehr als 21 Millionen Rentnerinnen und Rentner in Deutschland erhalten um 4,57 Prozent höhere Bezüge. Das Bundeskabinett beschloss am Mittwoch (24. April) eine entsprechende Verordnung von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD). Wie geht es jetzt weiter? Ein Überblick.
Wie hoch fällt die Rentenerhöhung im Juli konkret aus?
Die Rentenerhöhung fällt großzügiger aus als gedacht. In einer Prognose gingen Schätzer zuvor von einem Plus von rund 3,5 Prozent im Juli aus. Hauptgründe für die deutliche Erhöhung sind der stabile Arbeitsmarkt in Deutschland und gute Lohnabschlüsse. Für die Rentenanpassung maßgeblich waren Lohnsteigerungen von 4,72 Prozent. Eine Rente von 1000 Euro steigt damit um 45,70 Euro.
Die Anpassung liege damit „deutlich unter der Preissteigerungsrate“, freute sich Heil. Im März lagen die Verbraucherpreise um 2,2 Prozent über dem Niveau des Vorjahresmonats. In den vergangenen zwei Jahren war die Rentenerhöhung hinter der Inflation zurückgeblieben, im Jahr davor hatte es im Westen eine Nullrunde gegeben und im Osten nur eine minimale Erhöhung.
Die Rentenerhöhung liegt über der Inflationsrate – ist es jetzt endlich ausgeglichen?
Leider nein. Es wird wohl noch dauern, bis die Rentner den Kaufkraftverlust durch die Inflation hinter sich lassen können: Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, sagte, „mit der geplanten Rentenerhöhung werden viele Rentnerinnen und Rentner noch immer eine geringere Kaufkraft haben als vor drei Jahren, bevor die Inflation stark anstieg“. Es werde „wohl noch ein bis zwei Jahre dauern, bis die Renten wieder die Kaufkraft von 2021 erreichen werden“, sagte er der Rheinischen Post.
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Die Rentenanpassung folge „einer gemeinsam festgelegten Formel, sodass keine der Parteien sich nun beklagen kann“. Mittelfristig könne die Rentenerhöhung den Bundeshaushalt stärker belasten. Allerdings dürfe man nicht vergessen, „dass der Staat einer der großen Gewinner der hohen Inflation der vergangenen Jahre war“, sagte Fratzscher.
Gibt es auch in den kommenden Jahren Rentenerhöhungen?
Rentensteigerungen dürfte es auch künftig geben – aber laut aktuellem Rentenversicherungsbericht in geringerem Ausmaß. So geht der Bericht bis 2037 von einer durchschnittlichen Steigerungsrate von 2,6 Prozent pro Jahr aus – insgesamt gut 43 Prozent. Das Problem ist der demografische Wandel: Ohne gesetzliche Eingriffe würde der Übertritt von Millionen sogenannter Babyboomer in die Rente immer deutlicher spürbar werden. Laut dem Bericht dürfte das Rentenniveau ohne Reform von derzeit 48,2 Prozent bis auf 45,0 Prozent im Jahr 2037 sinken. Die Renten würden dann generell nicht mehr so stark wie die Löhne steigen.
Rentensystem unter Druck: Was unternimmt die Regierung?
Arbeitsminister Heil und Finanzminister Christian Lindner (FDP) haben deshalb das Rentenpaket II auf die Beine gestellt, das das Rentenniveau von 48 Prozent für die Zukunft garantieren soll. Ein Kernstück ist dabei das Generationenkapital – bis Mitte der 2030er-Jahre will die Regierung dafür mindestens 200 Milliarden Euro aus Bundesmitteln am Kapitalmarkt anlegen. Aus den Erträgen sollen Beitragsanstiege abgedämpft und die Rente stabilisiert werden.
Inflationsprämie für Rentner: Das fordern Kritiker
Vielen Kritikern geht die Ampel-Koalition mit ihren Rentenplänen aber nicht weit genug. So sagte die Chefin des Sozialverbands Deutschland (SoVD), Michaela Engelmeier, dass die Kostensteigerungen der vergangenen Monate und Jahre für die Rentner so lange nicht ausgeglichen würden. „Vor allem die stark gestiegenen Lebenshaltungskosten stellen eine große Belastung dar. Viele Beschäftigte, Beamte und Pensionäre haben daher bereits einen steuerfreien Inflationsausgleich erhalten, Rentnerinnen und Rentner aber nicht.“ Engelmeier bekräftigte ihre Forderung nach einer solchen Inflationsprämie auch für Rentner.
Um den Druck auf die Politik zu erhöhen, ist der SoVD auf verschiedenen Ebenen aktiv geworden und hat eine konzertierte Aktion gestartet. In Niedersachsen, Hamburg und Schleswig-Holstein können Unterschriftenlisten und eine Petition online mitgezeichnet werden. Darüber hinaus hat der Verband eine Petition beim Deutschen Bundestag eingereicht, die vom Petitionsausschuss behandelt werden wird.
Mit Material der dpa
Rubriklistenbild: © Michael Gstettenbauer/Imago
