Rentnerin liest besorgt einen Brief. Auf dem Tisch liegt ein Portemonnaie und einige Cent-Münzen.
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Ein Gerichtsurteil könnte viele Rentner Geld kosten.

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Tausenden Rentnern droht plötzlich hohe Nachzahlung

  • VonRaphael Strecker
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Ein neues Urteil zur Witwenrente könnte für tausende Betroffene teuer werden. Rentner müssen steuerliche Besonderheiten der Rentenversicherung kennen.

Dortmund – Die gesetzliche Rente ist für viele Deutsche die wichtigste Einkommensquelle im Alter. Aktuell betrifft eine historische Renten-Änderung alle Rentner. Doch während diese Reform lange angekündigt war, trifft ein Gerichtsurteil viele Bezieher von Witwenrenten unvorbereitet.

Renten-Schock: Tausenden könnten plötzlich hohe Nachzahlung drohen

Das Bundessozialgericht (BSG) hat mit einem Urteil eine weitreichende Entscheidung zur Berechnung von Witwenrenten getroffen. Steuerliche Verlustvorträge, die von Finanzämtern anerkannt werden, dürfen bei der Anrechnung von Einkommen auf die Witwenrente nicht mehr berücksichtigt werden (mehr Renten-Themen bei RUHR24).

Für betroffene Witwen und Witwer kann dies bedeuten, dass die Rentenversicherung jahrelang zu hohe Zahlungen geleistet hat – die nun zurückgefordert werden könnten. In dem verhandelten Fall musste eine Schaustellerin 12.600 Euro an die Rentenversicherung zurückzahlen. Dies könnte nur die Spitze des Eisbergs sein, da tausende ähnliche Fälle betroffen sein könnten.

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Verlustvorträge bei der Witwenrente: Was bedeutet das BSG-Urteil für Rentner?

Der Kern des Urteils (Az.: B 5 R 3/23 R) betrifft die Auslegung des § 18a Absatz 2a SGB VI. Vereinfacht gesagt geht es darum, wie das Einkommen berechnet wird, das auf eine Witwenrente angerechnet werden muss.

Die Richter urteilten klar: Steuerliche Verlustvorträge aus früheren Jahren dürfen nicht vom aktuellen Einkommen abgezogen werden, wenn es um die Berechnung der Witwenrente geht. Auch wenn das Finanzamt diese Verluste bei der Steuerberechnung berücksichtigt, spielt dies für die Rentenversicherung keine Rolle.

Aus dem Urteil geht hervor, dass steuerliche Verlustvorträge nichts über die aktuelle wirtschaftliche Situation aussagen und daher für die Berechnung der Witwenrente irrelevant sind. Das Gericht betont, dass bei Hinterbliebenenrenten ausschließlich das verfügbare Einkommen im aktuellen Bezugszeitraum entscheidend ist. Dieses Prinzip gilt rückwirkend.

Renten-Urteil zeigt konkrete Auswirkungen für Rentner

Besonders anschaulich werden die Folgen des Urteils am konkreten Fall einer selbstständigen Schaustellerin. Sie bezog seit 1992 eine Witwenrente und nahm später ihre berufliche Tätigkeit wieder auf. Zwischen 2007 und 2016 erwirtschaftete sie positive Einkünfte.

Das Finanzamt besteuerte diese Einkünfte aufgrund eines Verlustvortrags nicht. Die Rentenversicherung stellte jedoch 2017 fest, dass die tatsächlichen Einnahmen für die Berechnung der Witwenrente maßgeblich sind – unabhängig vom steuerlichen Verlustvortrag. Die Folge: Eine Rückforderung von 12.600 Euro.

Was ist die Hinterbliebenenrente?

Die Hinterbliebenenrente sichert Angehörige finanziell ab, wenn der Ehepartner, die Ehepartnerin oder der eingetragene Lebenspartner verstirbt. Sie dient als Ersatz für den wegfallenden Unterhalt.

Witwenrente/Witwerrente: Unterstützt den überlebenden Partner
Waisenrente: Für Kinder des Verstorbenen bis zum 18. Lebensjahr (bei Ausbildung bis 27 Jahre)

- Die Höhe richtet sich nach der Rentenanwartschaft des Verstorbenen
- Eigenes Einkommen wird teilweise angerechnet
- Im „Sterbevierteljahr“ (3 Monate nach dem Tod) erfolgt keine Einkommensanrechnung
- Die meisten Bezieher erhalten zwischen 300 und 1.000 Euro monatlich
Besonderheit: Anders als andere Rentenarten muss die Hinterbliebenenrente aktiv beantragt werden.

Renten-Nachzahlung droht: Diese Personengruppen sind besonders gefährdet

Das Urteil betrifft in erster Linie Witwen und Witwer, die selbstständig tätig sind oder waren und in der Vergangenheit geschäftliche Verluste erlitten haben. Besonders gefährdet sind:

  • Selbstständige mit schwankenden Einnahmen
  • Gewerbetreibende, die in früheren Jahren Verluste erzielt haben
  • Freiberufler mit steuerlichen Verlustvorträgen
  • Witwen und Witwer von Unternehmen mit Ertragsübertragungen

Die Rentenversicherung könnte nun vermehrt solche Fälle überprüfen und möglicherweise Rückforderungen stellen.

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Aktuelles Einkommen entscheidend: So berechnet die Rentenversicherung jetzt

Der Zweck der Witwenrente besteht darin, den Einkommensausfall nach dem Tod des Ehepartners teilweise auszugleichen. Entscheidend ist dabei die aktuelle wirtschaftliche Situation des Hinterbliebenen.

Das BSG betont in seinem Urteil, dass die Witwenrente kein Instrument zum Ausgleich vergangener wirtschaftlicher Verluste sei. Sie orientiert sich vielmehr am gegenwärtigen finanziellen Bedarf. Steuerliche Verlustvorträge aus früheren Jahren haben damit nichts zu tun.

Ohnehin droht vielen Rentnern ab 2025 weniger Geld durch eine versteckte Rentenkürzung. Die aktuelle Entscheidung könnte die finanzielle Lage betroffener Witwenrentner weiter verschärfen.

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