Reform bleibt wohl aus
Beitrags-Knall bei der Rente – Wirtschaftsweiser rechnet Merz-Effekt durch
VonRichard Stroblschließen
Kommt mit Friedrich Merz eine Reform der Rente? Die Zeichen stehen auf Nein. Das hätte massive Folgen für die Renten-Beiträge, zeigt ein Wirtschaftsweiser.
Berlin – Die Rente ist einer der großen Zank-Äpfel in den aktuellen Koalitionsverhandlungen. Die SPD will das Rentenniveau ohne Änderungen der Berechnungsgrundlage bei 48 Prozent halten – und folgt damit weiter dem Pfad, den Olaf Scholz vorgegeben hat. Die Union um Friedrich Merz hat selbst teure Projekte. Eine viel geforderte Reform der Rente könnte deshalb auf der Strecke bleiben. Das wäre eine teure Nicht-Lösung der Renten-Problematik, rechnet auch der Wirtschaftsweise Martin Werding nun vor.
Rente wird wohl teurer: Wirtschaftsweiser rechnet Entwicklung für Beiträge zur Rente vor
Denn Schwarz-Rot setzt laut dem aktuellen Sondierungspapier in Sachen Rente einfach auf das Prinzip Hoffnung. Generelles Wachstum, hohe Beschäftigung und steigende Löhne sollten das Rentensystem finanzieren, das mehr oder weniger unveränderte Renten-Ausschüttungen liefern soll. Das gesetzliche Renteneintrittsalter soll demnach bei 67 Jahren bleiben. Die Rente ab 63 soll weiter möglich sein. Lediglich Anreize, dass Menschen freiwillig länger arbeiten oder in der Rente zusätzlich arbeiten, werden gesetzt.
Die möglichen Folgen zeigt jetzt Ökonom und Wirtschaftsweiser Werding auf. Gegenüber der Wirtschaftswoche rechnet er vor, dass der Renten-Beitragssatz mit dieser Politik wohl noch in diesem und im nächsten Jahr bei 18,6 Prozent stehen bleiben könnte. Doch schon 2027 müsste er auf 19,7 Prozent steigen. Bis 2030 müsste der Renten-Beitragssatz laut Werding dann auf 20,1 und bis 2035 auf 21,2 Prozent steigen. Noch dramatischer wäre der Effekt demnach, falls das Rentenniveau, wie von der SPD gefordert, bei 48 Prozent festgeschrieben werden würde. Dann müsste der Beitragssatz bis 2035 auf 21,6 Prozent steigen.
Rente als Streitpunkt: Wirtschaft wendet sich dramatisch an Merz und fordert „strukturelle Reformen“
Das wäre ein fatales Signal auch für die ohnehin angeschlagene Wirtschaft. Ganze 100 Wirtschaftsverbände haben gerade erst mit Blick auf die Koalitionsverhandlungen „wirksame, strukturelle Reformen“ gefordert. Die wirtschaftliche Lage habe sich in den letzten Wochen noch einmal „dramatisch zugespitzt“. Doch Merz und Co. zeigten sich davon „unbeeindruckt“ fürchten die Ökonomen. Sie fordern eine niedrigere Steuerbelastung für Unternehmen und Betriebe, den Abbau von Bürokratie und massive strukturelle Reformen zur dauerhaften Senkung der Energiepreise. Überdies appellieren die Verbände an eine Reform im Sozialen: Steigende Beitragssätze bedeuteten für die Unternehmen „ein Mehr an Belastung und eine Schwächung der Wettbewerbsfähigkeit“, heißt es.
Renten-Beiträge steigen: Effekt der Mütterrente kommt sogar noch oben drauf
Genau in diese Kerbe schlägt auch Werding mit seiner Renten-Berechnung: „Ohne Reform wird die Rentendynamik zum Standortrisiko“, sagt der Wirtschaftsweise der Wiwo.
Er macht auch noch auf ein weiteres Renten-Problem aufmerksam: Auch die Mütterrente – das aktuelle Lieblingsprojekt der CSU – verstärkt den Effekt. Wäre die Mütterrente nie eingeführt worden, würde der aktuelle Beitragssatz zur Rente demnach noch ganze 0,6 Prozent niedriger liegen. Mit den Neuerungen aus dem aktuellen Sondierungspapier würden die Renten-Beiträge dann nochmal und zusätzlich um 0,2 Prozent steigen.
CDU, CSU und SPD verhandeln seit Freitag auf Führungsebene über eine gemeinsame Regierungskoalition. Als Streitpunkte gelten insbesondere die Themen Migrationspolitik, Steuern und Rente.
Was planen Merz und Klingbeil? Die aktuellen Pläne zur Rente gibt es hier im Detail. (rjs mit afp)
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