Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) im Gespräch mit Finanzminister Christian Lindner (FDP) abseits einer Plenarsitzung im Bundestag.
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Bundeskanzler Olaf Scholz (r., SPD) im Gespräch mit Finanzminister Christian Lindner (FDP) abseits einer Plenarsitzung im Bundestag.

„Das ist jetzt eine echte Führungsaufgabe“

Kürzungen für Rentner: Neuer Renten-Streit der Ampel bahnt sich beim Haushalt an

  • Lisa Mayerhofer
    VonLisa Mayerhofer
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Die Ampel-Regierung steht vor ihrer nächsten Zerreißprobe: Sie muss sich auf den nächsten Haushalt einigen. Dabei geht es wohl auch um die Rente und mögliche Reformen.

Berlin – Die Ampel-Regierung muss sich bis Anfang Juli zusammenraufen: Dann soll der Haushaltsstreit geklärt sein. Bis dahin müssen sich die Spitzenpolitiker einigen, wo der Rotstift angesetzt wird – denn die Ampel muss sparen, um die Schuldenbremse einzuhalten. Finanzminister Christian Lindner (FDP) ist ein Verfechter der Schuldenbremse und will einen strikten Sparkurs durchsetzen. SPD und Grüne wollen Kürzungen verhindern oder gleich noch mehr Investitionen. Eine Einigung zeichnet sich noch nicht ab.

Kürzungen für Rentner und Empfänger? Bürgergeld und Rente bei Haushaltsstreit im Fokus

Vor allem bei den Sozialausgaben gibt es Zwist: Da ist zum einen das stark unter Beschuss geratene Bürgergeld. So forderte FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai, neu ankommenden Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine kein Bürgergeld mehr zu zahlen. Das wies Kanzler Olaf Scholz (SPD) aber gleich wieder zurück.

Und dann ist da noch die Rente, die unbedingt eine Reform braucht. Nach monatelangem Ringen kam zwar das Rentenpaket II zustande, ein drittes soll aber möglichst bald folgen. Wahrscheinlich wird es dabei darum gehen, Anreize zu setzen, im Alter länger zu arbeiten. Aber das ist so ziemlich die einzige Sache, bei der sich die Ampel-Parteien einig sind.

Renten-Kürzungen? Vorschläge zur Rente von FDP und SPD können nicht gegensätzlicher sein

Denn die FDP möchte dabei auch gerne die Altersrente für besonders langjährig Versicherte, umgangssprachlich auch Rente mit 63 genannt, abschaffen, das Renteneintrittsalter erhöhen und eine „echte“ Aktienrente einführen. Also fast das Gegenteil vom Rentenpaket II, wo das Rentenniveau für die nächsten Jahre auf 48 Prozent festgesetzt und die sehr abgespeckte Version einer Aktienrente in Form eines Generationenkapitals eingeführt werden soll.

Zudem sind die Vorschläge der FDP so ziemlich genau das, was die SPD auf alle Fälle verhindern möchte: Weder eine Erhöhung des Renteneintrittsalters noch die Abschaffung der Rente mit 63 kommt für sie infrage, das betonte auch mehrmals Kanzler Scholz. Ihm fehle die Fantasie, wie die Koalitionspartner hier zusammenkommen wollten, sagte dazu laut Wirtschaftswoche jüngst Thorsten Frei, Erster Parlamentarischer Geschäftsführer der Union, bei einer Veranstaltung des Wirtschaftsrats seiner Partei. 

Für Rentner und die junge Generation: Rentensystem ist stark reformbedürftig

Das Problem: Reformen wären dringend nötig – nicht nur für Rentner, sondern auch für jüngere Generationen. Das Rentensystem ist durch den demografischen Wandel stark unter Druck geraten: Auf immer mehr Rentnerinnen und Rentner kommen immer weniger Beitragszahlende. Das heißt, dass entweder die Beiträge steigen müssen – das soll im Rentenpaket II so kommen – und damit alle Erwerbstätige noch weniger netto von ihrem brutto haben werden. Andererseits blieben nur andere Maßnahmen wie etwa das Renteneintrittsalter hochzusetzen oder das Rentenniveau zu senken – was wiederum die Älteren stark belasten würde.

Abhilfe schaffen könnte auch eine Aktienrente, bei der der Staat Milliardenbeträge am Kapitalmarkt anlegt, deren Erträge später zur Finanzierung der Rentenzahlungen beitragen sollen. Doch auch das ist umstritten: Kritiker sorgen sich, dass der Kapitalmarkt zu unsicher sei, um dort die Rentenzahlungen zu finanzieren. Zudem wird es Jahre dauern, bis die Gesellschaft von der Aktienrente profitieren kann.

„Es wäre richtig gewesen, diesen Baum vor 20 Jahren zu pflanzen“, sagte CDU-Politiker Frei laut dem Magazin und meint einen Kapitalstock in der Rente. Auch die CDU plant eine Rentenreform im Falle einer möglichen Wiederwahl – doch man muss dabei auch sagen: Dafür hätte sie vorher 16 Jahre unter Angela Merkel Zeit gehabt und stattdessen einen regelrechten Reformstau hinterlassen.

Haushaltsstreit: „Das ist jetzt eine echte Führungsaufgabe“

Nun drängt die Zeit. Eigentlich müsse Kanzler Scholz bei der Haushaltsdebatte jetzt fest eingreifen und die Weichen stellen. Denn dieser Schritt ist erst einmal der wichtigste, bevor die Ampel nächste Probleme angehen kann – wie etwa die Rente weiter zu reformieren. „Das ist jetzt eine echte Führungsaufgabe“, meint Politikwissenschaftlerin Andrea Römmele von der Hertie School of Governance gegenüber dem ZDF. Sie glaube aber, dass SPD, Grüne und FDP eine Lösung im Haushaltsstreit finden: „Das müssen sie ja. Und das werden sie auch. Denn das weiß auch Scholz.“

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