Wirtschaftsmodell geht nicht auf
Putins Wirtschaft wächst – auf Kosten der eigenen Zukunft: „Russland lebt zunehmend von seinen Reserven“
VonBona Hyunschließen
Putins Wirtschaftsstrategie könnte Russland in den Ruin treiben. Wie lange hält die Wirtschaft durch? Geht es nach Ökonomen: nicht mehr allzu lange.
Moskau – Wenn Wladimir Putin für zwei Dinge bekannt ist, dann für Drohgebärden gegen den Westen und Märchenstunden. Seit geraumer Zeit rückt auch die russische Wirtschaft in den Vordergrund seiner verzerrten Darstellungen. Auch wenn er sich über wirtschaftliche Probleme bewusst sein mag, versucht er diese stets zu vertuschen. Das ändert allerdings nicht dran, dass Russlands Wirtschaft zunehmend unter den Auswirkungen des Ukraine-Kriegs und den Sanktionen leidet. Und es wird immer dramatischer.
Putins Spiel mit dem Westen – warum die russische Wirtschaft wächst
Seit Beginn des Ukraine-Kriegs hat Putin die „Kriegswirtschaft“ hochgefahren: Er plante Militärausgaben in Rekordhöhen ein, was wiederum das Wirtschaftswachstum ankurbelt. Der frühere Botschafter Rüdiger von Fritsch sieht die Umstellung auf die „Kriegswirtschaft“ als einzigen Grund für den wirtschaftlichen Anstieg. Derzeit gebe Russland 40 Prozent seiner Ausgaben für den Krieg aus. Doch Putins Fokus auf die „Kriegswirtschaft“ wird ihm langfristig zum Verhängnis: „Russland lebt zunehmend von seinen Reserven“, sagte von Fritsch im Gespräch mit dem Handelsblatt.
Putin will Wirtschaft ankurbeln – und ignoriert offenbar die Folgen
Besonders problematisch für die russische Wirtschaft ist die hartnäckige Inflation, die im Februar 2024 im Vorjahresvergleich auf ein Jahreshoch 7,7 Prozent geklettert. Besonders zu schaffen macht Verbrauchern dabei die Teuerung bei bestimmten Nahrungsmitteln. Nach Angaben der Zentralbank sind die Preise für Eier im Laufe des vergangenen Jahres um über 40 Prozent gestiegen, die Teuerung bei Obst und Gemüse lag deutlich über 20 Prozent, bei Zucker und Fleisch waren es knapp zehn Prozent. Ärmere Menschen leiden besonders unter Putins hohen Kriegsausgaben.
Zum Ärger Putins sieht es nicht danach aus, als könnte Russland die Inflation bändigen. „Solange die Inflation niedrig ist, kann das Regime viele Dinge kompensieren, indem es einfach mehr ausgibt und so die öffentliche Nachfrage erhöht. Aber wenn die Inflation hoch ist, dann gibt es einige echte Abstriche und einige echte Bedenken“, sagte Janis Kluge von der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) gegenüber Euroactiv.
Wie lange hält Putins Wirtschaft durch? Sanktionen zeigen Wirkung
Zudem sind seit Erlassung der Sanktionen Gewinne im Öl- und Gasgeschäft massiv eingebrochen. Die Einnahmen aus Öl- und Gasexporten haben laut von Fritsch vor dem Krieg bis zu 50 Prozent der russischen Staatseinnahmen betragen, sie liegen jetzt bei 28 Prozent. Zwar versuchte Putin stets, die Sanktionen zu umgehen, da Gewinne aus dem Öl- und Gasgeschäft viel Geld in seine Kriegskasse spült. Doch verschärfte Maßnahmen machen ihm wohl einen Strich durch die Rechnung.
Im jüngsten Sanktionspaket haben die USA Putins marode Geisterflotte auf die schwarze Liste gesetzt und wollen ihre Maßnahmen gegenüber Drittländern verschärfen, die Putin bei der Sanktionsumgehung helfen. Die Folge: Wichtige Handelspartner wenden sich von Russland ab. Indien, als einer der wichtigsten Abnehmer von russischem Öl, schaut sich offenbar nach anderen Beschaffungswegen um aus Sorge der Sanktionen.
Putins Wirtschaft wird abhängiger von China – doch Handelspartner lassen Russland hängen
Im Zuge der Sanktionen musste Putin Russlands Wirtschaft auch immer abhängiger von weiteren Verbündeten, wie China oder Nordkorea machen. Besonders der Finanzsektor hatte durch Deals mit China profitiert. Doch seitdem sich chinesische Volksbanken aus dem Geschäft zurückgezogen haben, verliefen weitere Gespräche erfolglos.
.„Die Verhandlungen mit den chinesischen Partnern laufen schon seit langem. Bislang gibt es keine Entscheidung“, sagte der russische Finanzminister Anton Siluanow der Nachrichtenagentur RIA Novosti dazu am Montag (26. Februar). Eine Einigung über die Aufnahme von Krediten in der chinesischen Währung Yuan ist laut Siluanow bislang nicht erzielt worden. (bohy)
Rubriklistenbild: © Alexander Zemlianichenko/dpa
