Die Unterschiede in der Rente werden noch deutlicher, wenn man nach Geschlecht unterscheidet.
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Trotz jahrelangen Beitragszahlungen droht Millionen Deutschen im Alter eine magere Rente. (Symbolbild)

Trotz 40 Jahre Arbeit

Minimale Rente: Millionen Deutsche stehen vor größtem sozialem „Problem unserer Zeit“

  • Lisa Mayerhofer
    VonLisa Mayerhofer
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Neue Zahlen zeigen: Trotz jahrelangen Beitragszahlungen droht Millionen Deutschen im Alter eine magere Rente. Das befeuert die Debatte um eine Rentenreform weiter.

Berlin – Es zeigt sich immer deutlicher: Die gesetzliche Rente allein reicht im Alter meist nicht aus. Das legt nun auch eine aktuelle Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage des neuen Bündnis Sahra Wagenknecht nahe. Fast ein Drittel der Vollzeitbeschäftigten in Deutschland nach 40 Berufsjahren kommt demnach auf eine Rente von weniger als 1100 Euro netto im Monat.

Niedrige Renten trotz jahrzehntelanger Beitragszahlungen

Betroffen sind die 7,086 Millionen der insgesamt rund 22 Millionen Vollzeit arbeitenden sozialversicherten Beschäftigen mit einem einen entsprechend geringen Bruttolohn von derzeit unter 3006 Euro. Sahra Wagenknecht will die Rentenpolitik deshalb zu einem zentralen Wahlkampfthema machen. „Die Rente ist das wahrscheinlich größte soziale Problem unserer Zeit“, sagte Parteichefin Wagenknecht der Augsburger Allgemeinen.

Niedrige Renten trotz jahrzehntelanger Beitragszahlungen seien ein sozialpolitischer Skandal. „Deutschland steuert auf eine Rentenkatastrophe zu, das ist gesellschaftlicher Sprengstoff.“ Deutschland habe eines der schlechtesten Rentensysteme in Europa, bilanzierte sie.

Kritik von Sozialverband an Wagenknechts Aussagen

Der Sozialverband Deutschland kritisierte Wagenknechts Aussagen. „Es ist nicht nur falsch zu behaupten, das deutsche Rentensystem sei eines der schlechtesten“, sagte die Vorsitzende Michaela Engelmeier laut einer Mitteilung. „Es ist vor allem gefährlich und schadet der Alterssicherung der Menschen insgesamt.“

Denn die gesetzliche umlagefinanzierte Rente sei mit dem sehr umfangreichen Leistungsspektrum – von Alters- über Erwerbsminderungs- und Hinterbliebenenrenten, bis hin zu Reha- und Präventionsleistungen – grundsätzlich ein richtig gutes System, das jedoch noch verbessert und weiter stabilisiert werden müsse. 

Deutschlands Rentenmisere: Vorbild Österreich?

Tatsächlich muss das Rentensystem unbedingt reformiert werden – und das hätte schon vor ein paar Legislaturperioden geschehen müssen. Das Problem: Durch den demografischen Wandel kommen immer mehr Rentner auf immer weniger Beitragszahlende, das System gerät so finanziell immer stärker unter Druck.

Die Konsequenz: Entweder müssen die Renten verkleinert oder die Beitragszahler steuerlich noch stärker belastet, bzw. tiefer in die Staatskasse gegriffen werden – und dann fehlt das Geld für andere wichtige Investitionen. Konkrete Vorschläge macht Wagenknecht zwar nicht, merkte aber an, sich gerne Österreich als Vorbild nehmen zu wollen.

Dort ist das Rentenniveau viel höher als in Deutschland. Allerdings haben die Österreicher auch zeitnah vorgesorgt: Die Alpenrepublik war nicht nur bei der Zuwanderung erfolgreicher, zudem zahlen auch Selbstständige und Beamte in die Rentenkassen ein. Dazu gilt in Österreich eine deutlich längere Wartezeit, um Rentenansprüche zu bekommen. Das lässt sich alles für Deutschland nicht so schnell ändern.

Ampel-Regierung plant zweites Rentenpaket

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) plant derweil das neue Rentenpaket II, das er noch im Februar vorlegen will. Mit dem zweiten Rentenpaket sollen das Rentenniveau festgeschrieben und die sogenannte Aktienrente eingeführt werden. Geplant ist, dass das Rentenniveau auch langfristig nicht auf weniger als 48 Prozent eines Durchschnittslohns sinken soll.

Auf Betreiben vor allem der FDP soll mithilfe neuer Schulden ein Kapitalstock angelegt werden, mit dem an den Kapitalmärkten eine Rendite erwirtschaftet werden soll, die ab Mitte der 30er-Jahre die Beiträge zur Rentenversicherung entlasten soll. Dafür sind im Entwurf des Bundeshaushalts für 2024 zwölf Milliarden Euro an Neuverschuldung vorgesehen. Kritiker monieren jedoch, dass die Pläne nicht weit genug gehen, um das Rentensystem nachhaltig zu verbessern.

Mit Material der dpa und Reuters

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