Krankenhausreform

Krankenkassenbeiträge sollen durch Ampel-Gesetz steigen: „Gerichte müssen dies stoppen“

  • Amy Walker
    VonAmy Walker
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Die Bundesregierung will mit einem neuen Gesetz Krankenhäuser finanziell unter die Arme greifen. Doch zahlen soll wohl nicht der Bund - sondern die Bürgerinnen und Bürger.

Berlin – Das Bundesgesundheitsministerium arbeitet gerade an einer umfangreichen Krankenhausreform, das insbesondere die Finanzierung der Kliniken auf bessere Beine stellen soll. Die Reform hat mehrere Bestandteile und ist für Laien schwer verständlich – doch genau dann lohnt es sich, genauer hinzusehen. Am Wochenende hat Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) nämlich einen Gesetzesentwurf vorgelegt, der - sollte er so bestätigt werden - für Beitragszahler in die gesetzlichen Krankenkassen weitreichende Folgen haben würde.

„Ist der Ruf erst ruiniert, regierts sichs völlig ungeniert“: Kritik zur Reform kommt von allen Seiten

Der Entwurf des sperrig genannten Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetzes - umgangssprachlich „Krankenhausreform“ genannt - zielt darauf ab, die Vergütung bei Kliniken anzupassen und so ein Kliniksterben zu verhindern. Zudem soll ein sogenannter „Transformationsfonds“ eingerichtet werden, aus dem Kliniken Mittel bekommen können, wenn sie Investitionen tätigen müssen, dafür aber nicht genug Geld haben. Das Geld kann beantragt werden zum Beispiel, um telemedizinische Angebote auszubauen oder zum Aufbau von neuen Zentren zur Behandlung von „seltenen, komplexen oder schwerwiegenden Erkrankungen“, wie es im Entwurf heißt. Dieser Transformationsfonds soll bis 2035 mit 50 Milliarden Euro gefüllt werden. Die Hälfte davon tragen die Länder, die andere Hälfte soll aus den Mitteln der gesetzlichen Krankenkassen zur Verfügung gestellt werden.

Und genau da ist der Haken: Um die 25 Milliarden Euro für den Fonds aufzutreiben (jedes Jahr 2,5 Milliarden Euro bis 2035), werden die Krankenkassen ziemlich wahrscheinlich die Kassenbeiträge erhöhen. „Damit würden die Versicherten erneut Opfer einer verfassungswidrigen Zweckentfremdung von Beitragsmitteln zur Finanzierung originärer Staatsaufgaben. Die Sozialkassen sollen Betriebskosten finanzieren und nicht die Defizite von Infrastrukturreformen ausgleichen. Spätestens die Gerichte müssen dies stoppen“, mahnt Franz Knieps, Vorstandsvorsitzender des Dachverbands der Betrieblichen Krankenkassen (BKK), in einer Stellungnahme. „Ist der Ruf erst ruiniert, regierts sichs völlig ungeniert“, so Knieps weiter zum Vorgaben des Ministers.

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD).

Auch Michaela Engelmeier vom Sozialverband Deutschland kritisiert gegenüber Ippen.Media diese Form der Finanzierung: „Die Hälfte des Fonds – also bis zu 25 Milliarden Euro – soll seitens des Bundes aus der Liquiditätsreserve der gesetzlichen Krankenversicherung entnommen werden und damit allein aus den Beitragsmitteln der gesetzlich Versicherten finanziert werden. Das ist keine faire Verteilung, denn es profitieren alle Bürger von der Krankenhausreform und nicht nur die gesetzlich Versicherten. Daher muss der Transformationsfonds aus Steuermitteln finanziert werden.“

Ähnlich äußert sich die Vorsitzende des AOK-Bundesverbands Carola Reimann: „Die Finanzierung des Krankenhausumbaus soll wie befürchtet allein zulasten der Gesetzlichen Krankenversicherung und damit auf Kosten der Beitragszahlenden gestemmt werden – ohne Einbeziehung des Bundes oder der Privaten Krankenversicherung. Das ist nicht nur unfair gegenüber den Beitragszahlenden, sondern auch kontraproduktiv“, heißt es in einer Mitteilung.

Beiträge werden um 0,2 Prozent steigen müssen

Wie hoch die Beiträge jedes Jahr ausfallen werden, lässt sich noch nicht klar sagen. Allerdings berechnet der Vorsitzende der DAK, Andreas Storm: „Der allgemeine Beitragssatz müsste allein zur Finanzierung des Transformationsfonds um 0,2 Prozentpunkte steigen“. Also von heute 14,6 auf 14,8 Prozent.

Das klingt vielleicht erstmal nicht nach viel. Doch berücksichtigt man die Tatsache, dass nicht nur Krankenkassenbeiträge steigen, sondern auch die Rentenbeiträge in den kommenden Jahren deutlich steigen werden – wie von der Ampel-Regierung mit dem Rentenpaket II beschlossen – und auch der Beitrag in die Pflegekassen ist im vergangenen Jahr angestiegen.

„Das ist eine klassische Umverteilung von unten nach oben. Die Privatversicherten und die Beamten überhaupt nicht heranzuziehen ist völlig inakzeptabel“, sagt Andreas Storm der Augsburger Allgemeinen. Er erwarte deshalb auch, dass der Plan vor einem Gericht nicht standhalten werde. „Wir halten das geplante Vorgehen des Bundes auch verfassungsrechtlich für nicht haltbar, den Großteil der Finanzierung auf die Krankenkassen abzuwälzen, weil die gesetzliche Krankenversicherung nur für die Bereitstellung der laufenden Kosten zuständig ist.“ 

Die Krankenhausreform soll nach dem Willen der Regierung noch in diesem Jahr beschlossen werden. Zunächst geht der Entwurf in die Ressortabstimmung und muss vom Kabinett gebilligt werden.

Rubriklistenbild: © Bernd von Jutrczenka/dpa