Vor der Europawahl

E-Autos werden zu „Stromfressern“: Verbraucherzentrale fordert Umdenken – und SUV-Abkehr

  • Alina Schröder
    VonAlina Schröder
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Hohe Kosten für E-Autos schrecken ab. Verbraucherschützer fordern daher nun „ambitionierte Effizienzvorgaben“. Autohersteller reagieren auf die Forderung.

Brüssel – Am 9. Mai wird ein neues EU-Parlament gewählt. Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) nutzt den Zeitpunkt vor der Europawahl, um auf verbraucherpolitische Belange hinzuweisen – insbesondere in Bezug auf Elektroautos.

Begrenzter Stromzugang, wenig Effizienz: Verbraucherzentrale stellt Forderungen für E-Autos

Die Notwendigkeit einer grüneren und klimafreundlicheren Verkehrspolitik in Deutschland ist unbestritten. Das betrifft nicht nur öffentliche Verkehrsmittel wie Züge und Busse, sondern auch das liebste Fortbewegungsmittel der Deutschen: das Auto. Eine wachsende Anzahl von Autoherstellern präsentiert regelmäßig neue, elektrische Modelle. Dennoch besteht in Deutschland nach wie vor ein Mangel an Ladestationen und somit ein begrenzter Stromzugang für Elektroautos.

Die aktuellen Umfrageergebnisse für E-Fahrzeuge sind enttäuschend, die Akzeptanz für Elektromobilität ist gesunken. In einer Allensbach-Umfrage vom April 2024 gaben nur 17 Prozent der Befragten an, dass sie bei ihrem nächsten Autokauf ein Elektroauto in Betracht ziehen würden – im Vergleich zu 24 Prozent im Jahr 2021. Die Hauptkritikpunkte der Befragten waren neben der mangelnden Akzeptanz vor allem die hohen Kosten und die Sorge um eine zu geringe Reichweite. Seit Mai 2024 ist immerhin ein CO₂-Label verpflichtend, das den Verbrauchern beim Autokauf einen besseren Überblick über Verbrauch und Effizienz bietet.

Trotz der derzeit eher sinkenden Nachfrage ist eine baldige Trendwende durchaus möglich. Darauf weist auch der vzbv hin. „Damit der Verkehrssektor nicht zum Stromfresser wird, müssen E-Autos Strom möglichst effizient nutzen“, heißt es in den verbraucherpolitischen Forderungen für die Europawahl. Um dies zu erreichen, sind „ambitionierte Effizienzvorgaben für E-Autos“ erforderlich. Doch was bedeutet das genau?

Hohe Stromkosten, geringere Reichweite: Fahrerinnen und Fahrer von E-Autos geben teils mehr Geld aus, als zunächst erwartet.

„Kleine, leichte und sparsame E-Autos sind nach wie vor Mangelware“

Gregor Kolbe, Referent im Team Mobilität und Reisen im Verbraucherzentrale Bundesverband, erklärte gegenüber IPPEN.MEDIA: „Kleine, leichte und sparsame E-Autos sind nach wie vor Mangelware. EU-weit verbindliche Effizienzvorgaben für E-Autos müssen zügig eingeführt werden, um den auch künftig begrenzt zur Verfügung stehenden grünen Strom sinnvoll zu nutzen.“ Diese würden auch dazu beitragen, die Betriebskosten für Verbraucher aufgrund steigender Energiepreise zu senken.

Kolbe kritisiert jedoch, dass die Automobilkonzerne andere Prioritäten setzen würden: „Aktuell überbieten sich die Hersteller mit teuren und leistungsstarken Batterie-SUV – vorbei am Bedarf der durchschnittlichen Verbraucher.“ Stattdessen sollte der Fokus auf „weniger Rohstoffe beim Bau, geringerer Energieverbrauch im Betrieb und viel Recycling“ liegen. All diese Maßnahmen würden dazu beitragen, „E-Autos ökonomisch und ökologisch nachhaltiger zu machen“.

VW begrüßt „bessere Transparenz für den Kunden“

Mehrere große deutsche Automobilhersteller haben auf die Forderungen des vzbv reagiert und die Vorwürfe zurückgewiesen. Eine Sprecherin von VW erklärte gegenüber IPPEN.MEDIA, dass das Unternehmen eine „bessere Transparenz für den Kunden“, wie sie durch das CO₂-Label ermöglicht wird, begrüße. Volkswagen habe mit dem E-Modell ID.7 ein Fahrzeug entwickelt, das „zugleich mehr Effizienz und Dynamik liefert“. Dafür wurde eine „sehr aufwändige Lebenszyklusanalyse“ durchgeführt.

Die VW-Sprecherin betonte jedoch auch, dass nicht immer und überall Grünstrom zum Laden zur Verfügung steht. „Um die fehlende Energie durch Strom aus Wind- und Solaranlagen auszugleichen, arbeiten wir gezielt mit der Energiewirtschaft zusammen und fördern verschiedene Projekte im Bereich der erneuerbaren Energien“, so die Sprecherin. Darüber hinaus plane Volkswagen, 2026 die Serienversion des Modells ID.2all auf den Markt zu bringen, „um Elektromobilität allen zugänglich zu machen“.

E-Auto-Forderungen der Verbraucherzentrale: BMW und Mercedes reagieren

Auch BMW hat auf die Forderungen des vzbv reagiert und betont, dass das Unternehmen Wert auf eine Steigerung der Effizienz in seiner E-Auto-Flotte legt. Der bayerische Autohersteller habe „bereits vor 12 Jahren mit dem vollelektrischen BMW i3 eine Gesamtlebenszyklus-Bilanzierung eingeführt“, sagte ein Sprecher. Diese umfasst neben der Nutzungsphase „auch die Rohstoffgewinnung, Lieferkette, Produktion und Recycling“.

Darüber hinaus begrüßt BMW „Schritte, die es dem Interessenten ermöglichen, Fahrzeuge verschiedener Marken in verschiedenen Fahrprofilen und Umgebungsbedingungen einfach zu vergleichen“. Der Hersteller bietet mittlerweile 25 vollelektrische Modelle an, darunter auch Fahrzeuge der Marke Mini, die „die in der BMW Group traditionell die kleineren Fahrzeuggrößen abbildet“.

Eine Sprecherin von Mercedes-Benz betonte: „Mercedes-Benz hat Nachhaltigkeit in der Geschäftsstrategie verankert und ist bestrebt, diese auf alle Aktivitäten anzuwenden.“ Das Ziel sei es, „eine bilanziell CO₂-neutrale Neuwagenflotte ab 2039 über die gesamte Wertschöpfungskette und den gesamten Lebenszyklus auf den Weg zu bringen – elf Jahre früher, als es die EU-Gesetzgebung vorschreibt“. Damit bezieht sie sich auf den „Europäischen Green Deal“, der von den EU-Mitgliedsstaaten bis 2050 Klimaneutralität fordert.

Mit dem Elektromodell Concept CLA Class gibt die Mercedes-Benz-Group bereits einen Ausblick darauf, „was zukünftig hinsichtlich Effizienz und elektrischer Reichweite möglich sein wird“, so das Unternehmen. Die Reichweite soll erhöht und der Energieverbrauch gesenkt werden. „Dies macht das Concept CLA Class zum ‚Ein-Liter-Auto‘ des Elektrosegments“, sagte die Sprecherin.

Elektromobilität ist Thema bei der Europawahl 2024

Der vzbv hält diese Bekenntnisse jedoch für unzureichend. Referent Kolbe fordert klare Vorgaben, die die Autohersteller zum Handeln zwingen. Sie sollten „kleinere, leichtere und sparsamere Fahrzeuge“ auf den Markt bringen, um den Energieverbrauch und die Kosten für Autofahrer zu senken, so Kolbe.

Das Thema Verkehr birgt großes Diskussionspotenzial. Der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz hat sich kürzlich sogar gegen das EU-weite Verbot von Verbrennungsmotoren ab 2035 ausgesprochen, während die Grünen in ihrem Wahlprogramm für die Europawahl auf den Ausbau einer klimaneutralen Wirtschaft bestehen.

Bei der Europawahl 2024 gibt es in Deutschland eine Premiere: Erstmals dürfen auch 16-Jährige wählen. Auch in Österreich, Belgien und Malta wird das Wahlalter auf 16 Jahre gesenkt, in Griechenland auf 17. (asc)

Rubriklistenbild: © Jose Carlos Ichiro/Imago

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